1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Regionale Wirtschaft
  6. >
  7. Praktiker reißt Max Bahr mit in die Pleite

Die 132 Märkte bleiben weiter geöffnet Praktiker reißt Max Bahr mit in die Pleite

26.07.2013, 22:05

Hamburg (dpa). Die Insolvenz der Baumarktkette Praktiker hat auch die Tochter Max Bahr in den Abgrund gerissen. Die Insolvenzverwalter suchen weiter nach Investoren, Verdi befürchtet die Zerschlagung des Konzerns.

Zwei Wochen nach der Baumarktkette Praktiker ist auch deren Tochtergesellschaft Max Bahr überschuldet und zahlungsunfähig. Nach dem Rückzug eines Warenkreditversicherers sei die Versorgung der Märkte nicht mehr gesichert und es gebe keine positive Prognose für die Fortführung des Unternehmens, teilte Praktiker in Hamburg mit. Die aktuell 132 Märkte - sieben in Sachsen-Anhalt - bleiben jedoch geöffnet und sollen ihren Geschäftsbetrieb stabilisieren. Die Suche nach Investoren gehe weiter, sagte ein Sprecher einer der beiden vorläufigen Insolvenzverwalter der Praktiker-Gruppe.

Max Bahr ist höherwertig positioniert als Praktiker und sollte in Deutschland zur Hauptvertriebslinie der Gruppe ausgebaut werden. In den 132 Märkten arbeiten rund 5000 Beschäftigte. Die Gewerkschaft Verdi warnte vor einer Zerschlagung des gesamten Konzerns. "Auch Warenkreditversicherer, Banken, Lieferanten und Vermieter müssen Verantwortung für die Arbeitsplätze und Existenzen der rund 15000 Beschäftigten bei Max Bahr und Praktiker übernehmen", forderte Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger in Hamburg. Es sei skandalös, dass ein einzelner Warenkreditversicherer aus kurzfristigem Profitinteresse die Fortführung des Unternehmens gefährde.

Das Versicherungsunternehmen Coface erklärte, es könne zu konkreten Fällen nicht Stellung nehmen. "Generell prüfen wir kontinuierlich die Bonität und Zahlungsfähigkeit von Unternehmen, ehe wir unseren Kunden Versicherungsschutz für ihre Lieferungen einräumen", sagte Unternehmenssprecher Erich Hieronimus. Für die Belieferung eines liquiden Unternehmens sei oft keine Versicherung notwendig. Die Lieferanten könnten auch ein insolventes Unternehmen weiter beliefern, zum Beispiel gegen Vorkasse oder bar bei Lieferung. Coface mit Hauptsitz in Paris ist einer der drei großen Warenkreditversicherer in Deutschland.

"Durch die Max-Bahr-Insolvenz ändert sich an der bisherigen Strategie nichts", sagte ein Sprecher von Christopher Seagon, einem der beiden vorläufigen Insolvenzverwalter von Praktiker. Die Märkte seien geöffnet, die Gespräche mit den Gläubigern liefen gut. Die vorläufigen Insolvenzverwalter wollen Investoren für das Unternehmen finden und haben bereits Interesse dafür registriert. In einem längeren Prozess soll zunächst eine Investmentbank mit dem Verkauf beauftragt werden, die den Interessenten dann die Bücher öffnet. Erst danach werden konkrete Angebote eingehen, entweder für den gesamten Konzern oder für einzelne Standorte. Bis dahin dürften noch einige Wochen vergehen.

"Die Gefahr einer Zerschlagung ist eher größer geworden", sagte der Frankfurter Anwalt Ingo Scholz. Er vertritt die Inhaber einer Unternehmensanleihe über 250 Millionen Euro und damit die größte Gläubigergruppe. Der Gläubiger-ausschuss hatte sich am Vortag getroffen und über die Lage bei Praktiker beraten. Zu den Zeichnern der Anleihe aus dem Februar 2011 gehören auch viele Kleinanleger, die vermutlich einen Großteil ihres Geldes verlieren werden.

Max-Bahr-Märkte fallen als Praktiker-Retter aus

Eigentlich sollte die traditionsreiche Hamburger Baumarkt-Kette Max Bahr der Rettungsanker für den insolventen Praktiker-Konzern werden. Daraus wird nun nichts. "Man kann klar von einer Marktsättigung in Deutschland sprechen, dem Eldorado der Heimwerker", sagt Manuel Jahn, der für das Marktforschungsunternehmen GfK den Bereich der Handelsimmobilien beobachtet.

Operativ hat Max Bahr seit Jahren nichts verdient. Für das erste Quartal weist Praktiker für den Bereich Max Bahr einen Umsatz von 204 Millionen Euro aus und einen operativen Verlust von 37 Millionen Euro. Der Umsatz ging flächenbereinigt um 11,4 Prozent zurück. Davon geht ein erheblicher Teil auf das Konto des schlechten Wetters und der ausbleibenden Nachfrage nach Gartenartikeln. Doch das galt auch für andere Baumärkte, die ohne Pleite durch die Flaute des ersten Halbjahres steuern konnten.