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Ausbeutung: Razzien in Sachsen-Anhalt und Thüringen

Mit falschen Ausweisen eingeschleust und mit Hungerlöhnen abgespeist: Gegen die Ausbeutung illegal in Sachsen-Anhalt und Thüringen arbeitender Osteuropäer ist der Bundespolizei am Dienstag ein Schlag gelungen. Monatelang waren die Ermittler den mutmaßlichen Drahtziehern bereits auf der Spur.

27.08.2019, 13:38

Pirna (dpa) - Wegen des Verdachts der Ausbeutung illegaler Arbeitskräfte hat die Bundespolizei am Dienstag in Sachsen-Anhalt und Thüringen mehrere Wohn- und Geschäftshäuser durchsucht. Insgesamt wurden bei Razzien seit dem frühen Morgen 15 Objekte in Arnstadt, Erfurt, Ilmenau, Ichtershausen und Braunsbedra durchsucht, darunter auch eine Viehzuchtanlage, wie Christian Meinhold, Sprecher der zuständigen Bundespolizeiinspektion Pirna der Deutschen Presse-Agentur sagte. Zwischenzeitlich hatte er von 17 durchsuchten Objekten berichtet.

Zwei 39 und 35 Jahre alte Hauptverdächtige seien in Erfurt festgenommen worden, es handele sich um ein Ehepaar aus der Ukraine. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern einer Bande sollen sie gezielt insbesondere ukrainische und moldauische Staatsangehörige mit falschen Papieren nach Deutschland eingeschleust haben. Anschließend seien die Betroffenen als billige Arbeitskräfte in verschieden Firmen eingesetzt worden.

"Die Täter bedienten sich dabei einer eigenen Leiharbeitsfirma, welche die Arbeitnehmer in ihren Heimatländern angeworben und in Deutschland an Unternehmen - vorwiegend in der Viehzucht und in der fleischverarbeitenden Industrie - weiter verliehen hat", erläuterte Meinhold. Dabei seien die Arbeiter offenbar mit Hungerlöhnen abgespeist worden.

Ihnen seien vom Lohn direkt vermeintliche Kosten für Transport, Unterkunft und Verpflegung abgezogen worden. "Praktischerweise wurden diese Dienstleistungen natürlich ebenfalls durch die Bande durch eigene Unterkünfte und Fahrzeuge realisiert, so dass dieses Geld auch direkt in die Kasse der Bande floss. Die Gewinnmarge scheint immens", berichtete der Polizeisprecher.

Bei der Durchsuchung von Unterkünften wurden den Angaben zufolge mehr als 100 Personen angetroffen, von denen sich nach derzeitigem Stand 8 illegal in Deutschland aufhielten. Sie wurden zunächst vorläufig festgenommen. Bei den Maßnahmen beschlagnahmten rund 800 Beamte der Bundespolizei unter anderem Beweismaterial wie Geschäftsunterlagen, Laptops, Datenträger, eine Vielzahl gefälschter Dokumente und Bargeld. Den Angaben zufolge wurde in dem Fall bereits seit Herbst 2018 ermittelt.

Polizeidirektor Markus Pfau, der Leiter der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung Halle, sagte, die Schleusernetzwerke nutzten den Arbeitskräftebedarf gerade in vermeintlich für deutsche Arbeitnehmer unattraktiven Betrieben gezielt aus. Dadurch würden nicht nur die Sozialkassen und die ehrlich arbeitenden Unternehmen geschädigt. Zugleich werde die Arbeitskraft der Migranten schonungslos ausgenutzt. "Das Phänomen wird uns die nächsten Jahre weiter fordern", schätzte er ein.

Mitteilung der Bundespolizei