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Extremismus: Stahlknecht fühlt sich an Weimar erinnert

Hasserfüllte Sprache, Extremismusvorwürfe an Politiker und ein offenbar politischer Mord an einem Demokraten - es sind ernste Themen, mit denen sich der Landtag in Sachsen-Anhalt am Donnerstag befasst. Der Innenminister fühlt sich teils an sehr dunkle Zeiten erinnert.

29.08.2019, 14:44

Magdeburg (dpa/sa) - Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sieht angesichts des Mordes am Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke Parallelen zur Zeit der Weimarer Republik. In einer Aussprache im Magdeburger Landtag sagte er am Donnerstag, dass er gelegentlich das Gefühl habe, dass sich Bilder wiederholten. Zuvor hatte er über Attentate auf und Hassparolen gegen Politiker der Weimarer Republik und die Zeit der nationalsozialistischen Machtübernahme gesprochen.

Im Gegensatz zur ersten Demokratie auf deutschem Boden sei die heutige Republik aber eine wehrhafte Demokratie, sagte er. "Wir werden es nicht zulassen, dass Extreme egal von welcher Seite, den Staat destabilisieren", betonte der Minister. Zudem sagte er: "Was für Goebbels der Volksempfänger und die Gleichschaltung der Presse war und die Zensur, ist für den Populisten mittlerweile das soziale Netzwerk."

Der CDU-Politiker Walter Lübcke war Anfang Juni auf der Terrasse seines Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen bei Kassel mit einem Kopfschuss getötet worden. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus.

Stahlknecht kritisierte auch die Sprache in aktuellen Auseinandersetzungen. "Heute heißt das nicht mehr Vaterlandsverräter heute heißt das Volksverräter", sagte er und ergänzte: "Heute gibt es Todeslisten, auf denen Politiker stehen."

Im Rahmen der Debatte wurde auch ein Antrag der Regierungsfraktionen von CDU, SPD und Grünen eingebracht, der Gewalt gegen Demokraten verurteilt. Die AfD kritisierte daran unter anderem, dass in dem Antrag steht, dass sich "führende Repräsentanten der AfD und nicht wenige ihrer Mitglieder" bewusst an rechter Hetze beteiligten und den Weg für Gewalt ebneten. Zudem zeige der Antrag, dass die Grünen in Sachsen-Anhalt die Macht hätten.

Während der Landtagssitzung beschlossen die Regierungsfraktionen mit Unterstützung der Linksfraktion zudem den Vorsitzenden der Enquete-Kommission "Linksextremismus", Daniel Roi (AfD), abzuberufen. Die Abgeordneten stimmten am Donnerstag mit 63 Ja- und 23 Nein-Stimmen einem entsprechenden Antrag zu.

Der 31-Jährige war in die Kritik geraten, als vor einigen Wochen ein zehn Jahre altes Foto publik wurde, das den Politiker im Block einer Neonazi-Demonstration in Dresden zeigt. "Wer sich nicht eindeutig von diesem Gedankengut distanziert, macht sich auf Dauer unglaubwürdig", sagte der CDU-Abgeordnete Andreas Schumann.

Roi sagte, er habe die Demonstration damals in Vorbereitung auf sein Politikstudium besucht. "Ich stehe dazu", sagte er im Landtag. "Sämtliche Erklärungen von Herrn Roi sind dazu schlichtweg nicht glaubhaft", sagte dagegen die Innenpolitikerin der Linksfraktion, Henriette Quade. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle betonte, die Demonstration an der Roi teilgenommen habe, diene lediglich dazu die Taten des Naziregimes reinzuwaschen. Der Grüne Olaf Meister warf Roi vor, immer noch extremistischen Einstellungen anzuhängen und ergänzte: "Für die Funktion als Rettungsschwimmer setzen wir auch keine Nichtschwimmer ein."

Roi will weiterhin Mitglied der Kommission bleiben. Die AfD-Fraktion hatte bereits angekündigt, ihren Abgeordneten Mario Lehmann als neuen Vorsitzenden zu berufen.

Antrag auf Abberufung des Vorsitzenden der Enquete-Kommission "Linksextremismus"

Zeitplan Landtagssitzung

Tagesordnung Landtagssitzung

Antrag von CDU, SPD und Grünen zu Aktueller Debatte Demokratie