Volle Auftragsbücher, satte Zuwächse und dicke Profite bei MTU in Hannover-Langenhagen Die Wartung von Flugzeugtriebwerken ist ein lukratives Geschäft
Hannover (dpa) l GE 90 ist ein Kraftprotz: Nicht schön, aber bärenstark. Das stärkste Flugzeug-Triebwerk der Welt stellt mit seiner Leistung alle Formel-1-Flitzer locker in den Schatten. Denn seine Kraft von 115 000 Pfund Schub entspricht rund 250000 PS, rechnen die Techniker in Langenhagen vor.
Dort, vor den Toren Hannovers, läuft das GE 90 zur Höchstform auf. In einem speziellen Testturm muss das Triebwerk nach kompletten Überholungen bei der MTU Maintenance zeigen, was es draufhat. "Weltweit gibt es nur sieben Standorte, wo ein solches Triebwerk komplett überholt und getestet werden kann", so Hans-Werner Rottmann.
Der Techniker war bis zu seiner Pensionierung vor einem Jahr Ausbilder bei der Wartungstochter des Münchner Triebwerkherstellers. Heute führt er Besucher aus aller Welt durch die Werkshallen in Langenhagen. Seit die MTU dort 1979 einen kleinen Überholungsbetrieb eröffnete, hat sich die Wartungsparte zu einer wahren Geldmaschine entwickelt. Mit 1,3 Milliarden Euro trägt die MTU Maintenance heute knapp 40 Prozent zum Gruppenumsatz bei - Tendenz steigend.
Fürs laufende Jahr peilt das Unternehmen einen Zuwachs von acht Prozent an. "Das ist das Schöne in dieser Industrie: Wir reden immer von Wachstum", meint Geschäftsführer Holger Sindemann. "Wir reden vielleicht mal über geringeres Wachstum, aber nie über Stagnation oder Schrumpfen." Kein Wunder: Triebwerke machen heute etwa ein Drittel des Preises eines modernen Verkehrsflugzeugs aus.
Weltweit die Nummer 3 der Wartungsbetriebe
Weltweit sieht sich die MTU Maintenance als Nummer drei unter den Wartungsbetrieben. Am größten Standort in Langenhagen zerlegen 1750 Mitarbeiter die Triebwerke in ihre Einzelteile; sie testen, reinigen, warten oder reparieren, immer auf der Suche nach kleinsten Rissen oder Defekten. Jedes einzelne Triebwerk besteht aus bis zu 30000 Einzelteilen, da muss viel geschraubt werden.
Am Eingang zur Lagerhalle ist ohne besondere Zutrittkarte Schluss. "Wegen der Boguspart-Problematik", erklärt ein Mitarbeiter in bestem Denglisch - einer MTU-typischen Mischform aus Deutsch und englischem Fachvokabular. Die Angst vor billigen Raubkopien von hochwertigen Ersatzteilen ist groß. Denn in der kostenintensiven Luftfahrt kann man präzise Hightech-Bauteile fast schon in Gold aufwiegen - Qualität hat eben ihren Preis. Die Versuchung, Originalteile durch Billig-Imitate zu ersetzen, ist groß. In der Fliegerei gab es bereits Fälle, bei denen derartige Teile Unfälle verursachten - sie hielten den extremen Belastungen im Flugbetrieb nicht stand.
Und nichts wäre schädlicher fürs profitable Triebwerk-Geschäft als Vertrauensschwund. Sie ist die Grundlage im MTU-Wartungsgeschäft und lässt die Einnahmen sprudeln. Viele Kunden zahlen pro Flugstunde einen pauschalen Wartungsbetrag. Die auf 10 bis 20 Jahre angelegten Programme sorgen für planbarere Einnahmen bei MTU; und die Kunden haben so eine konstant geringfügige statt einer einmalig hohen finanziellen Belastung. Denn die mehrwöchige Wartung eines Großtriebwerks kostet je nach Typ immerhin mehrere Millionen Euro.
Die MTU Maintenance ist für Flugzeugtriebwerke das weltweit größte unabhängige Instandhaltungsunternehmen. Allerdings kümmern sich mitunter auch Triebwerkshersteller und Airlines selbst darum. Doch trotz starker Konkurrenten auf dem Wartungsmarkt ist Sindemann mit Blick auf Langenhagen sicher: "In dieser Komplexität finden Sie keinen anderen Standort auf der Welt, der so viele unterschiedliche Triebwerke wartet." Mit dem GE 90 - das unter anderem Langstrecken- Jets vom Typ Boeing 777 antreibt - sind es insgesamt neun Typen, die rund 130 Airlines aus aller Welt nach Hannover zur Wartung schicken.