Kaffee-Mix Wie die DDR die Bevölkerung mit gestrecktem Kaffee erzürnte
Kaffee war in der DDR teuer, aber begehrt. Die Regierung konnte den Durst der Bevölkerung kaum decken. Eine Idee geriet zum kolossalen Flop - und sorgte für Tausende Beschwerden.

Magdeburg - Die Erinnerung an „Kaffee-Mix“ bringt ehemalige DDR-Bürger noch heute auf die Palme. Das Gemisch aus 51 Prozent Kaffeepulver und 49 Prozent Ersatzprodukten wie gerösteten Erbsen, Rübenschnitzeln oder Roggen war im Jahr 1977 die Reaktion der SED auf eine veritable Kaffeekrise.
Eine Fehlernte in Brasilien führte zu enormen Preisanstiegen. 40 Mark das Pfund kostete die meistgekaufte Sorte Kosta. Trotzdem ließ sich der Bedarf kaum stillen, das Volk lechzte seit den 1950er Jahren nach dem Genussmittel. Jährlich müsse der Staat 300 Millionen Dollar für Rohkaffee ausgeben, klagte Erich Honecker damals vor Parteifunktionären. Die Lösung: „Kaffee-Mix“.
„Kaffee-Mix“ floppt und sorgt für 14.000 Beschwerden
Trinken wollte das gestreckte Heißgetränk allerdings keiner – und außerdem verklebte es die Kaffeemaschinen. Manche berichteten gar von Explosionen. Empört wandten sich 14.000 Bürger mit Beschwerden an die Regierung. Manche schimpften über sexuelle Niedergeschlagenheit und Haarausfall. Beim Kaffee hörte der Spaß auf, „Erichs Krönung“ verschwand wieder aus den Regalen. Die DDR brauchte echten Kaffee.

Anfang der 1980er begann man deshalb, im klimatisch vielversprechenden Bruderland Vietnam Plantagen aufzubauen. Das vom Krieg gebeutelte Land nahm die Aufbauhilfe – umgerechnet insgesamt 32 Millionen Rubel – gern an. Es war eines der größten Entwicklungshilfeprojekte der DDR.
Großer Teil des Kaffees in der DDR kam per Westpaket
24.000 Vietnamesen zogen ins abgelegene Hochland, wo der Kaffee am besten wuchs, um sich mit dem Anbau eine Perspektive zu schaffen. Die DDR baute Unterkünfte, lieferte Maschinen, errichtete Bewässerungsanlagen. Dafür sollte Vietnam für 20 Jahre die Hälfte seiner Kaffee-Ernte liefern.
Für das asiatische Land zahlte sich der Einstieg in die Branche aus: Heute ist Vietnam der zweitwichtigste Produzent von Kaffee weltweit. Die DDR aber konnte die Früchte der Arbeit nicht mehr aufbrühen. Die erste ernstzunehmende Ernte gab es erst nach 1989. Auf eine Kaffeequelle konnten sich die DDR-Bürger jedoch verlassen, wenn schon nicht auf die Planwirtschaft: Ein Fünftel des Kaffees in der DDR kam per Westpaket.