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Thomas Lippmann Linke in Sachsen-Anhalt will Volkspartei sein

Thomas Lippmann ist seit Dienstag neuer Fraktionsvorsitzender der Linken im Magdeburger Landtag. Die Volksstimme sprach mit ihm.

Von Alexander Walter 19.11.2017, 02:00

Herr Lippmann, Ihr ehemaliger Fraktionschef Swen Knöchel ist nach massiver Kritik an seinem Führungsstil zurückgetreten. Was wollen Sie anders machen als er?

Thomas Lippmann: Wir richten den Blick nach vorn, nicht nach hinten. Durch die Neubesetzung verspricht sich die Fraktion dafür neue Impulse. In jedem Fall wollen wir uns mit Blick auf die nächsten Kommunal- und Landtagswahlen aktiver nach außen zeigen als bisher.

Sie sind nur drittstärkste Kraft im Landtag – hinter der AfD. Mit welchen Themen wollen Sie die Regierung unter Druck setzen?

Da gibt es eine ganze Reihe: Wir bekommen gerade eine Schulgesetznovelle, da liegen unsererseits umfangreiche Änderungsanträge vor. Wir haben zudem den Entwurf für ein komplett geändertes Kinderförderungsgesetz vorgelegt, mit dem Anspruch in die Beitragsfreiheit einzusteigen. In der nächsten Landtagssitzung fordern wir für die Finanzierung einen Nachtragshaushalt. Im Dezember stellen wir außerdem ein überarbeitetes Volksabstimmungsgesetz für mehr direkte Demokratie vor.

Beteiligungsmöglichkeiten gibt es mit Volksinitiativen oder Volksbegehren bereits einige ...

Ja, aber die reichen nicht aus. Wir wollen neue Elemente schaffen, zum Beispiel Einwohnerinitiativen. Außerdem möchten wir an vielen Stellen die Quoren senken, um Landtagsgremien einfacher mit Bürgeranliegen zu befassen. Unterschriftenaktionen sollen zudem von Amts wegen unterstützt werden.

Ihre Fraktion hat starke Persönlichkeiten. Sind die Differenzen mit der Personalie Swen Knöchel nun ausgeräumt?

Die Stimmung in der Fraktion ist gut, das zeigen die Vorstandswahlergebnisse. Bei Swen Knöchel war von Anfang an klar, dass er ein geachtetes Fraktionsmitglied bleibt. Wir wollen die gute Zusammenarbeit schnell fortsetzen, bis Jahresende sollte das gelingen.

Auf Bundesebene krachte es zuletzt zwischen Fraktions- und Parteispitze. Die Partei wirkte heillos zerstritten ...

Diese Auseinandersetzungen belasten natürlich die Arbeit auf Bundesebene und in den Ländern. Sie lenken von der Sachebene ab und sind schnellstmöglich zu klären.

Beim Streit ging es vor allem um den Kurs bei der Zuwanderung: Offene Grenzen oder Steuerung. Wo stehen Sie?

Es ist keine Lösung, Leute, die aus Not zu uns kommen, in ihr Land zurückzuschicken. Gesellschaften haben immer davon profitiert, wenn sie mit Wanderungsbewegungen produktiv umgingen. Wir wären weiter, wenn wir unsere Kraft auf Integration fokussieren, statt uns in Abwehrdiskussionen aufzureiben.

Das klingt jetzt eher nach offenen Grenzen ...

Das Gegenteil von geschlossenen Grenzen sind nicht gleich offene. Richtig ist aber: Asyl und Zuwanderung müssen vernünftig geregelt werden. Darüber müssen wir breit diskutieren.

Die Linke stürzte bei der letzten Landtagswahl von 23 auf 16 Prozent ab. Die AfD profitierte. Auch ein Ergebnis der Haltung in der Flüchtlingsfrage?

Die letzten Landtagswahlergebnisse waren auch der Instrumentalisierung der plötzlichen Zuwanderung geschuldet. Man erinnere sich: Bewegungen wie Pegida warnten damals vor dem ‚Untergang des Abendlandes‘. Bei der Bundestagswahl haben wir erste Korrekturen der Landesergebnisse erlebt – bei der Linken und der AfD.

Wohin wollen Sie die Linke steuern?

Wir wollen Volkspartei mit Regierungsoption sein. Solche Mehrheiten erreicht man aber nicht nur als Ost- und Protestpartei. Das Wichtigste: Wir müssen nah an den Problemen der Leute sein und offensiv für unsere Projekte werben.

Ziel bei der nächsten Landtagswahl ist eine Koalition mit der SPD?

Ja, ohne dieses Ziel wäre ich nicht für den Fraktionsvorsitz angetreten.

Wo müsste Ihnen die SPD denn noch entgegenkommen?

Wir brauchen eine bessere Ausfinanzierung öffentlicher Aufgaben wie Bildung und Kinderbetreuung. Ohne mehr Geld im öffentlichen Haushalt kann die Politik nicht gestalten.

Im Landtag haben Sie sich bislang vor allem in Bildungsfragen zu Wort gemeldet. Wird man hier in Zukunft weniger von Ihnen hören?

Das hoffen einige (lacht). Ich selbst will nicht weniger machen. Natürlich hängt das auch von der Regierungsarbeit ab. Wenn es so weiter geht wie bisher, bleibt mir nichts anderes übrig, als mich weiter intensiv mit der Bildungspolitik zu befassen.