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Leichtathletik Brandt verlässt SCM wegen Stillstands

Torben Brandt hat den SC Magdeburg verlassen. In Berlin will der Diskuswerfer seine Karriere wieder in Schwung bringen.

Von Daniel Hübner 11.10.2018, 01:01

Magdeburg l Der Stillstand hat ihn zum Wechsel getrieben. Diese Angst, seine Bestleistung wäre nur eine Eintagsfliege. Und diese vergangene Saison, „in der ich nicht geliefert habe“, sagt Torben Brandt vom SC Magdeburg. Ein Abendessen mit Torsten Lönnfors im März in Nikosia (Zypern) und ein Probewurf später stand die Entscheidung, ein neues Leben als Diskuswerfer in Berlin einzurichten. Im Sportforum Hohenschönhausen. Ein Zimmer mit Bad, eine Küche, die er sich mit anderen Leichtathleten und Volleyballern teilt. Nur einen Steinwurf vom Trainingsareal entfernt. Hier soll alles besser werden.

Besser als in diesem Jahr. Und besser als 62,09 Meter, die seit Mai 2017 in seinem Rekordbuch stehen. Über drei Jahre hatte Brandt diesen Wert um fast 14 Meter gesteigert. Doch die Leistungen 2018 „erfüllten meine Ansprüche nicht“, erst recht nicht jene Leistung bei den deutschen Meisterschaften in Nürnberg.

Es ist der 21. Juli. „Angenehmes Wetter, schöne Stadt, schönes Stadion“, erinnert sich Brandt. 64,65 Meter hat er sich vorgenommen, sein Optimismus nährt sich aus den Trainingsleistungen. „Aber dann kam alles anders.“ Sehr anders. Der Zwei-Kilo-Diskus fliegt im ersten Versuch auf 55,90 Meter. Der zweite und dritte Versuch sind ungültig. Nur Platz neun. „Ich habe sehr viel Lehrgeld gezahlt. Ich bin drei Wochen untergetaucht, um die Saison zu verarbeiten. Und ich musste meine Konsequenzen ziehen“, betont der 23-Jährige.

So hatte sich der Hüne seinen Weg beim SCM nicht vorgestellt. „Es war immer mein Traum, Profisportler zu werden und für den SCM zu starten“, erklärt er. Mit 17 Jahren kam er zum Club – als Läufer, der den Halbmarathon in 1:31 Stunden absolvierte. Ohne professionelles Training. „Man hat über mich gelacht“, berichtet er. „Aber nicht, weil ich kein Talent, sondern weil ich eine andere Vorstellung von Läufern hatte.“ Mit zwei Metern und damals 102 Kilogramm entsprach er nämlich ganz und gar nicht dem Ideal.

Trainer Ralf Wollbrück ließ ihn dann alles werfen, vor allem aber Speer. Brandt fand das gut. Dann kam Dirk Gropengießer, ehemals DDR-Juniorenmeister mit dem Diskus und heute noch Brandts Mentor, und stellte den jungen Mann in den Ring. Nach drei Monaten warf er die Norm für die deutsche U-20-Meisterschaft.

Es ging zunächst stetig bergauf. Auch unter Klaus Schneider, zu dem er im April 2013 gewechselt war. Und eben bis 2017, als er seinen Bestwert erzielte, bei der U-23-EM in Bydgoszcz (Polen) aber nur 14. mit 54,27 Metern wurde. Danach verlor er Coach Schneider. Und damit einen Mann, der „ganz stark über die Empathie kam“. Schneider ging in die Rente. „Darüber war ich sehr traurig“, sagt Brandt, der sich wiederum der Trainingsgruppe von Armin Lemme anschloss.

„Ich hatte gehofft, dass mich die große Konkurrenzdichte weiter nach vorne bringen würde.“ Die Konkurrenz mit Martin Wierig, Henrik Janssen und David Wrobel nämlich. „Aber es gab Missverständnisse“, sagt Brandt. Als Quereinsteiger wollte er mehr trainieren, „weil ich auch viel aufzuholen hatte“. Er wechselte nach nur sechs Wochen zu SCM-Nachwuchscoach Philipp van Dijk, aber „er hat 20 Leute, das sind einfach zu viele“.

Zum Berliner Bundesstützpunkttrainer Lönnfors indes hatte er bereits im März den Kontakt geschlossen. Im Trainingslager in Nikosia „habe ich ihn einfach angesprochen“. Beim gemeinsamen Abendessen unterhielten sich Lönnfors und der Lehramtsstudent für Wirtschaft, Kommunikation und Sport über Brandts Zukunft. Einige Monate später, nach den deutschen Meisterschaften, warf Brandt bei ihm vor. „Das ist ein klasse Typ. Ich fühle mich einfach wohl bei ihm.“ Der Völpker wechselt nicht nur in die Trainingsgruppe um Olympiasieger Christoph Harting, sondern auch den Club. Sein Vertrag beim SCM läuft aus. Sein neuer Verein ist der SC Charlottenburg.

Und zugleich seine neue Hoffnung. Brandt braucht flinkere Füße, er muss explosiver und effizienter in der technischen Umsetzung werden. Seine Ziele in der neuen Saison sind eine Bestweite und zumindest die Norm für die Weltmeisterschaft in Doha. Sein Credo lautet: „Wenn man etwas will, wird man es auch schaffen.“

Brandt, der sich neben Wirtschaft für Politik und Geschichte interessiert, sagt aber auch: „Wenn ich im nächsten Jahr nicht liefere, werde ich meine Zeit ins Studium stecken.“