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Bundestraße 6 Wegen Kröten 20 Prozent teurer

25.000 Kröten machen die den Weiterbau der Bundesstraße 6 jetzt 10 Millionen teurer. Über 100 kleine Tunnel sind nötig.

Von Jens Schmidt 27.07.2016, 01:01

Magdeburg l Als Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im vorigen Jahr ins Anhaltische kam, war die Freude groß: Im Gepäck hatte er auch die Finanzierungszusage für die Vollendung der Schnellstraße B 6. Für 50 Millionen Euro lässt der Bund die 15 Kilomter lange Lücke zwischen Köthen und Thurland bei Dessau-Roßlau schließen. 2018 wäre die mal vier-, mal dreispurige Trasse dann vom Harz bis zur Autobahn 9 durchgängig befahrbar. Doch die 50 Millionen werden nicht reichen. Etwa zehn Millionen Euro werden schätzungsweise dazukommen.

Die Naturschutzbehörde des Landkreises schlug nämlich Krötenalarm. Bei den vorbereitenden Arbeiten fiel auf, dass Tausende Tiere genau jenes Areal queren, in dem die neue Straße entstehen soll. „Im Planverfahren vor einigen Jahren war das niemandem aufgefallen“, sagt Jörg Przesang vom Verkehrsministerium. Gestiegene Grundwasserstände und feuchtere Böden könnten eine Ursache für den plötzlichen Ansturm der Lurche sein. Darunter sind auch Knoblauch-, Erd- und Wechselkröte: alles streng geschützte Arten. Gut 25 000 dieser Tiere wurden gezählt, die von Nord nach Süd das Terrain wechseln.

„Wir müssen umplanen“, sagt Uwe Langkammer, Chef der Landesstraßenbaubehörde. Ein gut fünf Kilometer langes Stück und mithin ein Drittel der Trasse wird nun anderthalb Meter höher in die Landschaft gesetzt als ursprünglich vorgesehen. So schaffen die Planer Platz für Tunnel, damit die Tiere die dreispurige Piste gefahrlos unterqueren können. Über eine dreispurige Schnellstraße kann man schlecht Kröten in Eimern tragen.

Liegt die Straße höher, müssen auch Brücken wachsen: Vier dieser Bauwerke sind betroffen.

Die restlichen zehn Kilometer Strecke liegen topografisch bedingt bereits genügend hoch über den umliegenden Äckern, so dass Platz für die Tunnel ist.Alle 75 bis 200 Meter werden Querungen eingebaut. Ingesamt mehr als 100 Stück. Wird die Straße überhaupt noch bis 2018 fertig? „Wir streben das weiter an“, sagt Langkammer.

Umweltschutz-Arbeiten werden im Straßenbau immer aufwendiger. Beispiel A 14. Für das acht Kilometer lange Stück zwischen Colbitz und Tangerhütte wurde vorige Woche die Baugenehmigung erteilt; aber erst 2018 startet der eigentliche Fahrbahnbau. Hier ein Auszug aus der Liste der Naturschutzauflagen:

● Aufwertung von Feuchtgebieten: Angelegt werden vier Teiche (300, 1000, 1250 und 3200 Quadratmeter groß) und fünf Erdwälle. Schwimmpflanzen werden gesetzt sowie Bäume und Hecken gepflanzt.

● Zwei Brücken, die über die Autobahn gehen, werden aufwendig bepflanzt, damit Tiere die Querung annehmen.

● Auf 25 Hektar sind 75 Fledermauskästen aufzuhängen.

● Ein alter Bunker wird zum Winterquartier für Fledermäuse umgebaut.

 

Wie geht es mit den anderen Ortsumfahrungen weiter?

Halberstadt, B 79: Im vorigen Jahr wurden die 33 Millionen Euro Baukosten für die 7 Kilometer lange Umgehungsstraße bewilligt. Derzeit graben die Archäologen, außerdem werden Leitungen umverlegt. Im Frühjahr 2017 startet der Brückenbau, ab dem Sommer folgt die Fahrbahn. Ende 2018 soll der Verkehr rollen. So werden Halberstadt und Harsleben vom Lkw-Verkehr des Gewerbegebiets entlastet. Die neue Straße ist auch für Autofahrer aus dem Norden wichtig, die über Magdeburg und Egeln in Richtung B 6 und den Harz wollen.

Oebisfelde, B 188: Der Bau des fehlenden Drei-Kilometer-Abschnitts ist genehmigt. Nun wartet das Land noch auf die Geldzusage aus Berlin. 2019 soll die Umfahrung komplett sein. Die B 188 (Stendal-Gardelegen-Wolgsburg) ist ein wichtiger Zubringer für Volkswagen, täglich nutzen sie Tausende Pendler. Die großen Umfahrungen um Gardelegen und Stendal sind seit längerem fertig. Weitere sollen folgen. Für Miesterhorst erfolgt die Genehmigung bis spätestens Anfang 2017. Ein weiterer Bypass um Jävenitz und Hottendorf wurde vom Bund in die ferne Zukunft geschoben - doch das letzte Wort ist über den neuen Bundesverkehrswegeplan noch nicht gesprochen.

Calbe: Die neue Landesstraße baut Sachsen-Anhalt in Eigenregie. Die gesamte Trasse Calbe-Brumby soll bis 2018 fertig sein – ein erstes Stück in Calbe wird am 10. August freigegeben. Für den regionalen Verkehr bietet die Straße künftig eine Alternative auf dem Weg nach Dessau: Über die A 14 bis Calbe und dann weiter über Aken in die Bauhausstadt.

Aschersleben, B 180: Wer auf der B 180 in Richtung Eisleben will, muss sich immer noch durch Aschersleben quälen. Die Umfahrung ist nur zum Teil fertig - gegen das letzte Stück klagen drei Landwirte. Das Verkehrsministerium hofft auf ein Urteil in diesem Jahr.