Leseranwältin Der Region mit Sympathie begegnen

Guter Journalismus ist auch eine Frage des Standorts, irgendwo zwischen ganz nah dran und ausreichend weit entfernt. Als Beobachter müssen Journalisten anstreben, möglichst objektiv auf ein Thema und die beteiligten Personen mit ihren jeweiligen Interessen zu schauen. Distanz hilft dabei.
Die entscheidenden, selten ganz offen zutage liegenden Informationen und Hintergründe erfahren sie aber erst, wenn sie ihren Gesprächspartnern so nahe sind, dass ein Vertrauensverhältnis entstehen kann. Das bedingt Nähe. Wie schwierig es ist, die Grenze zu ziehen, wissen wenige besser als Lokaljournalisten, die über die Region berichten, in der sie selbst leben, in Vereinen aktiv sind, ihre Kinder zur Schule schicken.
Zugleich ist das Medienhaus einer der größten Arbeitgeber in Sachsen-Anhalt, viele Menschen kennen und schätzen es als wichtigen Akteur im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben, als Beispiele seien die traditionelle Wahl der „Magdeburger des Jahres“ oder die Leser-helfen-Spendenaktionen genannt. Es ist nur konsequent, wenn Leser die Erwartung äußern, dass die Volksstimme auch mittels Berichterstattung helfen müsse, die Region voranzubringen, und dies gerade angesichts der Krisen und Probleme, die die Nachrichtenlage an vielen Tagen dominieren.
Für Journalistinnen und Journalisten ist dies, wie gesagt, ein zweischneidiges Schwert. Sollte man also den Leserwunsch zur Sicherheit rigoros abschmettern? Auf keinen Fall! Kritikloses Nachbeten von Werbebotschaften hat mit verantwortungsvollem Journalismus nichts zu tun. Verschweigen oder gar absichtliches Niedermachen von Ideen und Akteuren aber genauso wenig.
Eine Redaktion muss grundsätzlich bereit sein, der Region und ihren Menschen mit Sympathie zu begegnen und dies auch zu bekunden. Sonst ist wirklich faire und unvoreingenommene Berichterstattung nicht möglich. Anders gesagt: Wer kritisiert, muss auch loben können.