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Gericht verhandelt gegen Ex-Spitze der Bistums-AG Riskanter Schiffsdeal, geplatztes Solargeschäft

Von Bernd Kaufholz 05.07.2011, 04:36

Magdeburg. Ab heute befasst sich das Landgericht Magdeburg erneut mit der bistumseigenen GERO AG. Die 1. Kammer für Handelssachen muss über drei Klagen entscheiden, bei denen es um Schadensersatzforderungen der 2003 gegründeten Aktiengesellschaft gegenüber dem Ex-Vorstand sowie dem ehemaligen Geschäftsführer und dem Aufsichtsrat geht.

Ab 13. Juli wird es keine GERO AG mehr geben. Dann wird die Gesellschaft, deren 100-prozentiger Aktionär das katholische Bistum Magdeburg ist, in eine GmbH umgewandelt.

Doch zuvor haben der dann aus dem Amt scheidende Vorstand Frank Meyer, der vom Bistum als Alleinvorstand eingesetzt worden war, um die AG, die innerhalb der letzten Jahre einen zweistelligen Millionenbetrag in den Sand gesetzt haben dürfte, wenigstens in halbwegs ruhiges Fahrwasser zu lotsen, und der Aufsichtsrat noch Schadensersatzansprüche gerichtlich geltend gemacht. Bei drei Sachverhalten, die heute verhandelt werden sollen, geht es um rund 1,2 Millionen Euro und um die Feststellung einer Pflicht zur Schadensersatzzahlung.

So soll sich die GERO auf ein hochrisikovolles Geschäft eingelassen haben, das nach Auffassung des Noch-Vorstands und –Aufsichtsrats nicht hätte getätigt werden dürfen.

Die Bistums-AG hatte sich seinerzeit verpflichtet, für zehn Millionen Euro Schiffsbeteiligungen bei einer Emsländer Reederei zu übernehmen. Allerdings – so Meyer – ohne dafür das nötige Kapital zu haben. Die Krise kam und inzwischen habe GERO über zwei Millionen Euro auf diese Beteiligungen abschreiben müssen.

Für Bankkaufmann Helmut H. Seibert, der Mitte 2007 als Aufsichtsratsvorsitzender bei der GERO ausschied, ist der Schiffsdeal immer noch ein "ganz normales Geschäft". Und er meint, dass die Schiffsbeteiligung eine gute Sache gewesen sei. Denn man habe bereits zuvor gute Erfahrungen mit der Reederei gemacht. "Der Alleineigentümer, das Bistum, war über die Chance, aber auch über das Risiko des Geschäfts informiert", beteuert er.

Anders als die Klägerin (GERO) ist Seibert sicher, dass bisher gar kein Schaden entstanden sei. Eine Pflichtwidrigkeit seinerseits, die ihn als Ex-Aufsichtsratsvorsitzenden zu Schadenersatz verpflichte, liege nicht vor.

Dies sieht die Klägerseite anders und will dem Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Magdeburg dabei auch nicht zugute halten, dass eben sein Geldinstitut einen Teil der Beteiligungen in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro später an Volksbankkunden weiterverkauft hat. Von den sechs Prozent Provision an den zehn Millionen Euro, die zwischen Reederei und der GERO ausgemacht waren, habe die Bank nämlich schließlich auch noch 5,5 Prozent erhalten und dabei keine Abnahmeverpflichtung und somit auch kein Risiko übernommen. Dies lag aus Sicht von Meyer allein bei GERO und liegt dort auch weiterhin bleischwer in den Büchern.

Beim zweiten Punkt der ju-ristischen Auseinandersetzung geht es um eine Grunderwerbssteuerzahlung, die in Höhe von rund 600000 Euro nach Auffassung der Klägerseite nicht angefallen wäre, wenn der Ex-Vorstandschef der Bistumsgesellschaft, Norbert Diehl, und der damalige Geschäftsführer, Dirk Nowak, den Empfehlungen der steuerlichen Berater gefolgt wären.

In ostfriesischer Steueroase verspekuliert

Punkt drei am heutigen Tag soll das sogenannte GERO-Solarprojekt Spanien sein. Die Gesellschaft hatte hier ein Darlehen von mehr als einer halben Million Euro vergeben, um nach den Angaben der Beklagten einen Solarpark in Spanien anzuschieben.

Doch das Darlehen – so die Klägerin – war nicht ausreichend gesichert. Als GERO das Geld zurückfordern und aus einem rechtskräftigen Urteil vollstrecken wollte, hoben die drei Schuldner die Hände und sagten: Fasst mal einem nackten Mann in die Tasche.

Dagegen hören sich die in diesem Verfahren geltend gemachten, aus Sicht von GERO unberechtigten Spesenrechnungen von mehreren tausend Euro, die der im März 2008 als Vorstand ausgeschiedene Diehl abgerechnet habe, wie Lapalien an. Einen "betrieblichen Anlass" für die abgerechneten Bewirtungen habe es allerdings aus GERO-Sicht nicht gegeben, so Meyer.

In einem weiteren Verfahren wird voraussichtlich in den nächsten Monaten ebenfalls beim Landgericht Magdeburg zwischen den Beteiligten gestritten. Dabei geht es dann um die Steueroase, die nordfriesische Gemeinde mit nur 39 Einwohnern: Norderfriedrichskoog. Dort hatte GERO einen Briefkasten, um steuerliche Vorteile zu nutzen. Doch der "Oase" wurde 2004 das Wasser abgegraben. Was blieb, war der langfristig laufende Pachtvertrag, der dann auch noch nicht fristgemäß gekündigt wurde und sich dadurch gleich noch mal um Jahre verlängerte. Schaden: über 300000 Euro.

Ex-Vorstandschef beruft sich auf Schweigepflicht

Das Bistum wolle keine endlosen Rechtsstreitigkeiten und habe bereits vor Erhebung der Klagen nach außergerichtlichen Lösungen gesucht, so der Alleinvorstand. "Aber es soll auch nichts unter den Tisch gekehrt werden." Darauf hätten auch Bischof Gerhard Feige und der Generalvikar Raimund Sternal immer Wert gelegt.

Ex-Vorstandschef Diehl, der zum heutigen Prozess nicht erscheinen will, wollte sich ges-tern zur erneuten Verhandlung nicht äußern. Er habe eine Schweigepflichtserklärung abgegeben und im Gegenzug eine Abstandzahlung erhalten. Diese wolle er nicht gefährden, so der Mann, der 15 Jahre lang für die GERO gearbeitet und dann im gegenseitigen Einverständnis – so die offizielle Pressemitteilung – die AG verlassen hatte.