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Wittenberger Relief "Judensau" landet erneut vor Gericht

Das an der Wittenberger Stadtkirche angebrachte "Judensau"-Relief wird erneut vor Gericht verhandelt. Es geht um Beleidigung.

Von Bernd Kaufholz 10.12.2019, 14:47

Naumburg l Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts in Naumburg verhandelt am 21. Januar 2020 über den Antrag eines Mitglied der jüdischen Gemeinde, dass die Evangelische Stadtkirchengemeinde Wittenberg das unter dem Begriff "Judensau" bekannten Sandsteinreliefs von der Fassade der Stadtkirche zu entfernen. Außerdem soll festgestellt werden, dass das Sandsteinrelief den Tatbestand der Beleidigung erfülle.

Am südöstlichen Flügel der Stadtkirche Wittenberg befindet sich in etwa ier Meter Höhe ein Sandsteinrelief aus dem 13. Jahrhundert, das als Schmähplastik gegen die Angehörigen des jüdischen Glaubens erkenntlich ist. Seit dem Jahr 1570 trägt das Relief eine Inschrift, die auf eine drastisch kritische Auseinandersetzung Martin Luthers mit der jüdischen Theologie Bezug nimmt.

Als im Jahr 1983 die Stadtkirche renoviert wurde, entschied die Kirchengemeinde als Eigentümer des denkmalgeschützten Sakralbaus, das Sandsteinrelief an seinem Ort zu belassen. Im November 1988 weihte die Stadtkirchengemeinde unterhalb des Reliefs ein Mahnmal ein, das sich auf die Schmähplastik bezieht und die Wirkungsgeschichte des Antijudaismus und des Antisemitismus auf künstlerische Weise thematisiert.

Durch Urteil vom 24. Mai 2019 hat das Landgericht Dessau-Roßlau die Klage abgewiesen. Der Kläger könne die Beseitigung nicht verlangen, weil das Relief den Tatbestand der Beleidigung nicht erfülle. Es sei Bestandteil eines historischen Gebäudes und befinde sich nicht unkommentiert an der Mauer der Stadtkirche. Über das Mahnmal am Fuße der Kirche sei das Relief in eine Gedenkkultur eingebettet.