Burger Geschäftsmann ist seit 2009 verschwunden, seine Ex-Frau kämpft um Kapital für einen Neuanfang. Von Bernd Kaufholz Vermisstenfall Diemling: Mann weg, Geld weg
Am 2. September 2009 hat Kerstin Diemling ihren Mann als vermisst gemeldet. Bis heute ist der bekannte Burger Unternehmer verschwunden. Zu den Seelenschmerzen und zur Unsicherheit gesellten sich seitdem finanzielle Probleme.
Burg l Kerstin Diemling kann sich noch ganz genau daran erinnern, wie die ganze Sache vor zweieinhalb Jahren begann: "Andy wollte nach Rumänien. Seine BRB Baustoff Recycling und Verwertungsunion-Firma, die sich hauptsächlich mit Brückenabriss beschäftigte, hatte dort Geschäftspartner. Am 31. August 2009 war er mit seinem Nissan ,Navara\' losgefahren."
Gegen 16.45 Uhr habe bei ihr das Telefon geklingelt. Am anderen Ende sei der 45-Jährige gewesen: "Mein Schatz, ich mach mich jetzt auf den Weg."
Als sie einen Tag später Bekannte anriefen und ihr mitteilten, dass sie André telefonisch nicht erreichen können, habe sie sich noch keine Gedanken gemacht. "Ich wusste, dass die Verbindung auf dem Weg in den Osten so schlecht ist, dass telefonieren schwierig war."
"Ich kann mir die ganze Sache bis heute nicht erklären"
Erst am 2. September, als der Unternehmer immer noch kein Lebenszeichen von sich gegeben hatte und nicht erreichbar war, ging Kerstin Diemling zur Polizei. Im Burger Revier meldete sie ihren Ehemann als vermisst. Die Polizei gab eine Öffentlichkeitsfahndung heraus.
"Ich kann mir die ganze Sache bis heute nicht erklären", erzählt die 45-Jährige kopfschüttelnd in der Kanzlei ihrer Magdeburger Anwältin. "Wir haben eine gute Ehe geführt. Natürlich gab\'s auch mal Streit. Aber das ist ja wohl nichts Besonderes."
Die Polizei ermittelte und schloss vorerst ein Verbrechen nicht aus. "Die Firma lief", ist sich Kerstin Diemling, die im Büro der Firma mitgeholfen hatte, sicher. "Ich habe dann festgestellt, dass Andy bereits im März seine Lebensversicherung mit 65000 Euro beliehen hat." Außerdem habe er Außenstände in Höhe von einer halben Million Euro gehabt. Entgelt für Arbeiten, die BRB in Rumänien geleistet habe. Ein Gericht habe die Ansprüche bestätigt und einen sogenannten Titel, der zur Pfändung des ausländischen Schuldners berechtigte, erlassen.
Die Auswertung der Handyverbindung durch die Polizei ergab, dass sich André Diemling bei seinem letzten Anruf südlich des Berliner Rings befunden hat. Danach war Funkstille.
Die Ermittlungen brachten ans Tageslicht, dass der Vermisste nicht Richtung Rumänien unterwegs, sondern über Polen in die Ukraine eingereist war. Die Polizei legte den Fall zu den Akten. Der Verbrechensverdacht hatte sich nicht erhärtet. Diemling war nicht krank und über 18. Suizidgefahr lag ebenfalls nicht vor. Der Vermisste habe lediglich - wie es im Polizeideutsch heißt - "sein Lebensumfeld gewechselt".
Doch die Ehefrau wollte sich mit dem Ergebnis der polizeilichen Recherchen nicht zufriedengeben. Sie engagierte eine der bekanntesten deutschen Detekteien, TUDOR in Frankfurt/Main.
Aber das Geld, das sie investiert hatte, sei in den Sand gesetzt, sagt sie heute: "Das Ergebnis war fast null. Ich habe nur gehört, dass ich mir keine Sorgen machen soll. Das war einfach nur gruselig."
Im Mai 2011 ließ sich Kerstin Diemling "in Abwesenheit" scheiden. Ein Verfahren, das in Deutschland möglich ist, wenn sich einer der Ehepartner ins Ausland abgesetzt hat.
Doch bereits vor der juristischen Trennung war es für die Frau des Burger Unternehmers "noch viel dicker" gekommen. Die Magdeburger Rechtsanwältin Sabine Henkel, von der Kerstin Diemling vertreten wird, kennt die Sorgen ihrer Mandantin: "Es gibt große Probleme mit dem familiären Umfeld von Frau Diemling. Menschen, denen sie tief vertraut hat, haben ihr übel mitgespielt. Mit dem Ergebnis, dass sie inzwischen aus dem Haus ausziehen musste und beinahe mittellos dasteht - und das nach 25 Jahren Ehe."
Dabei liege es nicht an den vorhandenen Werten. Davon gebe es genug. So rund zehn unbelastete Grundstücke, einen Fuhrpark mit edlen Autos und nicht zuletzt eine wertvolle Sammlung, die 41 Waffen umfasst und zu der sogar zwei komplette Panzer gehören. Allein der Gesamtwert der Sammlung betrüge etwa 180000 Euro. Doch ihr Umfeld habe es mit vielerlei juristischen Schachzügen verstanden, sie auszubooten. Sowohl die Firma betreffend als auch familienrechtlich gebe es eine Flut von Prozessen.
"Es bleibt aber immer noch eine stattliche Summe übrig"
"Uns geht es letztlich um den Zugewinnausgleich", sagt Familienrechtlerin Henkel. "Also um die Hälfte des Vermögens, das in der Ehe erwirtschaftet wurde." Stichtag sei der 3. Oktober 1990 gewesen. "Meine Mandantin und ihr Ehemann haben damals bei null angefangen", so die Rechtsanwältin. Berechnet habe sie den "Zugewinn" aus dem in der Ehe angesparten Vermögen.
"Natürlich kennt meine Mandantin den finanziellen Stand der Ehegemeinschaft zum Zeitpunkt der Scheidung." Und der Abwesenheitspfleger für das Vermögen habe die Verbindlichkeit dagegengerechnet. "Es bleibt aus unserer Sicht allerdings immer noch eine stattliche Summe übrig, die meiner Mandantin einen finanziellen Neustart ins Leben gewährleisten würde", sagt Henkel.
Wahrscheinlich im Juni wird der Fall von einem Familienrichter des Amtsgerichts Magdeburg verhandelt werden. "Ich hoffe auf ein gerechtes Urteil", sagt Kerstin Diemling.
Die Frau, die es trotz der Schicksalsschläge geschafft hat, wieder ins Leben zurückzufinden, absolviert eine Ausbildung zur Hundetrainerin. Und auch privat stimmt es wieder bei der 45-Jährigen. Sie hat einen neuen Partner gefunden.