Innenminister legt Bericht für 2010 vor Verfassungsschutz: In der Altmark gibt es die meisten Rechtsextremisten
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat gestern den Verfassungsschutzbericht 2010 vorgestellt. Dabei sagte er, dass "eine standhafte Demokratie den Mut haben sollte, auch ehemalige NPD-Mitglieder in die Mitte der Gesellschaft zurückzuholen".
Magdeburg. Als Staatsanwalt habe er der Resozialisierung von Straftätern das Wort geredet, sagte Stahlknecht gestern. Heute, als Innenminister, sehe er das mit Blick auf einsichtige NPD-Mitglieder genauso. Dafür brauche man jedoch konkrete Konzepte.
Unbelehrbaren hingegen sagte der Minister den Kampf an: "Wenn sich jemand, der sich offensichtlich außerhalb unserer demokratischen Grundordnung bewegt, zur Kommunalwahl stellt, solchen Kandidaten muss der Wahlausschuss einen Riegel vorschieben." Es dürfe nicht sein, dass diese Menschen im Falle ihrer Wahl zum Bürgermeister oder Landrat zu Beamten auf Zeit ernannt würden. "Sie müssen einen Eid auf unser Land ablegen." Dieser Eid sei jedoch im Falle von Extremisten nichts wert.
Zu einem generellen NPD-Verbot äußerte sich der Minister dahingehend, dass es unlauter sei, ein NPD-Verbot zu fordern, ohne daran zu glauben. Ein Verbot nur aus Berechnung sei unseriös. "Ich habe gleich nach meinem Amtsantritt gesagt: Wir wollen ein Verbot prüfen und in spätestens eineinhalb Jahren mit dem Ergebnis an die Öffentlichkeit treten."
Der dafür eigens ins Leben gerufene Bereich beim Landesverfassungsschutz arbeite mit hoher Intensität an der Prüfung.
Verfassungsschutzchef Volker Limburg sagte, dass "glückliche Umstände" dazu geführt hätten, dass die NPD mit 4,6 Prozent der Stimmen nicht in den Landtag eingezogen sind. "Es wäre für unser Land und die Wahlen in Sachsen-Anhalt ein schlimmes Signal gewesen, wenn es die Rechtsextremisten geschafft hätten."
NPD-Kommunalisierung
Die Fusion von NPD und DVU sei nicht zustandegekommen, so Limburg, und die NPD habe ihre "Bindungswirkung zu den Neonazis verloren".
Aber er mahnte, dass niemand aus den Augen verlieren sollte, dass die NPD in 18 von 45 Wahlkreisen die Fünfprozenthürde übersprungen habe. Die "Kommunalisierung der Partei" schreite voran.
Allerdings sei die "Intellektualisierung" der rechtsextremistischen Partei gescheitert. So habe sich der "Bildungskreis der Jungen Nationalen" (NPD-Nachwuchsorganisation) aufgelöst.
Außerst kritisch sieht Stahlknecht die immer mehr eskalierende Gewalt zwischen Links- und Rechtsextremisten. Veranstaltungen beider Seiten würden vom "Gegner" immer häufiger genutzt, um mit großer Brutalität vorzugehen. Immer öfter werde die Polizei zur Zielscheibe.
Einen detaillierten Einblick gibt der Verfassungsschutzbericht auch in die extremistischen Strukturen der Regionen Sachsen-Anhalts. So steht die Altmark mit 120 Mitgliedern der rechtsextremistischen Szene an der Spitze. Besonders aktiv in Gardelegen, Klötze und Salzwedel im Altmarkkreis Salzwedel ist die lose Gruppierung "Freie Nationalisten Altmark-West". Im Kreis Stendal agiert ein Zusammenschluss "Autonome Nationalisten Stendal".
70 bis 80 gewaltbereite Rechtsextremisten gibt es im Jerichower Land, 60 im Saalekreis, 50 in Magdeburg. Je 30 bis 40 Rechtsextremisten werden Gruppierungen im Salzland- und Bördekreis zugeordnet. Meinung