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Vor allem Märkte im ländlichen Raum könnten der Sanierung zum Opfer fallen Schlecker-Mitarbeiterin: "Wenn unsere Filiale schließen muss, wars das für mich"

13.03.2012, 03:09

Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz konzentriert sich bei der Sanierung des Unternehmens auf die Stadtfilialen. Für Sachsen-Anhalt könnte das bedeuten, dass viele Märkte im ländlichen Raum geschlossen werden.

Magdeburg l Noch klebt er da, ganz groß im Schaufenster. Jede Schleckerfiliale wird von dem Werbeslogan verziert: "For you. Vor Ort". Doch mit dem vor Ort sein von Schlecker könnte es in den ländlich geprägten Regionen in Sachsen-Anhalt schon bald vorbei sein. Arndt Geiwitz, Insolvenzverwalter der Drogeriemarktkette, sieht die Zukunft von Schlecker vor allem in den Groß- und Vorstädten.

Bei Jörg Lauenroth-Mago vom Fachbereich Handel des Verdi-Landesbezirks Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen schrillen deshalb die Alarmglocken. "Viele kleine Orte haben nur einen Schlecker als Einkaufsmöglichkeit. Fällt der weg, wäre das gerade für ältere Menschen ein erheblicher Verlust der Lebensqualität", sagt er und appelliert an den Insolvenzverwalter, den ländlichen Raum nicht zu vergessen. Auch die Politik sei gefordert, Einfluss zu nehmen.

Welche Filialen letztendlich geschlossen werden, ist noch nicht bekannt. Doch es ist die Frage, die die Mitarbeiter von Schlecker am meisten beschäftigt. Die Angst angesichts des drohenden Jobverlustes ist groß. Viele äußern sich zwar gegenüber der Volksstimme, wollen aus Unsicherheit aber namentlich nicht genannt werden.

Eine von den Mutigen ist Karina Lohel, Schlecker-Filialleiterin in Altenweddingen (Gemeinde Sülzetal). "Das lange Warten darauf, wie es nun weitergeht, ist anstrengend. Bislang ist zu uns noch nichts durchgedrungen, wir erhalten Informationen meistens nur aus den Medien", sagt sie. Doch die Darstellung der Thematik gefällt ihr oft nicht.

"Uns ging es bei Schlecker immer gut: Wir werden nach Westtarif bezahlt, haben immer pünktlich unser Geld erhalten. Herr Schlecker hat Tausenden Menschen nach der Wende im Osten eine Chance gegeben - das muss auch mal gesagt werden", erklärt die Filialleiterin. Es sei nicht alles so schlecht, wie es im Fernsehen oft dargestellt werde, sagt die Frau, die seit 19 Jahren im Unternehmen tätig ist.

Die Ankündigung des Konkurrenten Rossmann, einige Schlecker-Mitarbeiter einzustellen, erfreut Karina Lohel. Doch für sich und ihre Kollegen in Altenweddingen hat sie wenig Hoffnung. "Rossmann war zu Beginn der 90er Jahre schon einmal hier. Aber die Filiale war schnell wieder weg" erinnert sie sich. Der Schleckermarkt dagegen habe seit zwanzig Jahren einen festen Kundenstamm. Zwei Rentnerinnen, die an der Kasse ihren gut gefüllten Einkaufskorb bezahlen, bestätigen das. "Wir kaufen alle paar Tage hier ein. Wenn der Markt schließen würde, wäre das schlimm für uns", sagt die eine Frau, die andere nickt zustimmend. "Meine Strumpfhosensorte bekomme ich nur hier. Die gibt es in den zwei Supermärkten im Ort nicht."

Der Ort Hohendodeleben (Börde) hat nicht einmal einen Supermarkt. Einzige Einkaufsmöglichkeit ist der an der Hauptverkehrsstraße gelegene Schlecker. "Das Schließen der Filiale wäre ein Einbruch in der Lebensqualität unserer Bürger", sagt Ortsbürgermeister Wolf-Burkhardt Bach. Drei Arbeitsplätze hängen an diesem Schlecker, die nächste Einkaufsmöglichkeit wäre das fünf Kilometer entfernte Magdeburg. In Hohendodeleben werden die Mitarbeiterinnen oft gefragt, wie es mit dem Markt weitergeht. Doch sie können nur mit den Schultern zucken.

Bereits geschlossen ist seit vergangener Woche eine Schleckerfiliale am Markt in Schönebeck. Nach Volksstimme-Informationen wurden die Mitarbeiter vorerst nicht entlassen, sondern in eine andere Filiale in der Elbestadt versetzt. Gemeinsam warten sie nun auf die Entscheidungen des Insolvenzverwalters.

Prognosen können und wollen die Schlecker-Mitarbeiter nicht abgeben, aber sie äußern ihre Ängste. "Ich bin Ende 50, wenn unsere Filiale schließen muss, wars das für mich auf dem Arbeitsmarkt", sagt eine Mitarbeiterin in einem anderen Ort. "Jeder Kunde fragt, wie es weitergeht. Ich kann nur immer antworten, dass ich es nicht weiß", erklärt eine andere. "Es wird schon irgendwie weitergehen. Es muss", sagt sie und schaut auf das große Schaufenster mit dem Werbeslogan. Ob hier vor Ort, in ihrer Schleckerfiliale, weiß sie nicht.