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Silvester Klinikärzte warnen vor Sprengsätzen

Polizei und Feuerwehren bereiten sich in Sachsen-Anhalt auf einsatzreichste Nacht des Jahres vor.

Von Matthias Fricke 29.12.2016, 00:01

Magdeburg l Immer häufiger fliegen in Sachsen-Anhalt Zigarettenautomaten in die Luft. Die Zahl dieser Sprengungen stieg nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) von 54 Fällen im Jahr 2014 auf inzwischen 127 bis Mitte Dezember dieses Jahres. In den meisten Fällen benutzten die Täter illegale Pyrotechnik.

Ähnlich sieht es auch bei den Fahrkartenautomaten aus. Hier stieg die Zahl von 9 Fällen im vergangenen Jahr auf 23 Fälle bis Dezember 2016. Insgesamt waren die Sprengstoffexperten des LKA in diesem Jahr mit Bezug auf Pyrotechnik 426-mal im Einsatz. 2008 hatten sie nur 43 solcher Einsätze.

„Auch die Sprengkraft illegaler Pyrotechnik wird größer“, sagt Andreas von Koß. Während in sogenannten Polenböllern früher nur 3 Gramm Blitzknallsatz verwendet wurde, sind es jetzt bei einigen bereits 150 Gramm. „Die haben schon die Wirkung einer Handgranate“, sagt er. Die Masse der verbotenen Pyrotechnik stammt aus osteuropäischen Ländern, immer öfter auch aus Spanien, Italien und Österreich. Auch der Internethandel mit solchen Böllern steigt stetig. Dies zumindest legen die zunehmenden Sicherstellungen bei den Paketdiensten nahe, so der LKA-Sprecher.

Die Auswirkungen bekommen auch die Notärzte zu spüren. Dr. Siri Hollenburg, Oberärztin in der Handchirurgie der Magdeburger Universitätsklinik: „Wir müssen bei jedem Jahreswechsel zwei bis fünf schwerstverletzte Hände behandeln. Dabei handelt es sich oft auch um Amputationsverletzungen, bei denen Finger und Hände so stark versprengt sind, dass sie oft nicht mehr gerettet werden können.“

Wenn Knaller direkt vor dem Auge explodieren, sind die Folgen ebenso verheerend. Ein zwölfjähriger Junge verlor im vergangenen Jahr sein Augenlicht trotz Notoperation, wie der Direktor der Uni-Augenklinik, Prof. Hagen Thieme, erklärte. Bei zwei Erwachsenen mussten ebenfalls die Augen notoperiert werden. Sie trugen einen dauerhaften Schaden davon.

Sichere Ware erkennt man am Siegel der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) mit den Klassifizierungen F1 bis F4 oder dem EU-Siegel „CE“. Die Klasse II darf nur von Erwachsenen vom 31. Dezember, 0 Uhr, bis zum 1. Januar, 24 Uhr, abgebrannt werden.

Feuerwerk der Klasse III oder IV darf nur von Feuerwerkern gezündet werden. In der Innenstadt von Wernigerode und Quedlinburg darf es wegen der Fachwerkbauten gar kein Feuerwerk geben. Das gilt auch vor allen Altersheimen, Fachwerkhäusern und Reetdachhäusern.

Die Polizei will in der Silvesternacht ihre Präsenz deutlich verstärken, so Beatrix Mertens von der Polizeidirektion Nord. Die Feuerwehren sind in Alarmbereitschaft, so der Chef des Landesfeuerwehrverbandes, Kai-Uwe Lohse. Die Zahl der Einsätze in der Silvesternacht sei um ein Vielfaches höher als sonst.