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Zeugnisnoten Land muss Auskunft zu Schul-Ausfall geben

Urteil am Landesverfassungsgericht: Sachsen-Anhalts Bildungsministerium muss der Linken Auskunft zu nicht erteilten Zeugnisnoten geben.

Von Alexander Walter 02.02.2021, 11:50

Magdeburg l Sachsen-Anhalts Landesverfassungsgericht hat Linke-Fraktionschef Thomas Lippmann in einer Klage zur Beantwortung Kleiner Anfragen recht gegeben. Lippmann wollte vom Bildungsministerium wissen, in welchem Umfang Zeugnisnoten wegen fehlenden Unterrichts nicht erteilt wurden. Die Antwort sollte die Ergebnisse nach Klassen, Lerngruppen, Schulformen und Fächern aufschlüsseln sowie die Anzahl der betroffenen Schüler zum Schuljahresende 2018/19 nennen.

Das Bildungsministerium lehnte die Beantwortung ab. Begründung: Die Daten zu erheben, verursache einen zu hohen Aufwand. In seinem Urteil stellte das Verfassungsgericht nun fest, die Landesregierung habe "nicht plausibel dargelegt, dass zur Beantwortung der Anfrage übermäßiger Verwaltungsaufwand hätte betrieben werden müssen". Ausdrücklich verweisen die Richter auf Artikel 53 der Landesverfassung. Sie verpflichtet die Landesregierung, Anfragen von Abgeordneten nach bestem Wissen, unverzüglich und vollständig zu beantworten.

Thomas Lippmann sagte: Mit seinem Urteil habe das Landesverfassungsgericht zum wiederholten Mal das Fragerecht der Abgeordneten und damit die verfassungsrechtlich garantierte parlamentarische Kontrolle der Landesregierung durch Anfragen gestärkt. "Minister Tullner war bereit, dieses Verfassungsgut zu opfern, nur um missliebige Einblicke in seinen bislang erfolglosen Kampf gegen den grassierenden Lehrkräftemangel zu verhindern und Fakten, die dazu längst ermittelt waren, weiter unter Verschluss zu halten", ergänzte Lippmann. Das Vorgehen beschädige das Ansehen der Landesregierung. Tullner müsse nun offenlegen, wie intensiv die Schüler im Land unter dem Unterrichtsausfall leiden.

Zustimmung zum Urteil kam unter anderem von den Grünen: Das Verfassungsgericht sorge einmal mehr dafür, dass dem Parlament Informationen nicht vorenthalten werden können, schrieb der Parlamentarische Geschäftsführer Sebastian Striegel bei Twitter.

Das Bildungsministerium teilte mit, das Urteil nehme man sehr ernst. Staatssekretärin Eva Feußner (CDU) sagte: "Die Entscheidung respektieren wir und werden auch der daraus resultierenden Verpflichtung nachkommen. Unser Ziel war es nicht Abgeordnetenrechte von Herrn Lippmann zu beschneiden."

Vielmehr sei es darum gegangen, einen erheblichen Aufwand für die Schulen und die Schulverwaltung zu vermeiden. Nun würden die Schulen den Aufwand stemmen müssen. "Obwohl wir ständig aus dem Parlament aufgefordert werden, Schulen von Verwaltungsaufwand zu entlasten", ergänzte Feußner.

Einer früheren Prognose folgend, geht das Haus von Bildungsminiser Marco Tullner (CDU) von einem Gesamtaufwand von mehr als 1000 Stunden für die Erfassung der angefragten Daten aus. Die Gründe für einen Zeugniseintrag „n. e." (nicht erteilt) seien nicht pauschal im Lehrkräftemangel zu suchen, sondern könnten vielfältig sein, etwa: Erkrankung eines Schülers, Erkrankung einer Lehrkraft, Lehrermangel oder auch planmäßiger Fachunterricht nur über ein Halbjahr (sogenannter Epochalunterricht).