Facettenreicher Freiwilligendienst gibt Impulse für Studien- und Ausbildungsrichtungen / Landessportbund kämpft um Erhalt des Freiwilligen Sozialen Jahres Das FSJ im Sport: Eine Alternative, nicht nur für Wehrdienstverweigerer
Magdeburg. Viele junge Menschen haben wenig Vorstellungen von ihrer beruflichen Zukunft. Für sie ist es oftmals schwierig, sich direkt nach dem Ende der Schulzeit für eine Tätigkeit zu entscheiden, welche sie ihr gesamtes Arbeitsleben ausüben wollen. Eine Möglichkeit, Impulse für seine Studien- oder Ausbildungsrichtung zu erhalten, ist das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) im Sport. Dieses richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 27 Jahren mit Interesse an Sport und der Betreuung von Kindern.
In Sachsen-Anhalt ist die Sportjugend für die Durchführung dieser FSJ im Sport verantwortlich. Rund 90 Prozent aller "FSJler" werden dabei klassisch im Sportverein eingesetzt, die restlichen zehn Prozent verteilen sich auf Einrichtungen wie die Landessportschule Osterburg, die Mensen und Internate des Landessportbundes sowie die Bildungs- und Freizeitstätte Schierke. Die einzelnen Tätigkeitsbereiche reichen dabei von der Betreuung von Nachwuchsmannschaften im Kinder- und Jugendbereich über die Organisation von Sportturnieren und Spielfesten bis hin zur Mithilfe bei der Öffentlichkeitsarbeit. Bei sämtlichen Aufgaben hat der Freiwillige, der 40 Stunden pro Woche arbeitet, jedoch viel Kontakt zu Kindern und Jugendlichen.
Einer dieser FSJler im Sport ist der 20-jährige Hendrik Piassek, der sein Freiwilliges Soziales Jahr im Sport zur Hälfte in der Sportjugend und zum anderen Teil als Übungsleiter für Kinder beim HSV Medizin Magdeburg absolviert. Darüber hinaus ist er auch für die Durchführung einiger Grundschul-AG im Tischtennis, Badminton und Unihockey verantwortlich. Ihm gefällt an seinem FSJ im Sport insbesondere die Arbeit mit Kindern. "Wenn man als Trainer die Fortschritte seiner Schützlinge sieht, freut man sich sehr darüber", so der 20-Jährige. "Obwohl es auch ¿schwierige Fälle‘ gibt, hat sich meine Einstellung gegenüber Kindern durch das FSJ in positiver Hinsicht verändert. Jetzt kann ich mir auch vorstellen, später selbst einmal Kinder zu haben."
Seit 2003 kann das Freiwillige Soziale Jahr im Sport ebenso wie der Zivildienst als Wehrersatzdienst abgeleistet werden. Hierzu muss der "FSJler" jedoch als Wehrdienstverweigerer anerkannt sein. Der Freiwillige erhält für seine Tätigkeit ähnlich wie beim Zivildienst ein monatliches Taschengeld, welches im Moment bei 280 Euro liegt. Zudem übernimmt die Einsatzstelle sämtliche Sozialversicherungbeiträge und zahlt das Kindergeld weiter. Jeder Freiwillige hat außerdem das Recht auf 26 Werktage Jahresurlaub.
Ein weiterer Baustein der zwölfmonatigen Zeit als FSJler im Sport sind insgesamt 26 Seminartage, bei denen alle Freiwilligen im Sport aus Sachsen-Anhalt zusammenkommen. Das Feld ist dabei bunt gemischt. "Vom Leistungssportler über Freizeitsportler bis hin zu Nicht-Sportlern ist alles dabei", so Piassek. Der 20-Jährige berichtet dennoch von einer lockeren Atmosphäre, auch wenn die Tage vor allem im Zeichen der Theorie stehen: "Wir lernen das Handwerkszeug, welches wir für die praktische Arbeit in unseren Vereinen brauchen."
Allerdings befindet sich das Freiwillige Soziale Jahr im Sport aufgrund der jüngst im Bundestag verabschiedeten Wehr- und Zivildienstreform in einer Umbruchsphase. Mit Beginn des Zyklus 2010/2011 wurden die finanziellen Mittel des Bundesamtes für Zivildienst drastisch reduziert, sodass das FSJ im Sport vor einer ungewissen Zukunft steht.
Für den Geschäftsführer der Sportjugend in Sachsen-Anhalt, Matthias Loerke, wäre der Erhalt des Freiwilligen Sozialen Jahres im Sport wünschenswert. "Das FSJ im Sport ist eine wunderbare Gelegenheit für junge Menschen, Verantwortung zu übernehmen und sich selbst in Probleme einzubringen. Wir kämpfen mit unseren Rücklagen um die Finanzierung, aber auf Dauer können wir es alleine nicht stemmen. Die finanzielle Unterstützung vom Staat muss dringend erhöht werden."
Für den anstehenden Zyklus, der am 1. September dieses Jahres beginnt, ist die Finanzierung der 46 Plätze in Sachsen-Anhalt durch Rücklagen der Sportjugend gesichert. Die Zahl der Einsatzstellen ist tendenziell jedoch stark rückläufig. Im Vergleich zum Zyklus 2008/2009 ist die Zahl der "FSJler" im Sport beinahe um die Hälfte zurückgegangen. Ursache hierfür ist vor allem die Unsicherheit, wie es mit dem Wehr(ersatz)- dienst weitergeht.
Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen spricht sich auch Hendrik Piassek eindeutig für ein Fortbestehen aus: "Das FSJ im Sport sollte unbedingt erhalten bleiben, weil es eine riesige Bereicherung für alle Beteiligten ist." Er selbst ist traurig über das baldige Ende seines Einsatzes. "Es war ein vielfältiges und facettenreiches Jahr, in dem sich meine Persönlichkeit weiterentwickelt hat und ich gelernt habe, Eigenverantwortung zu tragen." Und doch will Piassek einen Beruf ergreifen, der nichts mit Sport oder Kinderbetreuung zu tun hat: "Ich werde Medizin studieren."