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Studie Altmark verliert den Anschluss

Einwohnerrückgang, schwächelnde Wirtschaft: Laut einer IW-Studie laufen 19 Regionen Gefahr, den Anschluss zu verlieren.

Von Massimo Rogacki 09.08.2019, 01:01

Magdeburg l Insbesondere die Altmark und die Region Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg sind gefährdet, bei ihrer Entwicklung den Anschluss zu verlieren. Das geht aus einer gestern veröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor. 96 Regionen in Deutschland haben die Autoren unter die Lupe genommen. Fasst man Wirtschaft, Demografie und Infrastruktur zusammen, zeigt sich besonderer Handlungsbedarf in der Altmark, in Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg und in den Ruhrgebietsregionen Emscher-Lippe und Duisburg/Essen.

IW-Direktor Michael Hüther rät den betroffenen Ländern, über Schuldenerlasse für die Kommunen nachzudenken, damit sie wieder handlungsfähig werden. Die Regionalpolitik müsse gegensteuern, um gesellschaftliche Spannungen und der drohenden Abwärtspirale entgegenzuwirken, empfehlen IW-Direktor Hüther und Studienmitautor Jens Südekum, Ökonom von der Universität Düsseldorf.

Karsten Ruth, Bürgermeister von Kalbe (Milde) im Altmarkkreis Salzwedel, sieht das ähnlich. Er fordert für Kommunen einen größeren Spielraum und mehr Vertrauen bei der Verwaltung von Mitteln. Unumgänglich sei zudem der zügige Breitbandausbau.

Die digitale Infrastruktur ist laut Studie ein zentrales Problem: In der Altmark und in der Region Magdeburg (besteht aus: Harz, Salzlandkreis, Magdeburg, Börde, Jerichower Land) sei sie unterentwickelt. Dramatisch sei die Situation im Jerichower Land und im Landkreis Börde. Weniger als 40 Prozent der Haushalte stehen 50 Mbit/s zur Verfügung. Laut Wirtschaftsministerium hat der Ausbau inzwischen merklich an Fahrt aufgenommen. Die Studie arbeite mit Zahlen von 2017.

Altmark und Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg sehen sich laut Studie zudem mit Einwohnerrückgang und steigendem Durchschnittsalter konfrontiert. Ein Demografie-Problem bescheinigen die Autoren vor allem ostdeutschen ländlichen Regionen.

Im Juli hatte der Bund in Aussicht gestellt, Mittel für strukturschwache Regionen bereitzustellen und überschuldete Kommunen von Altschulden zu befreien.

Der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Reint Gropp, forderte kürzlich erneut, man müsse sich vom Dogma der gleichwertigen Lebensverhältnisse verabschieden. Der Ökonom rät der Politik, Infrastrukturinvestitionen künftig auf die Großstädte und auf die Anbindung des Umlands an die urbanen Zentren zu konzentrieren.

Kay Senius, Chef der Arbeitsagenturen in Sachsen-Anhalt, hält diese Ansicht für gefährlich – und folgt der Empfehlung der IW-Studienautoren: Forderungen nach der Aufgabe des ländlichen Raumes beförderten die Abschottungshaltung der benachteiligten Regionen und gesellschaftliche Spannungen. Die Politik müsse an der Anschlussfähigkeit des ländlichen Raumes arbeiten. Statt in Ballungszentren müsse vor allem in die Attraktivität der Mittelzentren investiert werden, so Senius.