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Subventionen sollen nur noch bis Ende 2013 fließen Kleine Getreidebrenner müssen umsteuern

29.11.2012, 01:17

Das Aus für das fast 100 Jahre alte Branntweinmonopol rückt näher. Das Kabinett beschloss gestern in Berlin einen Gesetzentwurf, wonach die europaweit einmalige Subventionierung von kleinen Schnapsbrennereien Ende 2017 ausläuft.

Berlin (dpa/ko) l Deutschland setzt damit entsprechende Vorgaben aus Brüssel um. Die EU hatte bereits vor zwei Jahren eine letzte Frist bis 2017 gesetzt, um die staatlichen Hilfen zu beenden. Wenn der Bundestag zustimmt, endet die Subventionierung der etwa 670 Kartoffel- und Getreidebrennereien Ende 2013. Für die mehr als 20000 kleinen Obstbrennereien gilt eine Übergangsfrist bis 2017. Die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, die den Rohalkohol aufkauft, wird abgewickelt, wie BfB-Präsident Eberhard Haake sagte.

"Der Wegfall dieser Zahlungen bedeutet das Aus für fast alle kleinen Schnapsbrennereien."

Erich Kullmann, Loburger Brennerei

"Durch die Verarbeitung von Streuobst zu Alkohol tragen insbesondere die Klein- und Obstbrennereien zum Erhalt der ökologisch wertvollen Streuobstwiesen bei", betonte gestern Agrarstaatssekretär Peter Bleser (CDU). Deshalb werde es für diese Brennereien auch nach 2017 noch steuerliche Vergünstigungen geben.

Für ihren Rohalkohol, der für Spirituosen, aber auch für Medikamente und Kosmetika verwendet wird, erhalten die Brennereien von der Bundesmonopolverwaltung bislang eine Garantiesumme oberhalb des Marktpreises. Der jährliche Zuschuss beläuft sich auf rund 80 Millionen Euro. Damit werden ausschließlich Kleinbetriebe unterstützt, die nur geringe Mengen Alkohol erzeugen.

"Der Wegfall dieser Zahlungen bedeutet das Aus für fast alle kleinen Schnapsbrennereien", glaubt der Loburger Brennereichef Erich Kullmann (Jerichower Land). Das Unternehmen wolle aber noch nicht aufgeben. Mit der Firma Brüggemann Alcohol Wittenberg sei ein Vertrag für die zweite Hälfte des nächsten Jahres zur Lieferung unter Marktbedingungen geschlossen worden. Da solle sich zeigen, ob das so funktioniert, wenn nicht, sei am 1. Januar 2014 Schluss. Der aktuelle Preis und der künftige (ohne Subventionierung) unterscheide sich um 40 bis 50 Cent je Liter Alkohol. Jährlich liefern die Loburger rund 450000 Liter Rohalkohol.

Die Industrie produziere in großen Mengen und greife auch auf andere, billige Rohstoffe zurück. Mit deren Preisen könnten kleine Kartoffel- und Getreidebrennereien kaum mithalten, erklärte Kullmann.

Ein positiver Effekt der Subventionierung der kleinen Unternehmen sei auch die Schaffung regionaler Wirtschaftskreisläufe gewesen, sagte Kullmann. Sein Betrieb ist dafür ein gutes Beispiel: Landwirtschaftliche Rohstoffe aus der Umgebung werden verarbeitet und an die Industrie geliefert, mit der Schlempe wird die Biogasanlage des Unternehmens "gefüttert", um Strom sowie Wärme für die Brennerei und drei Wohnblöcke zu erzeugen. Die Gärreste wiederum werden von Landwirten in die Böden eingebracht.

Mit Obstbränden will Kullmann auch nach 2013 auf jeden Fall weitermachen. Die Spezialitäten des Unternehmens werde es weiterhin geben, solange die Kunden bereit sind, für hochwertige Produkte entsprechende Preise zu bezahlen. Außerdem will Kullmann das Standbein Energieproduktion weiter festigen.

Bei Abtshof in Magdeburg sieht man den geplanten Subventionsabbau gelassen. "Wir brennen nicht selbst, wir kaufen den Alkohol ein", erklärte Vertriebsleiter Frank Kwapulinski. Da die Industrie durch die Aufhebung des Branntweinmonopols künftig mehr Alkohol produzieren könne und der Markt offen sei, werde sich das auf die Preise auswirken, so der Vertriebschef. Günstigere Einkaufspreise könnten den Spielraum für die Entwicklung neuer Produkte erweitern.

Das Gesetz für das deutsche Branntweinmonopol war 1918 von Kaiser Wilhelm II. unterzeichnet worden und im Jahr 1919 in Kraft getreten. Die Regelung wurde damals wegen der Verknappung von Branntwein im Ersten Weltkrieg geschaffen. Mit der Abschaffung des Monopols soll die "Branntweinsteuer" in "Alkoholsteuer" umbenannt werden.