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30 Jahre Mauerfall: "Route der Revolution" in Berlin geplant

Schon länger klingt an, dass in diesem Jahr nachdenklicher an den Fall der Mauer erinnert werden soll. Zum 30. Jahrestag des historischen Ereignisses plant die Hauptstadt ein Programm ohne den ganz großen Jubel.

19.08.2019, 16:17

Berlin (dpa) - Eine Freiheitswolke soll in Berlin zum 30. Jahrestag des Mauerfalls nahe dem Brandenburger Tor am Himmel schweben. Rund 30 000 Zettel mit Visionen, Wünschen oder Botschaften von Menschen werden zu einer Kunstinstallation verknüpft und über der Straße des 17. Juni aufgespannt, wie der Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin GmbH, Moritz van Dülmen, am Montag ankündigte. Rund eine Million Besucher aus der ganzen Welt werden nach Angaben von visit Berlin, der Tourismus-Marketing-Gesellschaft, zu den Feierlichkeiten erwarten.

Höhepunkt der Festivalwoche zum Jubiläum soll am Abend des 9. November eine Bühnenshow mit der Staatskapelle unter Daniel Barenboim sowie DJ WestBam werden. Am Brandenburger Tor werden dazu auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet, wie van Dülmen der Deutschen Presse-Agentur sagte. Kulturprojekte organisiert die Feierlichkeiten im Auftrag des rot-rot-grünen Senats.

Bei der Vorstellung des Programms in der Gethsemane-Kirche würdigte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) den damaligen Freiheitswillen von Ostdeutschen. Dies könne Mut und Kraft geben für heutige Auseinandersetzungen mit denjenigen, die sich auf den Freiheitsgedanken berufen, aber anderes wollten, sagte Müller. Der Mauerfall sei einer der glücklichsten Tage der deutschen Geschichte gewesen.

Das Jubiläum wird dieses Mal laut Müller anders begangen als frühere Jahrestage. Zum 25. Jahrestag stiegen leuchtende Ballons entlang der früheren Grenze in einer spektakulären Aktion in den Nachthimmel auf.

In diesem Jahr verfolgen die Organisatoren ein dezentrales Konzept. Unter dem Motto "Sieben Tage - sieben Orte" plant Berlin eine Festivalwoche mit weit mehr als 100 Workshops, Diskussionen und Führungen in der ganzen Stadt, so van Dülmen. Entwickelt wurde auch eine App, die einen dreidimensionalen Eindruck der einst knapp 160 Kilometer langen Grenze zwischen Ost-West in Berlin vermittelt. Die Kosten des Jubiläumsprogramms wurden mit rund zehn Millionen Euro veranschlagt.

Den Angaben zufolge will sich Berlin vom 4. bis zum 10. November in eine Geschichtswerkstatt unter freiem Himmel verwandeln. "Auf einer Route der Revolution" soll an authentischen Orten wie dem Brandenburger Tor, dem Alexanderplatz, der früheren Stasi-Zentrale oder der East Side Gallery mit Licht- und Hörinstallationen, Ausstellungen und Filmen an das historische Ereignis vom 9. November 1989 erinnert werden.

Auch die Gethsemane-Kirche in Prenzlauer Berg gehört zu diesen Orten. Das Gotteshaus sei einer der Brennpunkte der friedlichen Revolution im Herbst 1989 gewesen, sagte die frühere DDR-Oppositionelle und Ex-Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler. In der Kirche trafen sich in den Monaten vor dem Ende der DDR Menschen zu Mahnwachen, Konzerten und Gebeten.

Die Gemeinde habe Oppositionsgruppen ihr einziges Telefon zur Verfügung gestellt, erinnerte sich die heute 71-Jährige. Für sie sei der entscheidende Tag im Herbst 1989 der 9. Oktober gewesen, als in Leipzig mehr als 70 000 Menschen auf die Straße gingen, so Birthler. Ohne den 9. Oktober hätte es den 9. November nicht gegeben. Für den Jahrestag wünsche sie sich, "dass nicht nur westdeutsche Männer" oder welche aus dem Ausland Reden halten. "Das kann man auch anders machen."

Nach dem Mauerbau vom 13. August 1961 dauerte die deutsche Teilung mehr als 28 Jahre. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen starben an der Mauer mindestens 140 Menschen durch das DDR-Grenzregime. An einer Studie, wonach an der deutsch-deutschen Grenze mindestens 327 Menschen ums Leben kamen, waren zuletzt Zweifel aufgekommen.