Insolvenzverwalter für Aufspaltung von Banken / Schlechtes Zeugnis für deutsche Geldhäuser Lehman-Pleite schlägt lange Schatten
Der Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers ist inzwischen fünf Jahre her. Was folgte, war die schlimmste Rezession der Nachkriegszeit. Der damalige Insolvenzverwalter drängt darauf, die Banken stärker zu regulieren.
Berlin/New York (dpa) l Fünf Jahre nach der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers stellen die Bundesbürger den deutschen Banken ein schlechtes Zeugnis aus. Sieben von zehn Befragten (69 Prozent) haben heute weniger Vertrauen in die Institute als 2008, wie die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov berichtet. Am Sonntag jährte sich der Zusammenbruch der Wall-Street-Bank zum fünften Mal.
Ein Großteil der Deutschen ist der Umfrage zufolge zudem der Ansicht, die privaten Banken hätten nichts aus den Fehlern gelernt, die zur Finanzkrise geführt hatten. So sagen 72 Prozent der Befragten, die Großbanken würden genauso weitermachen wie vor der Krise. Nur zehn Prozent glauben, die Großbanken hätten aus ihren Fehlern gelernt.
Wie die Zeitung weiter schreibt, sind 57 Prozent der Bundesbürger heute bei der Geldanlage vorsichtiger als vor der Lehman-Pleite, nur drei Prozent sind risikofreudiger. 40 Prozent sagen, sie hätten ihr Anlageverhalten nicht verändert. Als Konsequenz aus der folgenreichen Pleite sprach sich der damalige Insolvenzverwalter Bryan Marsal für eine klare Trennung zwischen den Geschäfts- und Investmentbanken aus. "Das Trennbankensystem wäre ein richtiger Schritt", sagte er der "Welt".
Institute machen wieder beachtliche Gewinne
Großbanken wie die Deutsche Bank oder JPMorgan Chase besitzen sowohl ein Spar- und Kreditgeschäft als auch einen Zweig für den Kapitalmarkt. "Der Wertpapierhandel ist so sehr an schnellem Geld und hohen Boni orientiert, dass er nicht zum konservativeren Bankgeschäft passt. Das sind völlig verschiedene Kulturen", sagte Marsal. Würden beide Felder in ein Unternehmen gepackt, "wird das Handelsgeschäft immer dominieren, weil dort die hohen Bonuszahlungen winken".
Eine Bank solle sich entscheiden müssen, sagte der Co-Chef der amerikanischen Sanierungs- und Unternehmensberatung Alvarez Marsal. "Entweder sie macht klassisches Privat- und Firmenkundengeschäft - oder aber sie betreibt Investmentbanking, handelt mit Wertpapieren und arbeitet mit Hedgefonds zusammen."
Durch die Finanzkrise wurden die überlebenden Banken noch größer, weil sie strauchelnde Konkurrenten schluckten. Mittlerweile schreiben zumindest die US-Institute wieder beachtliche Gewinne und haben ihre erhaltenen Staatshilfen fast vollständig zurückgezahlt.
Komplizierteste Insolvenz aller Zeiten
Anders dagegen in Europa. Marsal hält die hiesigen Banken weiterhin für gefährdet, wie er dem "Focus" sagte: "Es wird in Europa auf alle Fälle noch eine Menge Bankenrestrukturierungen geben."
Lehman hatte sich am US-Immobilienmarkt verspekuliert und war anders als viele Konkurrenten nicht vom Staat gerettet worden. Vor fünf Jahren - am 15. September 2008 - brach das Wall-Street-Haus zusammen. Der Termin gilt als der Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise, die zur schwersten Rezession der Nachkriegszeit führte.
Marsal und sein Team wurden mit den Aufräumarbeiten bei Lehman Brothers betraut. Ziel war es, den Gläubigern möglichst viel ihres Geldes zurückzugeben. Es flossen bereits mehrere Milliarden Dollar. Marsal hat sich inzwischen zurückgezogen, doch die Abwicklung von Lehman läuft weiter. Der Fall gilt wegen der weit verzweigten Beziehungen in der Finanzwelt als eine der kompliziertesten Insolvenzen aller Zeiten.