1963 bot Neckermann erstmals Reisen an / Heute erwirtschaftet das Unternehmen Milliarden-Umsätze Pauschal-Pionier wird ein halbes Jahrhundert alt
Frankfurt/Main (dpa) l Vor 50 Jahren hatte der erfolgreiche Frankfurter Versandhändler Josef Neckermann mal wieder den richtigen Riecher. Nur sechs Seiten dünn war das im Warenkatalog beigelegte Heftchen, aber es enthielt offenbar Antworten auf die Träume vieler Menschen im deutschen Wirtschaftswunderland. Fertig organisierte Flugreisen nach Mallorca oder nach Dalmatien zum vorher festgelegten Festpreis - die auf dem deutschen Markt neue Pauschalreise setzte sich in den folgenden Jahren schnell als bequeme und umsatzträchtige Urlaubsform durch.
Bereits im ersten Jahr konnte Neckermann nach eigenen Angaben 18 000 Urlauber begrüßen, die für rund acht Millionen D-Mark Umsatz sorgten. Waschkörbeweise hatten sich die Menschen per Post um die Teilnahme an den noch wenigen Trips des Reiseveranstalters beworben. Bis dahin waren die Deutschen vor allem mit Bussen, Bahn oder auch mit dem eigenen Auto in die Sommerfrische aufgebrochen. Flugreisen waren etwas für Reiche und Abenteurer.
Im Jahr darauf wurden bei Neckermann bereits Kreuzfahrten angeboten und ab 1965 ging es auch mit Düsenjets in den Süden. 1973 war der erste Club-Urlaub im Angebot, ein Jahr darauf führte die Ölkrise zu den ersten Treibstoffzuschlägen, doch die Reiselust blieb lange ungebrochen.
Schnell wurde das Wort der "Neckermänner" zum Synonym für die gelegentlich belächelten Pauschaltouristen. 1976 führte die auch im Versandhandel genutzte Billigmasche allerdings zum Kollaps des Unternehmens, das schließlich von der Karstadt-Gruppe übernommen wurde.
Aus den bescheidenen Anfängen ist längst ein Riesenmarkt geworden: Laut Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen leisten sich drei Viertel der Deutschen jedes Jahr eine Urlaubsreise von mindestens fünf Tagen. Zusammen mit den immer zahlreicheren Kurzreisen ergibt sich ein Umsatzvolumen von 80 Milliarden Euro, auf dem Neckermann als Hauptmarke des deutsch-britischen Reisekonzerns Thomas Cook immer noch ein wichtiger Player ist. Vom Versandhandel längst getrennt hatte das Unternehmen nichts mit der Neckermann-Pleite zu tun und steht mit rund drei Millionen Gästen pro Jahr für 70 Prozent des deutschen Thomas-Cook-Umsatzes.