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Coronavirus Hallen-Konzerte wären möglich

Ein Experiment der Uni Halle beweist: Veranstaltungen können trotz Corona stattfinden - wenn wichtige Standards eingehalten werden.

Von Massimo Rogacki 30.10.2020, 00:01

Magdeburg l Es war ein großangelegtes Experiment, das vor knapp zehn Wochen in der Arena Leipzig stattfand. Auf der Bühne: Sänger Tim Bendzko, davor 1400 Konzertbesucher. Mit kleinen Kontaktgeräten ausgestattet, sollten sie Forschern der Universitätsmedizin Halle Daten dazu liefern, wie Ansteckungen bei Großveranstaltungen vonstatten gehen.

In Halle wurden gestern die Ergebnisse präsentiert. Bemerkenswert ist: Werden bestimmte Hygiene-Maßnahmen ergriffen, können in der Corona-Pandemie durchaus Veranstaltungen in großen Hallen mit Publikum durchgeführt werden.

Dafür müssen Abstandsregeln funktionieren, das Tragen einer Maske ist obligatorisch. Im Optimalfall sollte der Mund-Nasen-Schutz auch am Platz aufbehalten werden. Ob Sport oder Konzerte – wer Veranstaltungen beiwohnt, sollte das nach Erkenntnissen der Forscher im Sitzen tun. Vermieden werden auf diesem Weg unkontrollierte Begegnungen.

Insgesamt lasse sich die Zahl der mehrere Minuten langen kritischen Kontakte bei Veranstaltungen mit den richtigen Konzepten reduzieren.

Dazu gehört etwa, dass Besucher der Events in den Pausen nicht in die Catering-Bereiche strömen und sich dabei gefährlich nahe kommen. Am Einlass sollte es keine langen Wartezeiten geben. Hygiene-Stewards sollten zudem über die Einhaltung von Regeln wachen.

Die Anzahl der Besucher müsse stets an das aktuelle Infektionsgeschehen angepasst werden. Herangezogen werde dabei die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen (7-Tage-Inzidenz).

Die wichtigste Erkenntnis der Forscher allerdings: Je schlechter die Belüftung, desto mehr Menschen laufen Gefahr sich anzustecken.

Die Belüftungstechnik sei die „Schlüsselkomponente“ beim Ansteckungsrisiko, sagt Studienleiter Dr. Stefan Moritz von der Universitätsmedizin Halle.

Gemeinsam mit einem Ingenieurbüro hatten die Forscher die Arena als Computermodell nachgebaut und in kleine Würfel geteilt. Danach wurde simuliert, wie sich verschiedene Lüftungsvarianten auf die Verteilung der Aerosole auswirken. Am Ende schnitt das reguläre System der Arena am besten ab.

Für die Politik haben die Forscher eine Empfehlung: Sie sprechen sich für ein Investitionsprogramm durch Bund und Länder aus, um den Veranstaltungshäusern das Nachbessern bei der Raumlufttechnik zu ermöglichen.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) signalisierte gestern Bereitschaft, entsprechende Investitionen zu fördern.

Das Forschungsprojekt Restart-19 wurde mit rund 900 000 Euro von den Ländern Sachsen-Anhalt und Sachsen und der Universitätsmedizin Halle finanziert. Gut investiertes Geld, findet Willingmann. Man wisse nun: „Veranstaltungen in geschlossenen Räumen könnten stattfinden.“ Die Lehren aus dem Konzert-Experiment könnten in vier Wochen sogar schon wichtig werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderchefs hatten vorgestern einen einmonatigen „Lockdown light“ beschlossen. Was nach dieser Zeit passiert, ob Veranstaltungen unter Einhaltung von Regeln wieder möglich sein werden – ist noch unklar. Willingmann jedenfalls kann sich das gut vorstellen. Die Empfehlungen der Forscher, sie dürften sich auch in der kommenden 9. Eindämmungsverordnung des Landes wiederfinden.

Dass viele Menschen sich zunehmend mit Corona-Regeln anfreunden, zeigt im Übrigen eine Umfrage nach dem Bendzko-Konzert. Rund 90 Prozent der Studienteilnehmer finden es nicht schlimm, eine Maske zu tragen und sind bereit, dies auch in Zukunft zu tun – um weiter Veranstaltungen zu erleben.