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Ringe Macht, Reichtum und Zauberei

Im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle erzählt eine Ausstellung von der Faszination des Ringschmucks.

Von Grit Warnat 22.01.2020, 00:01

Halle l Die Ringe-Ausstellung ist einem Fund zu verdanken, der mehr als hundert Jahre in Vergessenheit geraten war. 1898 stieß ein Gutsbesitzer in Paußnitz, einem Dörfchen bei Riesa, auf einen Schatz. Der Mann war mit seiner Hacke auf ein Keramikgefäß gestoßen. 500 Silbermünzen kamen zum Vorschein und ein silberner Fingerring. Sieben der Münzen und der Ring kamen damals ins Museum nach Halle. Alles ist einst inventarisiert worden, auch der Ring, allerdings mit einer Münzinventarnummer. Und so schlummerte er im Depot vor sich hin, bis er 2001 von einem Museummitarbeiter sozusagen ein zweites Mal entdeckt wurde.

Wenig später gelang es, die geheimnisvolle und mehrfach verschlüsselte Inschrift zu deuten: „NAINE MI XPS“ („Verneine mich, Christus“). Der Träger, so sagt Kuratorin Susanne Kimmig-Völkner, war vermutlich ein Mann, der sich, so sein Glaube, selber zurückstellen wollte zugunsten von Christus. „Die Schrift konnte man nur kennen, wenn man Kontakt zu einem Kloster hatte“, so die Kuratorin. Man vermutet im Träger einen gebildeten, weit gereisten, begüterten Mann.

Jetzt steht diese kleine Kostbarkeit aus dem späten 12. Jahrhundert im Zentrum der Schau „Ringe der Macht“, ist von allen Seiten in einer Vitrine sichtbar.

Dieser Paußnitzer Ring ist tief mit der einstigen Glaubens- und Geisteswelt verwurzelt. So manches der ausgestellten Schmuckstücke mit den Inschriften und zarten Verzierungen konnte seinem Träger magische Kräfte verleihen. Ringe sind nicht nur Zeichen von Macht, Würde, Herrschaft und Reichtum, sie hatten auch Zauberworte und Zauberkräfte und waren Beschützer vor Krankheiten, Unwetter, Feuer. Sie können Wunden heilen, Blut stillen, Unheil abwehren, vor Feinden schützen und vor Giften und Seuchen. Leider befindet sich alles hinter Glas – das Unsichtbarmachen kann nicht getestet werden. Und ob es wirklich klappt, einen Ehebrecher zu erkennen, weil bei ihm ein Ring zerbrechen würde, bleibt ebenso ein Geheimnis. Von Unsterblichkeit ganz zu schweigen.

Es ist jede Menge Pracht zu sehen, Gold und Silber allerorten in den Vitrinen und Schaukästen. 250 wertvolle Exponate sind von 30 Leihgebern ausgestellt. Sie zeigen eine sich durch die Jahrtausende ziehende Ringe-Kultur, angefangen von den ältesten bekannten Fingerringen aus Mammut-Elfenbein aus der Zeit um 28 .000 bis 27.000 vor Christus über die keltischen Torques (Halsringe) und die ältesten Siegelringe aus Ägypten bis hin zum heutigen Smart-Ring. Eines der schwergewichtigsten Prachtstücke ist der fast sieben Kilogramm auf die Waage bringende Silberring von Trichtingen, der mit seinen Stierkopfenden außerordentlich kunstvoll verziert ist.

Verbunden sind mit den Exponaten Geschichte und Geschichten. Eine der wohl Rührendsten verbirgt sich hinter dem Ring der heiligen Elisabeth von Thüringen, ein in Gold gefasstes Schmuckstück mit einem großen Achat, der in der Mitte gebrochen ist. Er war ein Geschenk des Landgrafen Ludwig an seine Gemahlin, als er 1227 zum Kreuzzug aufbrach. Wie Kuratorin Kimmig-Völkner erzählt, soll Ludwig auf seiner Reise ins Heilige Land gestorben sein. Elisabeth habe das Unglück wohl gespürt, weil im Todesmonat der Stein aus der Fassung gesprungen und zerbrochen sei.

Bei den Ringen als Zeichen der Zuneigung und Bindung darf man gern länger verweilen und sollte sein Augenmerk legen auf die jüdischen Hochzeitsringe. Jener aus Weißenfels, datiert auf 1320–1330, hat keinen Stein, sondern ein Haus auf dem silbernen Ringkopf thronen Worum es sich handelt, ist unklar. Vielleicht ist es das neue Zuhause der Eheleute?

Wenn man sich vor dem Besuch der Ausstellung fragt, wie man Ringe interessant ausstellen kann und mit etlichen Kleinexponaten eine Spannung aufbauen will, so erstaunt die Präsentation, die wahrlich schöne und selten zu sehende Objekte in wohldosiertes Rampenlicht setzt und zudem gut erklärt. Und bei all den weiten zeitlichen Rückschauen fehlt auch nicht der Blick ins Heute. In J. R. R. Tolkiens weltbekannte Hobbit- und Herr-der-Ringe-Saga geht es schließlich um das große Thema der Schau, den Ring der Macht, der im Werk des britischen Schriftstellers Böses bringt und vernichtet werden soll. „Ein Ring sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden“, lautet die Inschrift in Elbenrunen auf Saurons Ring, als Replik des bekannten Filmrings zu sehen.

Von magischen Kräften kann beim Smart-Ring nun keine Rede mehr sein. Schlicht und schmucklos ist er, aber mit feiner Technik ausgestattet, um seinem Träger Türen zu öffnen, Kalorien zu zählen und den Biorhythmus aufzuzeichnen. „Die Besitzer versprechen sich davon, ihren Körper und ihr Verhalten besser zu verstehen und dadurch gesünder und länger zu leben“, heißt es in der Begleitpublikation. Da ist man dann doch wieder beim Mittelalter, auch wenn dem Hightech-Ring die Zauberworte fehlen.

Die Ausstellung „Ringe der Macht“ ist bis zum 1. Juni im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle zu sehen.