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Sachsen-Anhalt lockert Corona-Regeln deutlich

Hochzeit nur im engsten Kreis, Geburtstagsfeier nur in der Familie, keinen Sport im Fitnessstudio und kein Theater auf der großen Bühne. Das war wegen der Corona-Pandemie wochenlang Alltag in Sachsen-Anhalt - und soll sich jetzt ändern.

19.05.2020, 17:54

Magdeburg(dpa/sa) - Der 28. Mai ist in Sachsen-Anhalt ein Tag, an dem sich besonders viele Regeln ändern. An dem Donnerstag vor Pfingsten öffnet sich das Land wieder für Auswärtige, Feiern sind im größeren Rahmen möglich und zahlreiche Freizeitangebote dürfen wieder Besucher empfangen. Das hat das schwarz-rot-grüne Kabinett am Dienstag beschlossen. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sprach vom "größten Schritt seit Beginn des Shutdown" Mitte März. Die geplanten Lockerungen wurden kurzerhand zu einem "Sachsen-Anhalt-Plan" erklärt. Doch was wird erlaubt?

TOURISMUS: Am Freitag dürfen Hotels und Pensionen öffnen, Campingplätze und Ferienwohnungen sind schon auf - allerdings bisher nur für Sachsen-Anhalter. Das soll sich ab 28. Mai, pünktlich vor dem verlängerten Pfingstwochenende, ändern. Dann können Menschen aus ganz Deutschland kommen, um Bekannte zu besuchen, Urlaub zu machen oder Freizeitangebote zu nutzen. Busreisen werden ebenso zugelassen, wie die Ausflugsschifffahrt sowie Freizeitangebote vom Kletterwald bis zur Minigolfanlage.

Damit seien im Reiseland Sachsen-Anhalt wieder fast alle Freizeitangebote möglich, fasste Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) zusammen. Wer campen will, darf auch wieder mit dem Zelt kommen, denn auch Gemeinschaftsräume mit Duschen dürfen mit den entsprechenden Hygieneauflagen wieder genutzt werden.

FEIERN: Bis Ende August sollen Großveranstaltungen bundesweit verboten bleiben - doch wie groß ist groß? Sachsen-Anhalt ließ fern beruflicher Gründe zuletzt nur Fünfergruppen zu und viele fürchteten um Einschulungs- und Geburtstagsfeiern oder ihre Hochzeitsparty. Jetzt soll schrittweise die Zahl der Menschen erhöht werden, die bei privaten Feiern und besonderen Anlässen zusammen kommen darf. Bei privaten Feiern seien von Ende Mai an bis zu 20 Teilnehmer erlaubt, sagte Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Bei Hochzeiten und Trauerfeiern auch bis zu 100.

VERSAMMLUNGEN: Die Höchstgrenze von zunächst 100 gilt auch für Tagungen, Fachveranstaltungen oder Vereinstreffen und Delegiertenversammlungen. Von Juli an soll diese Zahl auf 250 erhöht werden, ab September auf unter 1000. Abseits dieser Ausnahmen gilt aber weiterhin: Nur fünf Menschen sollen zusammenkommen - oder zwei komplette Hausstände. Mit dem Bestehen auf die Fünferregel wolle die Regierung daran erinnern, dass die Corona-Pandemie nicht vorbei sei, begründete Grimm-Benne. "Wir wollen, dass sich im Alltag nur fünf Personen treffen." Man habe lange um die viel geforderte Lockerung für Familienfeiern gerungen, weil Corona-Ausbrüche in der Vergangenheit oft auf solche Feiern zurückzuführen gewesen seien. Doch falls das passiere, könnten 20 Kontaktpersonen gut von den zuständigen Behörden nachverfolgt werden, so Grimm-Benne.

KITAS: Ab 2. Juni kann jedes Kind in Sachsen-Anhalt in seine Kita, seinen Hort oder seine Krippe zurück. Die Erzieher sollen die Kinder dabei möglichst viel draußen betreuen und feste Gruppen bilden. Draußen sei das Infektionsrisiko geringer, sagte Grimm-Benne. Die festen Gruppen sollen verhindern, dass bei einem Ausbruch die ganze Kita geschlossen werden muss. Einschränkungen wie feste Betreuungszeiten oder eine täglich abwechselnde Betreuung schreibt die Regierung anders als in anderen Bundesländern in Sachsen-Anhalt ausdrücklich nicht vor. Die Eltern sollen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder ab dem 2. Juni wieder betreut werden.

SCHULEN: Nach den Pfingstferien, also ebenfalls ab 2. Juni, startet der Unterricht für alle Jahrgänge im neuen Corona-Modus: Die Klassen werden aufgeteilt und lernen abwechselnd mit ihren Lehrerinnen und Lehrern vor Ort oder mit Aufgaben zuhause. Damit die Betreuung der Kinder gesichert ist, soll es in den Grundschulen zwischen dem 8. und dem 15. Juni auch wieder eine gesicherte Hortbetreuung geben. Unklar sei bisher noch, wie viele Pädagoginnen und Pädagogen dafür tatsächlich zur Verfügung stünden und wie viele mit Attest zuhause blieben, weil sie zur Corona-Risikogruppe gehörten, sagte Haseloff. Zudem bekommen die Schulen dank eines Bundesprogramms digitale Technik wie Tablets und Notebooks im Wert von 15 Millionen Euro, um sie für den Heimunterricht an Schülerinnen und Schüler zu verleihen.

KULTUR: In normalen Jahren würden sich viele Theater zeitnah in die Sommerpause verabschieden, doch nach der wochenlangen Corona-Zwangspause dürfen die Kulturangebote am 28. Mai stattdessen jetzt wieder spielen: Theater, Opern-, Konzert- und Literaturhäuser dürften wieder öffnen, kündigte Kulturminister Rainer Robra (CDU) per Mitteilung an. "Mit Vorsicht und Umsicht, mit speziellen Angeboten, auf die sie sich schon seit Wochen vorbereitet haben." Dabei müssten Abstandsregeln und Hygienekonzepte beachtet werden, hieß es. Und auch die Filmfans können aufatmen: "Kinos sollen den Autokinos wieder Konkurrenz machen dürfen", ergänzte Ministerin Grimm-Benne.

GASTRONOMIE: Auch Kneipen und Bars dürfen ab 28. Mai wieder öffnen - jedenfalls wenn sie Tische zum Bewirten haben. Grimm-Benne regte an, dass die Kommunen den Wirten auch genehmigen könnten, draußen zusätzliche Stühle und Tische aufzustellen, um mehr Plätze zu schaffen. Ansonsten gelten für Bars und Kneipen die gleichen Regeln wie für Gaststätten: Tischabstand, Mundschutz für das Personal, ein eigenes Hygienekonzept und eine Kontaktliste der bewirteten Gäste.

SPORT: Alle Sportstätten dürfen wieder öffnen, drinnen und draußen. So fasste es Ministerin Grimm-Benne zusammen. Heißt: Ab 28. Mai kann verspätet die Freibadsaison starten, Fitness- und Sportstudios können wieder öffnen. Dabei dürfen auch Umkleiden und Gemeinschaftsduschen wieder geöffnet werden. Wenige Ausnahmen gibt es: Kontaktsportarten wie Ringen und Boxen bleiben untersagt. Wettkämpfe und Zuschauer sind nicht erlaubt. Zudem darf eigentlich weiterhin nur in Kleingruppen von fünf Personen trainiert werden. Kommunen könnten jedoch gemeinsam mit dem Ordnungsamt Ausnahmen erlassen, ergänzte Grimm-Benne. Bei allen Indoor-Angeboten gelte vor allem eine Devise: "Lüften, lüften, lüften." Auch Rettungsschwimmer dürfen wieder trainieren.

NOCH WAS? Durchaus. Auch Spielbanken und Spielhallen sind ab Ende Mai wieder zugelassen. Alle privaten Bildungsangebote, inklusive Volkshochschule dürfen wieder ihre Pforten öffnen - mit den geltenden Einschränkungen. Zudem wird das Verbot aufgehoben, dass professionelle Kampfmittelbeseitiger in Städten nicht mehr nach alter Weltkriegsmunition suchen dürfen, wie Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) sagte. Diese Sondierungen sind vor Bauarbeiten Pflicht und sind untersagt, um im Falle eines Funds nicht Hunderte Menschen aus dem Sperrgebiet und ihren Wohnungen holen zu müssen - die ja eigentlich möglichst zuhause bleiben sollen.

WAS FEHLT: Es gebe einige Bereiche, die weiterhin geschlossen bleiben müssten, sagte Grimm-Benne. Verzichtet werden müsse weiterhin auf Club- und Discobesuche, Volksfeste und Jahrmärkte blieben ebenso untersagt wie Messen. Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Leuten sind bis Ende August verboten. Und auch Bordelle bleiben zu.