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Corona-Krise DFB-Arzt Meyer mahnt Profis: Virus nicht ins Team tragen

Die Zahl der Corona-Fälle im Profifußball nimmt zu. Die DFL ist besorgt. Taskforce-Chef Meyer verortet die größte Gefahrenquelle abseits des Platzes. Er richtet eine "wichtige Botschaft" an alle. Das Nationalteam steht vor einer speziellen Herausforderung.

Von Klaus Bergmann und Jens Mende, dpa 06.10.2020, 09:35

Köln (dpa) - Tim Meyer ist besorgt. Beim DFB-Chefmediziner und der Deutschen Fußball Liga (DFL) wächst in der Corona-Krise die Furcht vor Infektionsketten bei den Bundesligaclubs.

Der 52-jährige Meyer richtet in seiner Funktion als Leiter der medizinischen Taskforce darum zum Start in die kühlere Jahreszeit und nach einer ersten Spielabsage in der 2. Liga (HSV gegen Aue) einen eindringlichen Appell an Spieler und Betreuer, sich vor dem Virus zu schützen.

"Wir können nicht einfach dabei zusehen, dass es immer mehr Einzelfälle gibt und irgendwann die erste Infektionskette in einem Verein auftritt. Wir kommen damit zur Individualverantwortung jedes einzelnen. Alle müssen im Privatleben verantwortlich handeln. Das ist eine Botschaft, die mir sehr wichtig ist", sagt Meyer der Deutschen Presse-Agentur vor den Länderspielen der deutschen Nationalmannschaft gegen die Türkei an diesem Mittwoch sowie im Risikogebiet Ukraine und nochmals in Köln gegen die Schweiz.

Der Teamarzt mahnt zur Vorsicht: "In den vergangenen Wochen hat es einige Corona-Fälle in den Clubs gegeben. Am vergangenen Wochenende gab es auch einen ersten Spielausfall. Das ist noch nicht dramatisch. Aber wir müssen eindeutig feststellen, dass die jetzige Pandemie-Lage auch andere Bevölkerungskreise betrifft und nicht nur Hotspots."

Meyer benennt zwei zentrale Unterschiede zum Ende der vergangenen Saison: "Erstens sind mehr Menschen in Deutschland infektiös. Und zweitens sind vermehrt auch die jungen Bevölkerungsgruppen betroffen, also die Gruppen, in denen Spieler und zum Beispiel auch Betreuer potenziell unterwegs sind."

Diese Entwicklung müsse auch in den Clubs berücksichtigt werden. "Dort gibt es bislang keine Infektionsketten. Das heißt: Auf dem Vereinsgelände scheint das Konzept gut umgesetzt zu werden. Die positiven Fälle kommen also mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Privatleben", sagt Meyer und schlussfolgert: "Es wird damit in den nächsten Wochen und Monaten darum gehen, sich auch im Privatleben als Spieler und auch als Betreuer der Profis so zu verhalten, dass das Virus nicht in die Mannschaft hineingetragen wird."

Warnende Beispiele gibt es längst. So reiste Borussia Dortmunds Jungstar Jadon Sancho (20) nach einer mutmaßlichen Teilnahme an einer Geburtstagsfeier mit englischen Teamkollegen am Montag zunächst nicht zur Auswahl seines Landes. Der englische Verband wollte erst mal "weitere Informationen" zur Risikoabschätzung sammeln.

Bei der DFB-Auswahl wird ebenfalls penibel auf den Hygieneschutz geachtet. Spieler, Trainer und Betreuer werden mehrfach getestet. Der Tross lebt abgeschottet in einer Blase. "Wir sind sehr diszipliniert und halten uns an die Regeln", sagt DFB-Direktor Oliver Bierhoff in Köln. "So gehen wir auch mit der Herausforderung um, in die Ukraine zu fliegen." Der Aufenthalt wird kurz gehalten, das Hotel vor Ort nur zum Training und zum Spiel verlassen. "Die Verantwortung gegenüber den Vereinen ist uns sehr wichtig", versichert Bierhoff.

Ihr medizinisch-hygienisches Konzept für die Bundesliga hat die DFL zur neuen Saison angepasst. Es gibt jetzt drei Pandemie-Level, die Maßnahmen richten sich nach der Höhe des Infektionsniveaus. Daneben gibt es einen Leitfaden für die Rückkehr von Fans in die Stadien.

Beides sind "zwei grundverschiedene Dinge", wie Meyer erläutert. Bei der Zuschauer-Rückkehr gehe es um den Infektionsschutz bei lokalen Großveranstaltungen, beim Hygienekonzept aber um den Arbeitsschutz für Berufsgruppen, die in den Stadien bei einem Spiel arbeiten.

Dabei verlagern sich die Zuständigkeiten. Die Entscheidung, ob Fans ins Stadion dürfen, obliegt weder der DFL noch dem DFB, sondern den lokalen Behörden. "Wir können nicht den örtlichen Gesundheitsämtern Vorschriften in Bezug auf lokale Großveranstaltungen machen", sagt Meyer. Das galt auch für den Plan des Deutschen Fußball-Bundes, gegen die Türkei erstmals wieder vor bis zu 9200 Zuschauern anzutreten.

© dpa-infocom, dpa:201006-99-840207/3