1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Gefährliche Rauchzeichen

Rauchen Gefährliche Rauchzeichen

In Sachsen-Anhalt paffen mehr jüngere als ältere Menschen. Suchtexpertin fordert zum Weltnichtrauchertag einen besseren Kinderschutz.

Von Janette Beck 31.05.2018, 01:01

Magdeburg l Nichtraucherschutzgesetz, Schockbilder auf Zigarettenschachteln – viel Rauch, aber nur wenig Wirkung? Diese Frage stellt sich auch und gerade am heutigen Weltnichtrauchertag. Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr als 121.000 Menschen an den Folgen des Rauchens.

In Sachsen-Anhalt, wo mehr als jeder Vierte raucht (27,6 Prozent), sterben jährlich 1100 Männer und 438 Frauen an Lungenkrebs (Durchschnitt 2014/15). Tendenz steigend. Besonders hoch ist die Zahl im Kreis Mansfeld-Südharz. Hier weist das Krebsregister 113 Männer aus, die an Lungenkrebs starben (82,4 %). Im Bördekreis ist die Quote am geringsten (82 Männer/62,2 %). Bei den Frauen führt Halle (58 Fälle/33,7 %), während in Anhalt-Bitterfeld die Quote am geringsten ist (24/12,7 %).

Der Berliner Krebsexperte Roland Stabenow verweist auf die Zahl von jährlichen Neuerkrankungen in Sachsen-Anhalt: „Im Durchschnitt gibt es 1240 Männer und 500 Frauen, die an Lungenkrebs erkranken.“ Aktuell entfallen bei allen Krebsarten 16 Prozent der Neuerkrankungen bei Männern auf Lungenkrebs, bei Frauen liegt der Anteil bei 8 Prozent. „Hier zeichnet sich allerdings ein gegensätzlicher Trend ab – es erkranken weniger Männer, dafür mehr Frauen an Lungenkrebs“, so Stabenow.

Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Der Anteil der jugendlichen Raucher geht in Deutschland zurück. Ende der 1990er Jahre waren es knapp 30 Prozent der 12- bis 17-Jährigen, heute sind es nur noch 10 Prozent. Allerdings gibt es in Sachsen-Anhalt gefährliche Rauchzeichen: Der aktuelle „Tabakatlas“ weist aus, dass in Sachsen-Anhalt zehn Prozent mehr Mädchen und Jungen zwischen 15 und 24 Jahren rauchen als im Bundesdurchschnitt.

Helga Meeßen-Hühne von der Landesstelle für Suchtfragen begegnet den Statistiken mit Skepsis: „Ich bin bei solchen Zahlen generell vorsichtig, denn soweit ich weiß, bezogen sich die Befragungen nur auf klassische Tabakprodukte wie Zigaretten.“ Der Trend bei den Jugendlichen gehe indes zu orientalischen Wasserpfeifen (Shishas) oder elektronischen Inhalationsprodukten wie E-Zigaretten. „Um belastbare Zahlen zu haben oder Aufschluss darüber zu bekommen, ob die Präventionsmaßnahmen Wirkung zeigen und der Nichtraucherschutz ausreicht, brauchen wir dringend eine umfassende Konsumdatenerhebung auch auf Länderebene.“

Die Suchttherapeutin kritisiert, dass sich die Bundesregierung erfolgreich um ein Tabak-Werbeverbot herumdrückt. Es sei „widersinnig“, an Haltestellen, wo Eltern mit ihren Kindern auf Bus oder Bahn warten, für Zigaretten zu werben und im Kassenbereich Tabak mit Schockbildern zu verkaufen. Meeßen-Hühne bezweifelt die Wirkung: „Warum muss ich mir das als Nichtraucher anschauen? Und vor allem, warum mutet man den Kindern so was Ekeliges zu?“ Statt die Absatz-Ideologie über alles zu stellen, sollten Zigaretten genau wie Alkohol nur in separaten, geschützten Bereichen verkauft werden, schlägt die Sozialpädagogin vor.

Weil Umfragen ergeben haben, dass, wer bis zum Erwachsenenalter nicht geraucht hat, auch später kaum noch damit anfängt, hält die 58-Jährige Prävention bei Kinder und Jugendlichen für das Sinnvollste: „Wenn Rauchen bei den Kids als total uncool empfunden wird, haben wir schon viel erreicht.“

Zudem fordert die Suchtexpertin mehr Überprüfungen, ob das Nichtraucherschutzgesetz eingehalten wird. „Ich plädiere für mehr Testkäufe und kommunale Kontrollen.“

Unseren Kommentar zum Thema finden Sie hier.