Das meiste Geld ist wohl futsch Gläubiger von Teldafax erfahren die Wahrheit
Für die Teldafax-Gläubiger rückt die Stunde der Wahrheit näher. Der Insolvenzverwalter des Stromdiscounters wird in einem der spektakulärsten Insolvenzverfahren den Gläubigern Rede und Antwort stehen. Aber schon jetzt ist klar: Das meiste Geld ist futsch.
Köln (dpa) l Wenn nur jeder zehnte Gläubiger des insolventen Billigstromanbieters Teldafax heute zur Versammlung der Geldgeber nach Köln eilt, haben die Veranstalter ein logistisches Problem. Rund 700000 Gläubiger, die meisten davon ehemalige Kunden des Energiedienstleisters aus Troisdorf bei Bonn, bangen um ihr Geld und wollen Gewissheit. Auf der Gläubigerversammlung im Kölner Staatenhaus im Rheinpark, wo gut 10000 Menschen Platz finden, will der Insolvenzverwalter Biner Bähr über den bisherigen Verlauf des Verfahrens berichten. "Wir wissen nicht, wie viele kommen werden", sagt sein Sprecher.
Ob der Insolvenzrechtler der renommierten Kanzlei White Case den Gläubigern schon klare Zahlen über Insolvenzmasse, Verbindlichkeiten und damit auch schon über die Insolvenzquote machen kann, ist unwahrscheinlich. Doch es wird erwartet, dass Bähr, der Mitte Juni durch das Amtsgericht Bonn zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden war, die Geldgeber darüber aufklärt, warum und unter welchen Umständen Teldafax in die Zahlungsunfähigkeit schlitterte und nicht in der Lage war, den Hebel umzulegen.
Tatsächlich ist die Geschichte von Teldafax auch die Geschichte einer Energiebranche, in der vor wenigen Jahren mit der Marktöffnung bei Strom und Gass neue Spielregeln für den Wettbewerb geschaffen wurden. Hatten zuvor die großen Spieler und angestammten lokalen Stadtwerke, die zum großen Teil wiederum mit Oligopolisten der Strom- und Gasmärkte verbandelt waren, das Heft des Handels voll in der Hand, verschärften neue Anbieter mit der Liberalisierung den Wettbewerb. Teldafax war einer davon.
Vorkasse als riskantes Geschäftsmodell
Das Troisdorfer Unternehmen, das sich zuvor schon in der Telekommunikation als Preisbrecher einen Namen gemacht hatte, wenig später aber zahlungsunfähig wurde, witterte neue Chancen und wagte 2007 den Sprung in den Energiemarkt. Schnell positionierte sich das Unternehmen als Discounter, expandierte und nannte sich bald der "größte unabhängige Energiedienstleister" in Deutschland.
Als Trikotsponsor des Bundesligaclubs Bayer 04 Leverkusen gaben sich die Troisdorfer zudem eine seriösen Anstrich. Doch der Vorstand setzte auf eine riskante Geschäftsstrategie: Das Vorkassemodell. Gelockt wurden die Kunden mit Preisen, die je nach Abnahmemenge um bis zu 300, 400 und mehr Euro im Jahr niedriger waren, als bei anderen Anbietern. Verluste wurden dabei bewusst in Kauf genommen, um Marktanteile zu gewinnen. Strom und Gas wurden über weite Strecken zu Preisen angeboten, die zu einem niedrigeren Endkundenpreis verkauft wurden als sie im Einkauf gekostet hatten. Das Rad drehte sich immer schneller - und wurde zum Schneeballsystem.
Noch im Herbst vergangenen Jahres versprach der damalige Vorstandschef Klaus Bath für 2011 schwarze Zahlen. Gegen ihn und andere Manager ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung. Völlig unklar ist die Rolle, die der Sanierungsexperte Hans-Gerd Höptner spielte, der im März 2011 bei Teldafax antrat, um das Unternehmen aus dem Sumpf zu ziehen. Nach weniger als drei Monaten verließ er den schwer angeschlagenen Discounter.
Verbraucherschützer warnen die Verbraucher immer wieder vor Vorkassetarifen.
Der große Nachteil: Sollte der Anbieter einmal ausfallen, wie jetzt bei Teldafax geschehen, zahlt der Kunde im Zweifel doppelt: Einmal für Lieferungen, die er nicht erhalten hat, und zweitens für den Ersatz, den der lokale Grundversorger bereitstellt - und das zu einem deutlich höheren Preis.