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Verkehrswesen Ein Leben für die Autobahn

Christoph Krelle ist Sachsen-Anhalts Bereichsleiter der Landesstraßenbaubehörde und erinnert sich an den problemlosen Bau der Autobahn 14.

21.05.2018, 08:17

Halle (dpa) l Christoph Krelle ist ein fröhlicher Mensch, ein verschmitztes Lächeln sein Markenzeichen. Dass er seine Arbeit liebt, ist ihm anzusehen. Nur etwas treibt ihm die Zornesröte ins Gesicht. Wenn Kraftfahrer ihren Frust an "seinen Leuten" auslassen. Als Fachbereichsleiter der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalts ist er Chef von rund 150 Mitarbeitern. Unterhaltung, Grünpflege, Beschilderung, Winterdienst – alles was an den Autobahnen im Land zu machen ist, zählt zu den Aufgaben seines Bereichs Betrieb und Verkehr.

"Autobahnen sind ein Spiegel der Gesellschaft. Die Aggressivität hat in den zurückliegenden Jahrzehnten exponentiell zugenommen", bedauert Krelle. Viele brächten die Leute in Orange, die ihre Arbeit machen, in Rage. Beschimpfungen an Baustellen, Hupkonzerte und gefährliche Überholmanöver gehörten zum Alltag. "Man erlebt schon Abartiges", schüttelt Krelle den Kopf. Es komme vor, dass Urinbeutel aus den LKW auf Straßenwärter fliegen. Dabei gehe es ihm und seinem Team einzig und allein darum, den Menschen eine bequeme und vor allem sichere Fahrt zu ermöglichen.

Rund 70 Millionen Euro gibt das Land Sachsen-Anhalt jährlich für den Erhalt und 12 Millionen Euro für die Unterhaltung seiner knapp 470 Autobahnkilometer aus. Wegen der enormen Verkehrsbelastung müsse immer wieder ausgebessert und saniert werden. Heute rollen allein auf dem A2-Abschnitt im Land täglich rund 80.000 Fahrzeuge. Ein Viertel davon sind Laster. "Jeder Brummi verursacht die gleichen Schäden wie 30.000 PKW", weiß der Experte. Dass an den Strecken immer wieder gearbeitet wird und zuweilen Sperrungen fällig sind, sei unvermeidbar. Jeder Hausbesitzer wisse: Fertig wird man mit einem größeren Bau nie.

Christoph Krelle ist Straßenbauer mit Leib und Seele. Das Thema Verkehrswesen liegt bei ihm in der Familie. Sein Vater war Lokführer, die Tochter arbeitet als Projektplanerin für die Bahn. Dass ausgerechnet er sich dem Straßenbau verschrieben hat, liegt an den Zufällen des Lebens. In den 1970er Jahren wurden in der DDR Straßenbauer gebraucht. Und so absolvierte er ein Ingenieurstudium an der Hochschule für Verkehrswesen in Dresden.

Gleich seine erste Baustelle war ein echtes Highlight: Die Vollendung des Berliner Autobahnrings zwischen Falkensee und dem Kreuz Havelland im Jahr 1978. Vier Jahre später durfte er als Bauleiter die Transitstrecke Berlin-Hamburg mit errichten, natürlich nur die Abschnitte auf DDR-Gebiet. Dennoch fühlten sich die Ost-Bauleute ein wenig wie im Westen. Materialknappheit spielte keine Rolle und die Technik war optimal. Später musste der Hallenser als Abteilungsleiter "Eigenleistungen" in der Zentrale wieder den Mangel verwalten. Die VEB Autobahndirektion, zuständig für das gesamte, knapp 500 Kilometer lange Autobahnnetz der DDR, hatte ihren Sitz in der Saalestadt.

Dann kam die Wende und mit ihr kamen neue Herausforderungen. Für den Straßenbau im Osten brachen goldene Zeiten an. Doch zunächst ging auf vielen Pisten oft nichts mehr. Auf der A2 reichte der Stau manchmal von Helmstedt bis nach (West-)Berlin. Die zweispurige Strecke war hoffnungslos überlastet und in schlechtem Zustand. Gebaut wurde bei laufendem Betrieb. Mehr als "Aufpeppen" war aber zunächst nicht möglich. Der grundhafte Ausbau und die Erweiterung auf sechs Fahrstreifen waren erst ein paar Jahre später dran.

An ein Projekt erinnert sich der Autobahnexperte besonders gern. Der Bau der A14 von Halle nach Magdeburg sei "wie geschnitten Brot" gelaufen, sagt er. Damals habe noch der Pioniergeist der 1990er Jahre geherrscht und die Bürokratie sei noch nicht so ausgeprägt gewesen. Das "Verkehrswegebeschleunigungsgesetz" habe zudem bei Planungen in den Neuen Ländern den Rechtsweg verkürzt. Viele Kollegen in den alten Bundesländern hätten damals neidisch geschaut, was im Osten alles ging. Heute sei auch hier der bundesdeutsche Alltag eingezogen.

Autobahnplanungen würden immer komplizierter und langwieriger. Gern hätte Krelle die Fertigstellung der A14-Nordverlängerung und der A143 (Westumfahrung Halle) noch in Amt und Würden erlebt. "Mit diesen beiden Strecken ist Sachsen-Anhalts Autobahnnetz komplett", sagt er. Bis dahin wird es aber noch ein paar Jahre dauern. Für ihn ist Ende Juni Schluss. Er freut sich auf den Ruhestand und die Zeit, all das zu machen, was bisher liegen blieb. Haus und Garten, reisen mit dem Wohnmobil. Er geht nach 41 Berufsjahren mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Sein Herz bleibe bei der Autobahn, sagt Christoph Krelle. Bereut habe er seinen Lebensweg nie. "Ich habe zu 100 Prozent meinen Traumberuf erwischt. Volltreffer!", lächelt der 64-Jährige verschmitzt.