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Volksstimme-Serie "Damals war\'s" (Teil 10): Falk Greiner sen., Begründer des Genthiner Motocross Den Renn-Virus über Generationen vererbt

Von Oliver Kramer 03.03.2012, 04:26

Die Volksstimme wagt einen Blick in die Sporthistorie: In der Serie "Damals war\'s" werden Sportgrößen aus dem Jerichower Land vorgestellt, die in der Vergangenheit auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene Erfolge feierten. Heute: Falk Greiner senior, Mitbegründer der Genthiner Motocross-Szene.

Genthin l Wer das Motorradhaus von Falk Greiner senior in der Genthiner Friedenstraße betritt, begibt sich auf Zeitreise. Neben zahlreichen Urkunden, Pokalen und Ehrenkränzen, die die Wände zieren, zeugen die historischen Maschinen im Verkaufsraum dieses "Museums" von der Leidenschaft des 70-Jährigen: "Es ist wie eine Sucht, wie ein Virus. Der Motorradsport lässt dich nicht mehr los", sagt Greiner.

Er hat sich auf die Restauration und den Handel mit alten Cross- und Rennmotorrädern spezialisiert, steht nahezu täglich mit Zweiradbastlern aus ganz Deutschland in Kontakt. Neben Oldtimern wie Jawa, MZ und AWO hat es ihm besonders eine Marke angetan: "Ich habe seit Jahren mit BMW einen Vertrag. Das ist meine Lieblingsmarke. Hier steht beispielsweise ein Rennmodell aus den 60er Jahren, das ich nachgebaut habe."

Die 60er Jahre sind auch die Geburtszeit des Genthiner Motorsports, den Greiner entscheidend geprägt hat. "Meine Leidenschaft geht auf meinen Vater zurück, der sich nach dem Krieg eine DKW NZ 350 zugelegt hat. Da durfte ich als Kind auch mal mitfahren", erzählt der Zweirad-Enthusiast. Als Achtjähriger unternahm er heimlich die ersten Fahrversuche, mit 14 erwarb der gelernte Betriebsschlosser bei der GST (Gesellschaft für Sport und Technik) seine Fahrerlaubnis. "Schon damals sind wir mit den GST-Maschinen im Gelände gefahren. Das war schon eine kleine Traumwelt", erinnert sich Greiner.

Mit den geliehenen Motorrädern nahm er Ende der 50er-Jahre an ersten Geschicklichkeitsfahrten teil, ehe ihn 1960 mit der Gründung des MC Genthin im ADMV die Motocross-Leidenschaft packte. "Erst habe ich mir aus eine 250er Jawa einen Eigenbau konstruiert, später kaufte ich mir eine BK 350. Mittlerweile schraubten viele meiner Freunde an Cross-Maschinen herum", sagt der Genthiner.

Im Frühjahr 1961 wurde er zur Armee eingezogen und nach der Grundausbildung an die Ostsee verlegt. In der Nähe von Ahlbeck, an einem Flugfeld bei Garz, fand er beste Bedingungen für den Geländesport vor. "Und da unser Vorgesetzter ebenfalls Motocross-Fan war, durften wir innerhalb der Armeesportvereinigung eine Motorsportgruppe gründen", erinnert Greiner an geradezu paradiesische Verhältnisse bei der NVA. Bei ersten Rennen unter "ASK-Flagge" errang er Goldmedaillen und erhielt dafür "einmal fünf Tage Sonderurlaub". In dieser Zeit erfüllte er sich einen lang gehegten Traum. "Ich habe mir von einem Fleischer aus Ahlbeck eine BMW gekauft. Ich war ein König!"

Nach der Entlassung begann 1963 seine zivile Rennlaufbahn. Dabei erwies sich der Transport der Maschinen zu den Rennstrecken als größtes Problem. "Fast jeder Betrieb hat uns geholfen. Mal erhielten wir einen Viehwagen, mal einen LKW, der Propangas transportierte." Beim Motocross-Rennen in Salzwedel muss Greiners Fahrstil aufgefallen sein. "Dynamo Magdeburg hatte mich angesprochen und ich bin dorthin gewechselt", sagt das Fahrtalent.

Damit erreichte seine Laufbahn den Höhepunkt. Es folgten Auftritte bei großen nationalen und internationalen Rennen. "Nun war ich immer mit den Spitzenfahrern wie dem achtfachen DDR-Meister und dreifachen Weltmeister Paul Friedrichs unterwegs. Ich kam aber an sie nie richtig heran. Sie waren quasi Profis, konnten täglich trainieren und mussten nie arbeiten gehen", sagt der KFZ-Meister. So war ein siebenter Platz bei DDR-Meisterschaften sein bestes Ergebnis.

Die zahlreichen Einsätze auf den Rennpisten "von der Ostsee bis Thüringen" forderten jedoch ihren Preis. Nach etlichen Knochenbrüchen beendete Greiner Anfang der 70er Jahre seine aktive Laufbahn.

Fortan widmete er sich dem Genthiner Nachwuchs. "Einige Fahrer wie meinen Sohn Falk konnten wir später ebenfalls nach Magdeburg delegieren", sagt das Ehrenmitglied des Vereins. Aber auch Talente wie Norbert Müller, den mehrfachen DDR-Meister vom MC Kali Merkers, hatten ihre Wurzeln beim MC Genthin.

Seinen Wurzeln ist Greiner bis heute treu geblieben. Nach der Wende eröffnete er in der Kanalstadt einen Motorradhandel, später zog Falk junior mit einem eigenen Geschäft nach. Der Motocross-Virus hat also längst die nächsten Familiengenerationen gepackt. "Mittlerweile nehmen meine vier Enkel Fritz, Karl, Max und Falk an Rennen teil. Das ist die Krönung", sagt Greiner stolz.

Einen Wunsch hat der Senior aber noch: "Ich suche eine alte Armeezeitschrift aus den 60er Jahren vom Rennen in Heiligenstadt. Da bin ich auf einem Foto mit BMW-Helm zu sehen. Vielleicht hat die noch jemand." Seine Lieblingsmarke lässt ihn einfach nicht los.