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Segelflieger International, auch auf der Zunge

Die Volksstimme sprach beim Treffen der Oldtimer-Segelflugzeugfreunde mit Teilnehmern aus fünf Nationen.

Von Thomas Pusch 01.08.2018, 17:41

Stendal l Ihn darf man mit Fug und Recht einen alten Hasen nennen. Der Schweizer Werner Rüegg hat 1952 mit der Segelfliegerei angefangen. Er ist einer der rund 150 Teilnehmer der Vintage Glider International Rally, des Treffens der Flieger und Freunde historischer Segelflugzeuge. Und mit 83 Jahren ist er auch der älteste.

Seine Heimat ist die Region Zürich, und zu seiner ersten Begegnung mit der Fliegerei hat er eine kleine Geschichte. „Auf dem Hügel gegenüber von meinem Elternhaus waren von 1945 bis 1948 Segelflieger, die habe ich immer bewundert“, erzählte er. Die Lust auf die Fliegerei war geweckt. Vor allem auf die Art des Fliegens, die einen wie einen Vogel in der Luft bewegen lässt, für den Schweizer das Faszinierendste an der Segelfliegerei. Aktiv sitzt er schon seit 2015 nicht mehr im Cockpit, doch die Faszination ist geblieben.

Die ergriff auch Gitta, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, schon als Kind. „Ich bin auf einem Flugplatz groß geworden, mein Vater war Fluglehrer, da war klar, dass ich auch selbst fliegen würde“, erzählte die Hamburgerin. Mit 14 Jahren erwarb sie dann tatsächlich auch ihre Fluglizenz. Sie bezeichnet sich selbst als „gemütlichen Kaffeeklatschflieger“, für sie zählen nicht lange Strecken, sondern das Ziel ist das Ziel. Das kann allerdings auch auf besondere Art und Weise erreicht werden, sie hat sich nämlich auch dem Kunstflug verschrieben. „Die Gemeinschaft in der Segelfliegerfamilie, das ist, was mir am meisten gefällt“, sagte die 60-Jährige.

Diesen Aspekt hatte der Präsident des einladenden Vintage Glider Clubs, Jan Forster schon bei der Eröffnung betont. Ohne die Begegnungen wäre der Club nicht mehr der Club. In diesem Jahr tritt der Niederländer von seinem Amt als Präsident zurück, dem Verein bleibt er aber treu. Das Besondere sei, dass dessen Mitglieder in Vergangenheit und Gegenwart leben. Und der gewisse Nervenkitzel. „Wir testen aus zwischen dem, was geht, und dem, was nicht geht“, fasste er zusammen. Eine weitere Besonderheit des 1973 in England gegründeten Vereins ist, dass er nicht nur ein europäischer Verein ist. Am Dienstag begrüßte Forster zwei aus Südkorea stammende Teilnehmer.

Einer von ihnen ist Moonsung Cho. Der 39-Jährige kam allerdings nicht aus dem heimischen Korea angereist. Derzeit studiert er in Berlin. „Westlich von Seoul gibt es einen kleinen Flugplatz, dort habe ich 1997 mit der Fliegerei begonnen“, verriet er. In Südkorea ist die sogenannte Vintage-Fliegerei, also das Fliegen mit Oldtimern, eine ganz große Seltenheit. Lediglich einen einzigen Verein mit zwei historischen Fliegern gibt es im ganzen Land.

Einer der weitestangereisten Teilnehmer ist der Amerikaner Stephen Metz. Er stammt aus St. Paul im Bundesstaat Minnessota. „Das liegt so ziemlich in der Mitte des Landes, es sind etwa 6500 Kilometer bis hierher“, schätzte er. Die Strecke ist er natürlich nicht mit seinem Segelflieger geflogen. Allerdings bevorzugt er anders als beispielsweise Gitta das Streckenfliegen. „Es ist toll, wenn man den Horizont entdecken, austesten kann, wie weit einen der Flug noch führt“, schwärmte er. Von der landschaftlichen Beschaffenheit sei die Gegend um St. Paul ähnlich der Altmark, also flach mit viel Fernsicht.

Bei Metz muss der Hang zur Fliegerei wohl auch im Blut gelegen haben. Sein Onkel war Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg. Er selbst ging 1987 das erste Mal in die Luft.

20 Jahre vorher hatte einer seinen ersten Soloflug, der gestern dabei war, aber auch nur, weil er bei diesem Flug sehr viel Glück hatte: Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU). „Es war der 21. Juli 1967, als ich erstmals allein ins Flugzeug stieg“, erinnerte er sich. Auf der Höhe von 70 Metern riss das Seil. „Cable break“, riefen schockiert einige Gäste im Borsteler Hangar. Doch die Sache verlief glimpflich, Schmotz kam wieder sicher auf den Boden. Das ließ nicht zuletzt seinem Fluglehrer einen Stein vom Herzen fallen: „Der hatte schon befürchtet, dass er meine Eltern unterrichten muss, dass ich nicht mehr wiederkomme“.