Tillmann/Müller vor der WM Beach-Duo wie einst Oliver Kahn: Weiter, immer weiter
Cinja Tillmann und Svenja Müller spielen ihre beste Beach-Volleyball-Saison. Bei der WM in Adelaide können sie das Jahr krönen. Sie gelten als Mitfavoritinnen. Doch davon wollen sie nichts wissen.

Adelaide - Sie klingen wie der einstige Titan Oliver Kahn nach der Last-Minute-Meisterschaft 2001 mit dem FC Bayern. Den „Weiter, immer weiter“-Spruch des früheren Fußball-Nationaltorhüters (56) könnte sich das beste deutsche Beach-Volleyball-Duo Cinja Tillmann und Svenja Müller sehr gut aneignen. Egal, wie es im Match steht, egal, ob die 34 Jahre alte Tillmann und ihre zehn Jahre jüngere Sand-Partnerin vorne oder hinten liegen - es geht für sie weiter, immer weiter. Bis zum Ende - und das war in dieser Saison zumeist ein gutes.
„Unsere Stärke ist auf jeden Fall, immer bis zum Schluss zu kämpfen“, sagt Tillmann. „Wir hatten dieses Jahr schon Sätze, wo wir wirklich weit hinten lagen, und trotzdem haben wir immer weiter gemacht. Ich denke, das ist eine große Stärke von uns und das zeichnet uns auch aus.“
Tillmann/Müller wollen von Favoritenrolle nichts wissen
Mit ihrer Stärke sind die Wahl-Hamburgerinnen weit gekommen. So weit, dass sie bei der am Donnerstag beginnenden WM im australischen Adelaide mindestens als Mitfavoritinnen gelten. Spätestens mit dem Finalsieg beim Eliteturnier der Beach Pro Tour Ende Oktober in Kapstadt sind sie in den engsten Kreis der Titelanwärterinnen aufgestiegen.
Das derzeit erfolgreichste deutsche Duo will aber von dem Status nichts wissen. „Wir fahren nie mit der klaren Zielsetzung Goldmedaille zu einem Turnier, dafür ist die Leistungsdichte in der Weltspitze viel zu hoch“, sagte Tillmann in einem Portrait auf der Homepage des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Es gebe auch vor dieser WM keine klaren Favoritinnen. „Es kommt auf Nuancen an, um ganz oben auf dem Podest zu stehen.“
Erfolgreichste Saison
Ihre Herangehensweise klingt unspektakulär, räumen beide ein. Sie hätten in Kapstadt immer versucht, „den nächsten Ball weiterzuspielen, was ja unser langweiliges Motto gefühlt ist. Aber ich denke, da ist es uns einfach besonders gut gelungen“, sagte Tillmann.
Schon vor der bis zum 23. November dauernde WM können sie und Müller auf ihre bislang erfolgreichste Saison zurückblicken. Auf der Beach Pro Tour zogen sie außer beim Sieg in Südafrika noch in Montreal ins Finale ein. Ferner erreichten sie zweimal die Vorschlussrunde.
Die Mischung macht's
Ihren EM-Titel konnten die im münsterländischen Senden geborene Tillmann und die aus Dortmund stammende Müller in diesem Jahr zwar nicht erfolgreich verteidigen, sicherten sich in Düsseldorf aber immerhin noch Rang drei. Zudem wurde die beiden zum vierten Mal nacheinander deutsche Meisterinnen.
Seit ihrem Zusammenkommen 2021 haben sich Tillmann und Müller kontinuierlich entwickelt. Die Mischung macht's: Auf der einen Seite die erfahrene Tillmann, auf der anderen die hoch veranlagte Müller. Tillmann gilt als eine der besten Zuspielerinnen und Abwehrspielerinnen der Welt, Müller ist als Blockerin und Angreiferin längst Weltklasse.
Welches Potenzial in der Kombination steckt, zeigten Tillmann und Müller schon 2022 mit dem überraschenden dritten Rang bei der WM in Rom. Bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris scheiterten sie knapp im Achtelfinale, trösteten sich später aber mit dem EM-Titel.
Deutsches Duell in der Vorrunde
Die beiden sind trotz ihrer Erfolge keine Lautsprecher im Beach-Volleyball, sondern wirken eher zurückhaltend. Dennoch sind sie aktuell das Vorzeige-Paar, auf das im deutschen Beach-Volleyball geschaut wird.
In Adelaide führen sie eine deutsche Frauen-Riege von vier Duos da. Neben Tillmann/Müller sind Louisa Lippmann/Linda Bock, Sandra Ittlinger/Anna Grüne - in Kapstadt immerhin Dritte - und Lea Kunst/Melanie Paul. In der Vorrunde kommt es zum Duell gegen die ebenfalls in Hamburg trainierenden Lippmann/Bock.
Chef-Bundestrainer: „Eine Medaille wäre großartig“
„Das ist natürlich suboptimal, zumal es wahrscheinlich die beiden Teams mit den besten Aussichten für Deutschland trifft“, hatte Chef-Bundestrainer Christoph Dieckmann nach der Auslosung im Oktober gesagt. Dennoch gab er sich mit Blick auf die Vierer-Gruppe zuversichtlich: „Beide Duos haben gute Chancen, weiterzukommen.“ Insgesamt spielen bei der WM als Höhepunkt und Abschluss der Saison jeweils 48 Teams bei den Frauen und den Männern.
Die deutschen Männer sind mit Clemens Wickler/Nils Ehlers, den deutschen Meistern Lukas Pfretzschner und Sven Winter sowie Paul Henning und Lui Wüst vertreten. „Eine Medaille wäre großartig – jede Platzierung in den Top 8 wäre ein sehr gutes Ergebnis“, sagte Chef-Bundestrainer Dieckmann zur Zielsetzung für die sieben deutschen Paare.