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Sachsen-Anhalt Karriereaufstieg nach unten

Im Normalfall führt die Karriereleiter nach oben. In seltenen Fällen kann auch ein Abstieg hilfreich sein - wie ein Beispiel zeigt.

Von Jens Schmidt 20.07.2020, 01:01

Magdeburg l Das Verkehrsministerium löst mit einer äußerst ungewöhnlichen Personalie einiges Raunen und Staunen in der Landespolitik aus. Sebastian Putz - seit vielen Jahren rechte Hand von Verkehrsminister Thomas Webel - möchte in der Beamten-Hierarchie gern eine Stufe hinabsteigen: vom Staatssekretär zum Abteilungsleiter. Damit verbunden ist auch ein Gehaltsminus: von 11600 Euro auf 9900 Euro monatlich. Minister Webel hat die Personalie eingefädelt. Die Staatskanzlei tüftelt nun einen juristisch wasserdichten Weg aus, wie man das hinkriegt. Denn: Es drohen Klagen.

Was wie ein Abstieg aussieht, ist bei näherer Betrachtung nämlich keiner. 2021 wird gewählt. Putz‘ politischer Ziehvater Webel – so viel ist sicher – geht in den politischen Ruhestand und wird kein Minister wieder. Und ob es das Verkehrsressort überhaupt weiterhin gibt, und ob es im Falle seiner Fortexistenz in CDU-Hand bleibt, ist höchst ungewiss. Daher ist so gut wie klar: Putz würde seinen Staatssekretärsposten ziemlich sicher verlieren. Dann würde er als politischer Beamter in den einstweiligen Ruhestand geschickt und müsste sich irgendwo anders umsehen.

Bei einem Abteilungsleiter ist das anders. Wer einmal Abteilungsleiter ist und nicht schlimm straffällig wird, bleibt es bis zur Pension. Unkündbar. Sicher. Bestens versorgt. Gleich, welches Parteibuch ein neuer Minister hat. „Trockener kann man nicht sitzen“, sagt ein hochrangiger Beamter.

Daher ist der Posten auch so begehrt und löst regelmäßig Konkurrentenklagen von Landesdienern aus, die den Posten gerne hätten, sich bei der Auswahl aber zu kurz gekommen fühlen. Solche Klagen drohen nun auch im Hause Webel.

Wie man hört, hatten sich mindestens zwei altgediente Verkehrs-Beamte schon Hoffnungen gemacht, zum Abteilungsleiter aufzusteigen. Aus guten Gründen: Der amtierende Abteilungschef geht nämlich im November in den Ruhestand. Und Sebastian Putz wollte und sollte ja eigentlich nach Halle wechseln zur neuen Autobahn GmbH des Bundes. Putz, so viel schien seit mehr als einem Jahr klar, würde ab 1. Januar 2021 als Direktor die Niederlassung Ost leiten. Nun wird daraus wohl nichts. Putz mag in Magdeburg bleiben. Sein Sinneswandel durchkreuzt somit auch die Karrierepläne einiger langgedienter Beamter. Das riecht nach Ärger.

Zumal Webel am liebsten auf eine Ausschreibung für den Abteilungsleiterposten verzichten will. Er favorisert das so genannte Einbezieungsverfahren. Dabei sollen alle potenziellen Anwärter im Ministerium - das sind etwa 15 - in Gesprächen mehr oder weniger überzeugt werden, auf den Posten zu Gunsten von Putz zu verzichten. Rechtlich ist das möglich. Ob es Erfolg hat, ist fraglich.

Webel jedenfalls will unbedingt Putz haben. Kein Wunder: Putz ist seit langem des Ministers Stratege, er war zuerst Webels persönlicher Referent, später Büroleiter, jetzt sein Staatssekretär. Beide können bestens. Für Putz soll sogar die bei Abteilungsleitern übliche Probezeit von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt werden.

Warum Sebastian Putz den sehr gut dotierten Direktorposten der Autobahn GmbH in Halle (man hört von mehr als 11 000 Euro monatlich) sausen lassen würde – darüber gibt es drei verschiedene Erzählungen. Darunter zwei inoffizielle.

Version eins: Putz, 45, Vater eines kleinen Sohnes, mit Haus in Lostau bei Magdeburg, haderte auch aus familiären Gründe mit dem Pendel-Job in Halle. Version zwei: Der Aufbau der Autobahn GmbH wird wohl schwieriger als gedacht. Die dritte und offizielle Version lautet: Webel hat Putz gebeten, in seinem Ministerium zu bleiben. Den Staatssekretärsposten soll Abteilungsleiter Putz als „ständiger Vertreter des Staatssekretärs“ für die verbleibenden Monate bis zur Regierungsneubildung 2021 gleich mitübernehmen.

Putz selbst äußert sich dazu nicht.

In der Koalition löst die Aktion Stirnrunzeln aus. Die ganze Aktion „ist so einzigartig wie obskur“, sagt SPD-Chef Andreas Schmidt. Man werde genau hinschauen, ob alle Rechtsvorschriften eingehalten werden.

Dafür zuständig ist die Staatskanzlei. Die berät noch.