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Walker-Prozess Berufungsverfahren gegen Todesfahrer

Ein Lkw-Fahrer überfuhr drei Frauen in Hohendodeleben und wurde wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Nun wird der Fall erneut verhandelt.

Von Matthias Fricke 11.04.2018, 14:39

Magdeburg l Der erste Verhandlungstag im Berufungsprozess am Magdeburger Landgericht gegen den 65-jährigen Lkw-Fahrer, der am 4. Juni 2016 drei Nordic Walkerinnen zwischen Hohendodeleben und Magdeburg überfahren und zwei von ihnen getötet hat, ist gestern bereits nach einer Stunde abgebrochen worden. Der Grund: Richter Michael Koch legte den Angehörigen als Nebenkläger nahe, die Berufung zurückzuziehen. Er dämpfte die Erwartungen der Hinterbliebenen, die das Urteil des Amtsgerichtes Oschersleben vom 20. Juni 2017 als zu milde angesehen haben. Der Rentner war damals zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten wegen zweifacher fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt worden. Diese wurde aber zur Bewährung ausgesetzt.

Rechtsanwalt Tobias Ellrott legte für die sechs Nebenkläger Berufung ein. Er erklärte, dass nicht ausreichend bei der Urteilsfindung berücksichtigt wurde, dass der Lkw-Fahrer damals aus gesundheitlichen Gründen gar nicht mehr hätte fahren dürfen. Er nahm Tabletten gegen Diabetes und eine Epilepsie-Erkrankung. Aus diesem Grund sei nicht von Fahrlässigkeit, sondern einem gewissen Vorsatz auszugehen. Der Nachweis dafür ist allerdings schwer, weil der Angeklagte seine Ärzte schon im ersten Prozess nicht von der Schweigepflicht entbinden wollte.

Er hat das Recht dazu. Da sich der Hohendodeleber auch gestern zum Prozess­auftakt erneut nicht zu den Vorwürfen äußerte, richtete sich der Vorsitzende der 6. Kleinen Strafkammer und Vizepräsident des Landgerichtes an die Angehörigen: „Wenn es keine neuen Erkenntnisse gibt, wird nichts anderes als eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung herauskommen. Die Beweisaufnahme ist damals mit einem sehr feinen Kamm geführt worden." Außerdem habe er „nur selten so ein detailliertes Urteil gelesen".

Der Richter habe Verständnis für den Schmerz der Angehörigen, der durch den Schuldspruch nicht gemindert werden könne. Er empfahl, zu überdenken, ob alle Zeugen noch einmal in einem neuen Prozess mit möglicherweise ähnlichem Ausgang das Erlebte schildern müssen.

Der Vater einer der Toten, Bert-Ulrich Prosovsky: „Das ist alles schwer zu ertragen. Wir haben bis heute keine Entschuldigung erhalten." Die Angehörigen sollen nun beraten, wie es weiter gehen soll. Der Prozess wird am 25. April fortgesetzt.