Formel 1 in Belgien Beflügelt von 700 Glückwünschen: Hülkenberg bereit für mehr
Im reifen Formel-1-Alter rast Nico Hülkenberg erstmals auf das Podest. Der unerwartete Erfolg gibt dem Rheinländer vor dem nächsten Rennen unweit der Heimat Auftrieb. Geht da sogar noch mehr?

Spa-Francorchamps - Nicht mal der unangenehme Nieselregen konnte Nico Hülkenberg die Laune verderben. Mit einem Grinsen betrat der Routinier im Fahrerlager von Spa-Francorchamps das Teamquartier und umarmte die Mitarbeiter. Nach dem überraschenden ersten Podestplatz seiner langen Formel-1-Karriere zuletzt in Silverstone begann der Rheinländer die Vorbereitung auf den Großen Preis von Belgien trotz Schmuddelwetter ziemlich gelöst. Ist auf dem Traditionskurs in den Ardennen etwa schon der nächste Coup möglich?
„Es sind unglaubliche Erinnerungen und Emotionen. Ich hoffe, das treibt uns in den nächsten Wochen an“, sagte Hülkenberg vor dem 13. Saisonlauf am Sonntag (15.00 Uhr/Sky): „Wir haben einen Lauf, wir haben das Momentum und einen großen Schritt mit dem Auto nach vorn gemacht.“ Man sei jetzt in der Lage, dauerhaft um WM-Punkte zu kämpfen, betonte er. Aber Rennen wie vor knapp drei Wochen werden wohl eher die Ausnahme bleiben.
Hülkenbergs Erfahrung macht den Unterschied
„Ich habe über 700 Glückwunsch-Nachrichten bekommen. Ich habe eine Woche gebraucht, um mich durchzuarbeiten“, sagte Hülkenberg bei einer Pressekonferenz. So viel „Unterstützung, Liebe und Positivität zu erfahren“ bedeute ihm sehr viel, schrieb der 37-Jährige zuvor schon bei Instagram.
Dass es Hülkenberg nach 15 Jahren und 239 Rennen zuletzt in England als Dritter erstmals auf ein Siegerpodest geschafft hatte, war für ihn selbst schwer zu begreifen. „Es hat ein paar Tage gedauert, das alles zu verarbeiten, aber es fühlt sich sehr gut an“, sagte Hülkenberg: „Wir sind stolz auf das, was wir geschafft haben.“
Die Sauber-Crew hatte 2012 ihren zuvor letzten Podiumsplatz eingefahren. „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte Hülkenbergs brasilianischer Teamkollege Gabriel Bortoleto. Der 20-Jährige fährt sein erstes Jahr in der Motorsport-Königsklasse. „Er trifft in den richtigen Situationen die richtigen Entscheidungen. Seine Erfahrung macht den Unterschied“, sagte Bortoleto über den 17 Jahre älteren Deutschen. Zwar freue er sich sehr für Hülkenberg, „aber natürlich wäre ich das gerne gewesen“.
Unvorhersehbares Wetter in Belgien
Ob Sauber nun regelmäßiger Gast auf dem Podium wird oder sogar mal gewinnen kann? Unwahrscheinlich. Hülkenberg, der mit 37 Punkten immerhin WM-Neunter ist, profitierte bei phasenweise chaotischen Zuständen in Silverstone auch von den Bedingungen. Weil Regen und trockene Phasen sich abwechselten, war auch die Reifenwahl besonders wichtig.
Allerdings könnte das in Spa-Francorchamps schon wieder so kommen. Auch am Wochenende ist die Wahrscheinlichkeit für Regen in dem hügeligen Terrain hoch. „Spa ist ein echter Klassiker im Kalender: schnell, herausfordernd und stets mit unvorhersehbaren Wetterbedingungen“, sagte Hülkenberg.
Fern von schlechtem Wetter urlaubte Hülkenberg vor der Reise nach Belgien mit der Familie in Italien - und auch da gab es Erfolge zu vermelden. „Noemi kann jetzt schwimmen, Auto und Boot fahren“, schrieb der Wahl-Monegasse seinen 2,5 Millionen Instagram-Followern.
Seine dreijährige Tochter stand in der kurzen Auszeit im Mittelpunkt, sie freute sich auch über den Silverstone-Pokal, der bestand nämlich aus Lego-Bausteinen. Dass es nach dem „Rennen seines Lebens“, wie er es selbst nannte, keinen Pokal aus Gold oder Silber bekam, störte den einzig verblieben deutschen Fahrer in der Formel 1 nicht.
Hülkenberg sorgt für Motivation bei Audi
Ob Hülkenberg 2026 wieder einen Landsmann in der Startaufstellung begrüßen darf, ist offen. Mick Schumacher (26) hofft noch auf einen Platz beim neuen Cadillac-Rennstall, ist dort aber nicht in der Favoritenrolle. Eine Entscheidung könnte bald kommuniziert werden. Allerdings wird Hülkenberg künftig in einem deutschen Auto sitzen, dann wird aus Kick-Sauber das künftige Audi-Werksteam.
Für das ambitionierte Projekt des Autobauers aus Ingolstadt ist das Premieren-Podest von Hülkenberg Motivation pur. „Wichtig ist, dass unsere jüngsten Ergebnisse das Selbstvertrauen im gesamten Team gestärkt haben“, sagte Teamchef Jonathan Wheatley: „Wir wissen, dass wir konkurrenzfähig sind.“