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Gefragte Duftkerzen aus Darlingerode „Waldbaden“ für Zuhause

Die Harzerinnen Nadine Chall und Doreen Sieboth stellen Duftkerzen her und haben in der Adventszeit Hochsaison.

Von Bernd Kaufholz 07.12.2023, 06:00
Nadine Hall (l.) und Doreen Sieboth in ihrer Harzer "Hexenküche" beim Herstellen von Duftkerzen.
Nadine Hall (l.) und Doreen Sieboth in ihrer Harzer "Hexenküche" beim Herstellen von Duftkerzen. Kaufholz

Darlingerode - Die Hütte neben dem Wohnhaus von Doreen Sieboth als Hort der Entspannung und des gemütlichen Beisammenseins bei Kerzenschein geplant. Doch inzwischen verbringen Doreen Sieboth und Nadine Chall einen großen Teil ihrer Freizeit dort. In der Zweifrauen-GbR spielen Kerzen allerdings auch eine große Rolle. Denn seit drei Jahren gießen die 47 Jahre alten Harzerinnen, die sich schon seit dem Kindergarten kennen, gemeinsam Duftkerzen und vermarkten diese bundesweit.

Entspannt und beruhigt

„Es war der Gedanke, dass die Düfte des Waldes – der Natur insgesamt - beruhigend und entspannend wirken“, blickt Nadine Chall, die im Hauptberuf als Marketingfrau eines großen Betriebes arbeitet, auf den Beginn ihres kreativen Nebenjobs zurück. Auch die Tatsache, dass es um den Harzwald von Jahr zu Jahr schlechter bestellt sei („Als Kinder waren wir am Ortsrand gleich im Wald und heute ...?“) habe eine Rolle bei ihren Überlegungen gespielt.

Vorausgegangen sei bei den Fans des leuchtenden Wohlgeruchs zudem die Erkenntnis, dass viele der herkömmlichen industriellen Duftkerzen kein besonders gutes Aroma haben. „Außerdem sind die meisten nicht sehr umweltfreundlich und trotzdem recht teuer“, sagt Nadine Chall. Die Philosophie ihres Mini-Unternehmens sei, „das Waldbaden nach Hause zu holen“. Besonders für jene Menschen, die nicht unmittelbar am Wald wohnen“, beschreibt Doreen Sieboth.

Weihnachtszeit ist Kerzenzeit.
Weihnachtszeit ist Kerzenzeit.
In my Tree

Die Harzerinnen machten sich im Internet schlau und stellten fest: „So schwer ist es gar nicht, Duftkerzen herzustellen – auf die Zutaten kommt es an!“

„Als es darum ging, einen Namen für unsere GbR zu finden, haben wir uns überlegt, dass es etwas Eingängiges mit Natur und Bäumen zu tun haben müsste“, sagt Nadine Chall. „Und da wir beide Fans der US-amerikanische Rockband ,Pearl Jam’ sind, fiel uns spontan deren Titel ,In my Tree’ (In meinem Baum) ein.“

Doreen Sieboth schüttet aus einem 20-Kilo-Sack fingernagelgroße Raps-Wachs-Pastillen in einen Kocher. Nach einer Stunde haben 80 Grad Celsius das Wachs verflüssigt. „Zuerst haben wir mit Soja-Wachs experimentiert“, erinnert sich Doreen Sieboth. „Doch das haben wir dann nicht weiterverfolgt. Wir wollten einfach nicht, dass der Grundstoff per Flugzeug von einem Kontinent zum anderen transportiert wird“, ergänzt Nadine Chall. „Der Raps-Grundstoff kommt zwar nicht aus Sachsen-Anhalt – was uns am liebsten wäre – aber zumindest aus Deutschland und ein weiterer Vorteil: Raps-Wachs verbrennt nicht so schnell.“

Kein Hobby mehr allein

Das Duo probierte verschiedene ätherische Öle mit hoher Konzentration an Terpenen (flüchtige organische Substanzen, die seit dem Altertum aus zahlreichen Pflanzen, wie Eukalyptus, Pfefferminz, Lemongras, Zitronenbaum und Thymian, gewonnen werden) als Duftstoffe aus. Und durch diese „Learning by Doing“ fanden die Darlingeröderinnen nach und nach 20 Öle heraus, die sie in unterschiedlichen Kombinationen dem natürlichen Grundstoff zusetzen.

Doreen Sieboth, die in einem Wernigeröder Bio-Restaurant arbeitet, vermischt in einem braunen 180-Milliliter-Glas das Aroma von balsamischen Wacholderbeeren, fruchtiger Mandarine und Zitrone sowie süßem Palmarosa- (schilfartiges, aromatisches Gras).

Ein Holzdocht wird in die flüssige Masse gesteckt und mit einer herkömmlichen Wäscheklammer befestigt. Nach einer Stunde ist die fruchtig-waldige Duftkerze „Early Bird“ (Früher Vogel) ausgehärtet. Insgesamt bietet die GbR acht Kerzen in drei Gläsergrößen an. Und jede der beiden Frauen hat ihren ganz persönlichen Favoriten.

„Ich mag den holzig-blumigen Geruch von ,Rosmary’s Cabin’ (waldige Zeder kombiniert mit Bergamotte und Rosengeranie) sehr.“ Und ihre Freundin und Geschäftspartnerin steht auf „Mountain Glow“ (Fichtennadeln, Harz des Weihrauchbaums und Orange).

Die Produkte sind schadstofffrei, vegan und nachhaltig, ihre Kerzen zertifiziert. Als Biokerzen können sie die brennenden Duftspender allerdings nicht anbieten. „Die dazu benötigten Zutaten, zum Beispiel das Raps-Wachs – würde die Kerzen so verteuern, dass wir kaum noch Abnehmer finden würden“, so Nadine Chall.

Die Kunden, die online ordern, kommen vornehmlich aus Gegenden mit Waldmangel. So aus Hamburg. Aber auch aus Süddeutschland treffen Groß- und Einzelbestellungen ein. „Natürlich gibt es unsere Kerzen auch in unserer Gegend: In einigen gewerblichen Hofläden ebenso wie an der Rappbodetalsperre, in Braunlage und in Wernigerode.“ Adventszeit ist Hochzeit für die Harzerinnen, die ihr Nebenjob schon längst kein reines Hobby mehr ist. Zurzeit gießen sie bis zu 20 Stunden die Woche Duftkerzen.