Karikaturen Der Magdeburger Pressezeichner Phil Hubbe veröffentlicht sein achtes Buch
Die Ideen gehen dem Magdeburger Karikaturisten nicht aus, auch wenn Corona weniger Begegnungen und Beobachtungen ermöglicht.
Man muss natürlich schmunzeln, wenn man das Cover von Phil Hubbes neuen Behinderten-Cartoons sieht. „Dürfen wir mit Ihnen über das Thema ,Behinderung’ sprechen?“, steht über zwei Damen in einer großen Sprechblase. „Aber gerne, bin ganz Ohr, ist die Antwort eines Malers mit dickem Verband um den Kopf und Pflaster dort, wo eigentlich ein Ohr alle Geräusche aufnehmen müsste. Hubbe hat sich bei dieser Arbeit von Vincent van Gogh inspirieren lassen. Der geniale Künstler hatte sich einst selbst verstümmelt, als er sich Teile seines linken Ohres abschnitt.
Stets ein Einzelkämpferim Homeoffice
Die Ideen gehen dem Magdeburger Karikaturisten und Cartoonisten nicht aus, auch wenn Corona weniger Begegnungen und damit weniger Beobachtungen ermöglicht. Kaum Gespräche bei Ausstellungen, kaum Vorträge. Dort holt sich der Zeichner, der nicht erst durch Corona als Einzelkämpfer im Homeoffice arbeitet, Anregungen. Trotzdem hat Hubbe, der als Pressezeichner auch für die Volksstimme arbeitet, mehr als 60 neue Cartoons für seine „Zeugen der Inklusion“ gemalt. Erschienen sind sie im Lappan Verlag. Das Unternehmen aus Oldenburg brachte schon die ersten Behinderten-Cartoons als Buch auf den Markt. „Der Stuhl des Manitou“ war 2004 Hubbes Erstlingswerk.
Dass Inklusion in der politischen Debatte zwar aktuell, das Einfach-Dazugehören in Zeiten der Pandemie aber keineswegs einfacher geworden ist, zeigt eine Arbeit, bei der man eher schlucken muss denn lächeln kann. Eine Risikogruppe ist mit rot-schwarzem Absperrband abgeschirmt – Blinde, Rollstuhlfahrer, Alte. Mit Herzchenballon und einem Mundschutz selbst für den Hund steht die Gesellschaft daneben und reckt die Daumen nach oben. Wird schon! Wir kümmern uns um euch! Der Betrachter liest daraus eine gewisse Scheinheiligkeit, die zu thematisieren Hubbe wichtig war.
Überspitzt wird das Maske-Tragen auch in einem weiteren Cartoon: Eine Frau schiebt einen Rollstuhlfahrer, ummantelt von einem Riesen-Kondom. „Er gehört zur Risikogruppe. Da geht Sicherheit vor.“ Typisch Hubbe: Ehrlich und bitterböse.
Per Zoomnach Toulouse
Eigentlich hätte er sein Buch gern live einem größeren Publikumskreis vorgestellt. Durch den Lockdown konnte es vor einigen Tagen nur eine digitale Präsentation geben. Er hatte im Livestream mit dem mehrfachen Paralympics-Medaillengewinner und Musiker Matthias Berg über seine Arbeit gesprochen.
Berg ist ein Contergan-Geschädigter, Hubbe hat vor vielen Jahren die Diagnose Multiple Sklerose bekommen. Seitdem will der 1966 in Haldensleben geborene Zeichner vor allem die Gesellschaft sensibilisieren, auch Menschen mit ihren so verschiedenen Behinderungen Mut machen. Rollstuhlfahrer, Blinde, Armamputierte, MS-Kranke – seit 20 Jahren greift er mit Stift und Feder auf, was sie bewegt, freut, ärgert. Die positiven Rückmeldungen, so sagt Hubbe, seien nach wie vor groß, Anfragen da für Vorträge, Workshops und Ausstellungen.
Eigentlich hätte er in diesem Monat eine Einladung nach Toulouse wahrgenommen. Das Goethe-Institut der Universität der französischen Stadt hatte den Magdeburger zu einer Ausstellung eingeladen. Arbeiten von ihm werden zwar gezeigt, aber die Gespräche laufen vom heimatlichen Atelier über Zoom. Längst kommen Einladungen auch aus dem Ausland - 2019 zu einer Ausstellung und Gesprächsrunde nach San Marino, dann vom Behindertensportverband der Schweiz. Hubbe hat mit seinen Behinderten-Cartoons Alleinstellungsmerkmal. Er sei selbst erstaunt, wie sich seine Arbeit rumspreche, sagt er.
Etliches ist in den vergangenen Monaten ausgefallen, einiges wurde von den Veranstaltern verschoben. Phil Hubbe hofft wie so viele in Kunst und Kultur auf Lockerungen. Nicht nur der Ausstellungen und Gespräche wegen. Der Alltag ist sein Ideengeber.