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WohnraumLand kämpft gegen schlimme Wohnzustände

Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt können künftig wirksam gegen unzumutbare Wohnungsbedingungen vorgehen.

Von Michael Bock 07.03.2018, 00:01

Magdeburg l Seit etlichen Monaten erreichen Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) immer wieder Beschwerden von Bewohnern des Stadtteils Neue Neustadt. Diese klagen über Müll und Lärm von Zuwanderern aus Rumänien, größtenteils Roma. Rund 700 Rumänen sind derzeit in unsanierten Wohnblöcken auf engstem Raum untergebracht. Trümper sagte am Dienstag: „In manchen Kleinwohnungen leben bis zu 30 Menschen. Jeden Tag gehen andere ein und aus. In manchen Wohnungen liegen nur Matratzen. Das sind Zustände, die normalen Wohnverhältnissen nicht entsprechen.“

Trümper zufolge bekommen 80 Prozent der Rumänen Hartz IV. Er spricht von einer „Einwanderung in unser Sozialsystem“. Bereits voriges Jahr hatte der Oberbürgermeister Druck beim Land gemacht. Auf seine Initiative erarbeitete das Ressort von Bauminister Thomas Webel (CDU) einen Gesetzentwurf, mit dessen Hilfe Wohnungsmissstände bekämpft werden sollen. Die Ministerriege beschloss das Papier am Dienstag.

In der Vorlage werden Mindeststandards an Wohnraum festgelegt. Strom, Wasser und Abwasser und die Heizung müssen funktionieren. Die Wohnung muss über ausreichendes Tageslicht und Belüftung verfügen. Zudem muss genug Platz da sein. Konkret: für jeden Bewohner mindestens neun Quadratmeter, für jedes Kind bis zu sechs Jahren sechs Quadratmeter.

Werden diese Anforderungen missachtet, kann die Kommune eine Teil-Räumung der Wohnung verlangen. In gravierenden Fällen ist es sogar möglich, ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro gegen unlautere Vermieter zu verhängen.

Der Gesetzentwurf, für den der Landtag noch grünes Licht geben muss, sieht vor, dass sich das Ordnungsamt erstmals auch Zugang in verdächtige Wohnungen verschaffen kann. „Bislang wissen wir ja nicht einmal, wer tatsächlich dort wohnt“, sagte Trümper. Wenn es künftig konkrete Anhaltspunkte für untragbare Wohnbedingungen oder eine Überbelegung gibt, können städtische Mitarbeiter – auch unterstützt durch die Polizei – eine Wohnung ohne Einwilligung der Bewohner und ohne Ankündigung betreten. Das Gesetz, das zunächst bis zum 31. Dezember 2021 gelten soll, schränkt somit das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung ein.

Bauminister Webel stützt sich auf ein Gesetz aus Nordrhein-Westfalen, welches dort bereits drei Jahren in Kraft ist. Trümper war jüngst bei seinem Amtskollegen Sören Link in Duisburg. Dort ist schon seit einiger Zeit eine Taskforce „Problemimmobilien“ im Einsatz, die kriminellen Vermietern und Scheinarbeitgebern das Handwerk legen soll.