Gewerkschaft droht mit Streiks / Branche blickt auf Pilotbezirk Baden-Württemberg Metalltarifparteien bewegen sich kein Stück
Warnstreiks bei Novelis in Nachterstedt und KSB in Halle. Die vierte Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie in Sachsen-Anhalt wurde gestern ergebnislos vertagt. Laut Gewerkschaft droht ein Großkonflikt.
Magdeburg l Beim Hersteller von Aluminiumwalzprodukten Novelis in Nachterstedt legten Metaller gestern zeitweise die Arbeit nieder, beim Pumpenhersteller KSB in Halle sind heute Mitarbeiter zum Warnstreik aufgerufen. An der Streikfront ernst werden könnte es ab Pfingsten.
"Wenn die Arbeitgeber bis dahin ihre Haltung nicht ändern sollten, können sie sich auf einen Großkonflikt einrichten", sagte gestern der IG-Metall-Bezirksleiter und -Verhandlungsführer Hartmut Meine nach einer kurzen, annäherungslosen Verhandlungsrunde in einem Beratungsraum des Magdeburger Hotels Ratswaage. "Es hat den Anschein, dass die IG Metall bislang nicht an einer konstruktiven Lösung interessiert ist", gab Heinz Ziesmann, Verhandlungsführer vom Verband der Metall- und Elektroindustrie Sachsen-Anhalt (VME), den Ball zurück.
Damit blieb es bei dem Arbeitgeberangebot von 3,0 Prozent bei einer Laufzeit von 14 Monaten. Die IG Metall fordert weiterhin 6,5 Prozent mehr Geld bei zwölf Monaten Laufzeit. "Der Verteilungsspielraum wird von Produktivität und Inflationsrate bestimmt", sagte VME-Hauptgeschäftsführer Matthias Menger. "Die Gewerkschaft geht davon aus, dass es einen Nachholbedarf gibt, dabei wird aber negiert, dass der Umsatz gerade erst wieder auf Vorkrisenniveau angekommen ist und dass die Auftragseingänge teilweise schon wieder sinken", sagt er im Volksstimme-Gespräch.
Auch bei den Themen Azubis und Leiharbeit kamen sich die Tarifparteien gestern kein Stück näher. Auf eine Erweiterung der Mitbestimmungsrechte für die Leiharbeiter wollen sich die Arbeitgeber nicht einlassen. "Leiharbeit ist ein überaus wichtiges Instrument, um in den Unternehmen die Flexibilität zu erhalten und die Stammbelegschaft zu stützen", argumentierte Menger. Hier wollen sich die Unternehmen ihre Entscheidungsfreiheiten bei solchen Fragen, ob, in welchem Umfang und wie lange Leiharbeiter im Betrieb eingesetzt werden, nicht beschneiden lassen. Die Gewerkschaft brandmarkte diese Haltung gestern als ein "Nein zu fairen Leiharbeitsbedingungen".
Dass sich trotz absehbaren Fachkräftemangels bei der unbefristeten Übernahme der Lehrlinge bisher nichts dreht, ist für Meine unverständlich. "Es gibt bereits einen Mangel an Auszubildenden, die Unternehmen sollten versuchen, die jungen Leute nach Berufsabschluss zu halten."
Einzig bei der Einstiegsqualifizierung war es in einer früheren Verhandlungsrunde zu einer Annäherung gekommen. Der Arbeitgeberverband wolle die Unternehmen dafür sensibilisieren, dass sie Schulabgängern, die die Anforderungen für eine Ausbildung noch nicht erfüllen, eine Chance geben", sagte Menger. Überzeugungsarbeit und angemessene tarifliche Regelungen seien nötig.
Heute wird in Baden-Württemberg verhandelt. Gebe es keinen Lösungsweg zur unbefristeten Übernahme der Ausgebildeten und für die Leiharbeiter, könne es umgehend eine Urabstimmung zum Streik geben, kündigte IG-Metall-Chef Berthold Huber an. Eine bundesweite Ausweitung der Warnstreiks ist für diese Woche angekündigt.
In Sachsen-Anhalt nehme die Streikbereitschaft zu, sagte der IG-Metall-Pressesprecher für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Uwe Stoffregen. Mit dem Fachkräftemangel steige das Selbstbewusstsein der Beschäftigten.