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Einkaufen rund um die Uhr Neue 24/7-Supermärkte begeistern auf dem Land - So funktioniert das Konzept

Selbstbedienungsläden von Ketten wie "Tante Enso" und "Mein Schopp" werden in Sachsen-Anhalt immer beliebter. Wie das Konzept funktioniert, zeigt ein Beispiel aus Burgkemnitz. Ist das die Zukunft für den Handel im ländlichen Raum?

Von dpa/DUR 17.07.2025, 06:30
„Unser Schopp“: Die Gründer Marius Schiel und Sandy Hoppert wollen weitere Läden in Sachsen-Anhalt eröffnen.
„Unser Schopp“: Die Gründer Marius Schiel und Sandy Hoppert wollen weitere Läden in Sachsen-Anhalt eröffnen. Foto: Sebastian Willnow/dpa

Burgkemnitz. - Der moderne Container hebt sich ab von den anderen Häusern im Dorf. Touristen halten spontan mit ihrem Fahrrad an, Einheimische kommen zielsicher mit Einkaufskorb. Der Personalausweis ist die Eintrittskarte in den kleinen Laden – einmal durch den Scanner ziehen, und die Tür geht auf.

Burgkemnitz, ein Ortsteil der Gemeinde Muldestausee (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) mit gut 800 Einwohnern, hat seit ein paar Monaten den Mini-Supermarkt „Unser Schopp“ – inklusive Kaffeeautomat, Sitzgelegenheiten und Kinderspielecke.

Etwa 1.600 Produkte auf einer Fläche von weniger als 80 Quadratmetern – von der Butter bis zum Toilettenpapier. „Wir müssen alles haben“, sagt „Unser Schopp“-Gründerin Sandy Hoppert, die das Projekt mit Marius Schiel initiiert hat. Welche Produkte den Burgkemnitzern fehlen, können sie an einer Wünschetafel im Laden notieren.

Der Personalausweis ist die Eintrittskarte in den kleinen 24/7-Laden - einmal durch den Scanner ziehen, und die Tür geht auf.
Der Personalausweis ist die Eintrittskarte in den kleinen 24/7-Laden - einmal durch den Scanner ziehen, und die Tür geht auf.
Foto: Sebastian Willnow/dpa

24/7 Selbstbedienungsladen in Burgkemnitz: So funktioniert das Einkaufen ohne Personal

In Burgkemnitz ist der Selbstbedienungsladen rund um die Uhr geöffnet. Bezahlt wird bargeldlos an einer Kasse, an der man die Produkte selbst scannt. An drei Tagen kommt als Unterstützung für zwei Stunden eine Rentnerin, die sich als Verkäuferin etwas dazuverdient.

Damit solche Einkaufskonzepte möglich werden, hat die schwarz-rot-gelbe Koalition in Sachsen-Anhalt das Ladenöffnungszeitengesetz geändert. Voll automatisierte Verkaufsstellen dürfen nun auch an Sonn- und Feiertagen sowie an Samstagen zwischen 20 und 24 Uhr öffnen, soweit für deren Betrieb an diesen Tagen keine Mitarbeiter eingesetzt werden. 

„Tante Enso“ eröffnet weitere Filialen in Sachsen-Anhalt

Nicht nur "Mein Schopp" nutzt die Möglichkeiten in Sachsen-Anhalt, auch der Anbieter "Tante Enso" hat in den vergangenen Monaten fünf solcher vollautomatisierten Verkaufsstellen eröffnet, zwei weitere Standorte entstehen gerade im Schachdorf Ströbeck und in Letzlingen.

Und es gebe weitere Anfragen, sagt eine Sprecherin. Voraussetzung ist bei dem Unternehmen, dass es zwischen 1.000 und 3.000 Einwohner gebe sowie keinen anderen Supermarkt im Umkreis von fünf Kilometern. Ähnlich sieht es bei "Unser Schopp" aus: Wir gehen nicht in Ortschaften, wo es einen bestehenden Einzelhandel gibt“, sagt Schiel.

Die Videoüberwachung soll Diebstähle im "Schopp" in Burgkemnitz verhindern.
Die Videoüberwachung soll Diebstähle im "Schopp" in Burgkemnitz verhindern.
Foto: Sebastian Willnow/dpa

Wie viele dieser 24-Stunden-Läden in den vergangenen Monaten entstanden sind, kann Sachsen-Anhalts Wirtschaftsministerium nicht beziffern. Klar ist allerdings: Sie könnten eine Lösung sein, wie Einkaufsmöglichkeiten auf dem Land erhalten werden oder neu entstehen. In Dörfern, in denen der letzte Tante-Emma-Laden schon vor Jahren dichtgemacht hat, weil sich das Geschäft einfach nicht mehr lohnte.

Lesen Sie auch: Personallose Dorfläden – Ist „Unser Schopp“ auch eine Option für Hakeborn und Etgersleben?

In den vollautomatisierten Geschäften, die nun entstehen, sind die Personalkosten deutlich geringer - deshalb kann sich das Geschäft wieder lohnen. An fünf weiteren Standorten will "Unser Schopp" in diesem Jahr einen solchen Laden eröffnen. 70 weitere Ortschaften hätten Interesse bekundet, sagt Schiel. Besonders groß ist sei die Nachfrage im Harz, wo der touristische Faktor hinzukomme.

Alternative auf dem Land: Politiker sehen Modell der 24/7-Läden positiv

In der Politik sieht man das Geschäftsmodell positiv: FDP-Fraktionschef Andreas Silbersack ist begeistert. „Da geht man gerne hin“, sagt er. Der Laden sei auch ein sozialer Treffpunkt. Silbersack lobt zudem, dass die Bürger die Ansiedlung mit privatem Kapital unterstützen und dann von der Beteiligung profitieren können. „Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl im Ort.“

„Diese neuen Ladenkonzepte stärken die Attraktivität unserer ländlichen Regionen maßgeblich“, sagt Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU). „Damit wird die wohnortnahe Versorgung gesichert, besonders mit Waren des täglichen Bedarfs für alle Einwohnerinnen und Einwohner im ländlichen Raum.“ 

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Geliefert werden die Waren in Burgkemnitz von einem Großhändler. Doch auch lokale Akteure sind dabei: Eine Floristin bietet Blumen an, eine Metzgerei diverse Fleischprodukte, ein Imker seinen Honig. Sie werden auf dem Laufenden gehalten, welche Produkte verkauft worden sind und können die Regale zeitnah auffüllen.

Keine Angestelllten in 24/7-Läden: Käufer scannen ihre Artikel selbst.
Keine Angestelllten in 24/7-Läden: Käufer scannen ihre Artikel selbst.
Foto: Sebastian Willnow/dpa

20-Euro-Abo macht’s möglich: So finanziert sich ein 24/7-Laden

Hoppert und Schiel setzen vor einer Entscheidung für einen Standort vor allem auf den Dialog mit den Einwohnern. Mit einem Abo-Modell soll dann Verbindlichkeit hergestellt werden: Einige Menschen verpflichten sich, beispielsweise 20 Euro im Monat zu zahlen. So wird vorab ein gewisser Wochenumsatz garantiert. Der Abo-Betrag wird bei den Einkäufen gegengerechnet.

Marius Schiel und Sandy Hoppert bieten im Containerladen etwa 1.600 Produkte an.
Marius Schiel und Sandy Hoppert bieten im Containerladen etwa 1.600 Produkte an.
Foto: Sebastian Willnow/dpa

„Das Feedback aus der Bevölkerung ist überragend gut“, sagt der Bürgermeister der Gemeinde Muldestausee, Ferid Giebler (parteilos). Jüngere wie ältere Menschen würden das Angebot nutzen, ebenso Durchreisende.

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In Burgkemnitz ist der Selbstbedienungsladen rund um die Uhr geöffnet.
In Burgkemnitz ist der Selbstbedienungsladen rund um die Uhr geöffnet.
Foto: Sebastian Willnow/dpa

Gründer Schiel geht davon aus, dass sein Modell für viele weitere Orte interessant ist. „In den letzten Jahren haben so viele Läden geschlossen, das Potenzial ist da“, sagt er. Und wenn es an einem Standort mal nicht funktioniert, ist er mit seinem Konzept flexibler als bei einem Investment in ein bestehendes Gebäude. „Dann kommt der Kran, und der Container wird woanders aufgebaut.“