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Erzeugergemeinschaften stärken Preis-Verhandlungs-Position Landwirte bündeln ihre Milchmengen

Von Bettina Koch 04.07.2012, 03:23

Nach einer Erholungsphase sind die Milchpreise wieder im Sinkflug. Milchbauern schließen sich deshalb in Liefergruppen und Milcherzeugergemeinschaften zusammen.

Magdeburg l "Wir versuchen, die Milch weiter zu bündeln", lautet die Antwort von Jürgen Meenken, Milchbauer in Langenstein (Halberstadt), auf die sinkenden Preise. Angestrebt werden Liefergruppen, die eine Jahresproduktion von mindestens 10 Millionen Kilogramm Milch zusammenbringen und einem Mitglied das Mandat für die Verhandlungen mit den Molkereien übertragen.

In Sachsen-Anhalt gibt es inzwischen 10 bis 15 solcher Liefergruppen mit Mandatsträger, schätzt Meenken. Er selbst ist stellvertretender Vorsitzender einer Erzeugergemeinschaft Milch im Harzkreis, die 90 Millionen Kilogramm bündelt und Rahmenverträge mit mehreren Molkereien ausgehandelt hat. Außerdem mischt er in der Milchliefergruppe Harz mit, die 50 Millionen Kilogramm Milch zusammenbringt und Vertragsbeziehungen mit der Berliner Milcherfassungs- gesellschaft pflegt. Diese tritt den Molkereien als Händler gegenüber.

Am 9. Juli soll in Güstrow die Milcherzeugergemeinschaft (MEG) Nordpool gegründet werden. Landwirte aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt wollen hier ihre Milchmengen einbringen. Einen Tag später ist in Lüneburg die Gründung der Nord MEG geplant, sie soll die Erzeugergemeinschaften von Ostfriesland bis Ost-Vorpommern zusammenfassen. Im Süden tritt die Bayern MEG erfolgreich am Markt auf. Die Dachorganisation der Milch-erzeugergemeinschaften und Liefergenossenschaften bringt es inzwischen auf fast 2 Milliarden Kilogramm Milch.

"Die Milcherzeugung muss gedrosselt werden, wenn wir wieder bessere Preise erzielen wollen."

Milchbauer Jürgen Meenken, Langenstein

Die Bauern wollen sich nicht mit dem Restgeld begnügen, das Industrie und Lebensmitteleinzelhandel für sie übrig lassen, sondern an der Preisgestaltung mitwirken. "Wir dürfen uns nicht gegeneinander ausspielen lassen", sagt Meenken. Aber er weiß auch, dass der Markt hier Grenzen setzt: Nachdem der Grundpreis im vergangenen Jahr bei 34 Cent je Liter gelegen hatte, haben viele Betriebe die Kapazitäten in ihren Ställen aufgestockt.

Weltweit ist die Produktion gestiegen, jetzt gibt es zu viel Milch, der Export ist eingebrochen. "Die Betriebe produzieren mehr, weil sie ihre Rechnungen bezahlen müssen", so Meenken. "Aber die Milcherzeugung muss gedrosselt werden, wenn wir wieder bessere Preise erzielen wollen."

Um eine wirkungsvolle flexible Milchmengensteuerung bemüht sich der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) bislang jedoch vergeblich, die Milchquote ist ein Auslaufmodell und untauglich, auf Marktbedürfnisse zu reagieren. Laut Meenken haben sich aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage bereits viele Betriebe in Sachsen-Anhalt von der Milchviehhaltung verabschiedet. Aufgeben oder wachsen ist die Devise. So habe der Landeskontrollverband (LKV) vor drei Jahren noch 690 milchverarbeitende Betriebe in der Leistungsprüfung gehabt, jetzt seien es noch 469.

Die nächsten Milchgeldabrechnungen flattern nächste Woche in die Briefkästen der Bauernhöfe. Im Mai wurde ein Grundpreis von 28,5 Cent je Liter gezahlt, für Juni werden es nur noch 27 Cent sein. Mit den Zuschlägen für Qualität und Eiweiß sind es am Ende 1 bis 2 Cent mehr. Mit solchen Preisen sind die Produktionskosten nicht zu decken. Aber für die nächsten Monate zeigt der Preistrend leider weiter nach unten, meint Meenken.

Der Deutsche Bauernverband spricht dagegen von wieder anziehenden Preisen für Butter und Milchpulver. Im Herbst könnten deshalb auch die Erzeugerpreise steigen, lautet die DBV-Prognose. Der Verband forderte den Lebensmitteleinzelhandel auf, "gerade bei Milch und Milchprodukten die Wertschätzung dieser Qualitätserzeugnisse zu festigen und dies nicht immer wieder durch Billigstangebote zu unterlaufen".

Die Molkereien sollten ihre Strukturbereinigung fortsetzen und die Verbraucher mehr Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit bei den Kaufentscheidungen an den Tag legen, so der DBV. Auch an die Politik formulierte der Verband eine Forderung: nach einem wirksamen Liquiditäts- und Bürgschaftsprogramm. Seite 5