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Box-Trainerlegende schwelgt vor Rückkehr ins "Wohnzimmer" von Sven Ottke in Erinnerungen an alte Zeiten. Von Janette Beck Ulli Wegner: Verliebt in Magdeburg

23.02.2013, 01:18

Wenn am 23. März Boxweltmeister Arthur Abraham zum Rematch gegen Lokalmatador Robert Stieglitz nach Magdeburg kommt, dann ist es für den Berliner ein Schritt in die "Höhle des Löwen". Für Abrahams Trainer Ulli Wegner ist es dagegen ein Heimspiel. Den 70-Jährigen verbindet mit Magdeburg eine große Liebe.

Magdeburg l Wenn Ulli Wegner an Magdeburg denkt, dann wird ihm sofort warm ums Herz. Die blauen Augen leuchten. "Ich freue mich riesig, wieder zu Hause zu sein", sagt der Coach und schwelgt in Erinnerungen an die gute, alte Zeit mit seinem Musterschüler Sven Ottke. Der Ex-Champion nannte die damalige Bördelandhalle sein "Wohnzimmer", und hier endete fast auf den Tag genau vor neun Jahren die Erfolgsära Ottke/Wegner.

"Immer wenn ich die Stadtgrenze erreiche, dann kribbelt es", beschreibt der 70-Jährige das wohlige Gefühl in der Magengegend. "Es ist irgendwie, als würde ich nach Hause kommen." Dass dieser Ort ausschließlich positiv besetzt ist, hat natürlich vor allem mit der Arbeit als Boxtrainer zu tun. Und mit Sven Ottke, der einst die Herzen der Magdeburger im Sturm erobert hat. Und die wiederum haben den "Svenni", der so locker, volksnah und normal daherkam, quasi als "Sohn der Stadt" adoptiert.

"Magdeburg, das war immer etwas ganz Besonderes, Beeindruckendes, Emotionales."

"Die Zeit mit ,Svenni\' hier in Magdeburg war einfach unglaublich", erinnert sich der in Stettin geborene Erfolgscoach im Volksstimme-Gespräch anlässlich des Rückkampfes Abraham/Stieglitz am 23. März. "Magdeburg, das war immer etwas ganz Besonderes, Beeindruckendes, Emotionales." Das Publikum sei hier fachlich sehr bewandert, findet Wegner, der auf über 40 erfolgreiche Trainerjahre zurückschauen kann. "Aber Hunderte Fans und ,Svenni-Svenni\'-Rufe schon beim Showtraining, stundenlanges Autogrammegeben - so etwas habe ich vorher und auch hinterher nie mehr erlebt", erklärt der Coach mit der charismatischen heiseren Stimme, der sechs Weltmeister und fünf Europameister als Profis zu Titelehren führte. "Nach kurzer Zeit war es dann ja wirklich so, dass es hieß: Sven Ottke boxt wieder in Magdeburg, und die Tickets waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Da hat es die Leute gar nicht interessiert, gegen wen er in den Ring steigt. Dass ein auswärtiger Boxer so angenommen wird und als ,einer von uns\' gefeiert wurde, das war schon sehr erstaunlich."

Achtmal boxte Ottke in seinem Magdeburger "Wohnzimmer". Alle diese Kämpfe fanden vor ausverkaufter Kulisse statt, und jedesmal verließ Ottke den Ring als Sieger. Am 27. März 2004 trat er in Magdeburg als ungeschlagener IBF-Weltmeister im Supermittelgewicht ab. 8000 Zuschauer in der ausverkauften Bördelandhalle waren untröstlich und spendeten Ovationen. Aber auch Wegner wurde für seine Verdienste reich beschenkt.

Allen voran natürlich von seinem "Svenni", zu dem Wegner nach wie vor ein "väterliches Verhältnis" hat . Alle zwei, drei Wochen telefonieren sie miteinander. "Er sagt immer ,Trainer - mein Champ\' zu mir, obwohl ich ihm als einzigen meiner ehemaligen Jungs das Du angeboten habe." Das blaue Cabrio, mit dem ihn Ottke nach seinem letzten Kampf in Magdeburg im Ring überrascht und zu Tränen gerührt hatte, steht gewienert in der heimischen Garage in Berlin-Tegel, wo der 70-Jährige seit 2004 mit seiner zweiten Ehefrau Margrit lebt.

"Den Z4 werde ich auch nie, nie weggeben oder verkaufen, das ist doch klar. Mensch, dass ein Athlet seinem Trainer ein Auto schenkt, wo gibt es denn so etwas!? Das ist etwas ganz Besonderes", werden die Augen des weißhaarigen Mannes, der nah am Wasser gebaut hat, wieder ein wenig feucht. "Im Sommer, wenn es schön warm ist, drehe ich wieder meine Runden."

Stolz ist der einstige Box-Amateur aber auch über die Ehre, die ihm Magdeburg erwiesen hat: "Zweimal war ich beim Oberbürgermeister eingeladen und ich durfte mich in das Goldene Buch der Stadt eingetragen. Das ist auch eine sehr große Ehre für mich", so Wegner, selbst Träger des Bundesverdienstkreuzes am Band.

"Hier habe ich meine erste große Liebe getroffen: Dorle. Sie war 20 und bildhübsch."

In Erinnerungen schwelgend, verrät Ulli Wegner dann auch noch ein lang gehütetes Geheimnis. Denn Magdeburg wärme noch aus einem anderen Grund sein Boxer-Herz: "Hier habe ich meine erste große Liebe getroffen: Dorle. Sie kam aus Staßfurt. Ich war 19, sie 20 und ein bildhübsches Mädchen. Gott, was war ich damals dolle verliebt." Irgendwann trennten sich die Wege wieder, "warum auch immer". Beide verloren sich aus den Augen. "Ich habe Dorle danach nie wiedergesehen, ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist ..."

Andere liebgewonnene Menschen und Rituale sind zum Glück geblieben. Und deswegen kann es Wegner kaum erwarten, sein Auto in drei Wochen wieder nach Magdeburg zu steuern. "Ich freue mich riesig auf die Woche in Magdeburg und die Zusammenarbeit mit SES-Promoter Ulf Steinforth. Er hat hier wirklich Großartiges geleistet und Magdeburg zur Box-Hochburg gemacht. Ich habe ihn stets als fairen Sportsmann kennen und schätzen gelernt."

Residieren werde er wie immer im Maritim-Hotel, verrät Wegner. "In der Piano-Bar habe ich meinen Stammplatz, da wird sicher wieder das eine oder andere Bierchen mit Freunden getrunken." Und dann werde er natürlich auch im Gasthaus Lindenweiler, bei Eckhard Meyer, einkehren. "Da spielen wir immer Skat. Mein Freund ,Ecki\' kann ja schon mal mit dem Karten-Mischen anfangen ..."