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Fußball Noah-Manuel Rieke besucht das Sportgymnasium in Halle/Saale und spielt erfolgreich im HFC-Nachwuchs Ein Kakerbecker träumt vom Deutschen Oberhaus

Von Florian Schulz 16.06.2012, 03:15

"Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg" - das ist das Lebensmotto von Noah-Manuel Rieke. Das 14-jährige Fußballtalent aus dem beschaulichen Kakerbeck hat sich einen Traum erfüllt, besucht das Sportgymnasium in Halle/Saale und spielt im Nachwuchs des Halleschen FC.

Kakerbeck/Halle l Noah-Manuel Rieke ist bekennender Fan von Hertha BSC Berlin - und wie es der Zufall will, waren der Kakerbecker und sein aktueller Verein Hallescher FC in der gerade abgelaufenen Spielzeit 2011/2012 Ligakonkurrenten der Hauptstädter. Allerdings handelt es sich hierbei um die C-Junioren-Regionalliga - oder, wie sie auch genannt wird, Talenteliga Mitteldeutschland. In dieser Spielklasse war Noah zuletzt aktiv, und das auch recht erfolgreich. Den achten Tabellenplatz schätzt Rieke selbst als sehr gutes Ergebnis ein.

Noahs Wurzeln liegen allerdings in seinem Heimatort Kakerbeck. Beim ortsansässigen TuS Blau-Weiß startete er seine bisher schon erfolgreiche Karriere 2001 im Alter von vier Jahren. Allerdings durfte er zunächst aufgrund seines zu jungen Alters nur trainieren und ein Jahr später erst Punktspiele für die G-Junioren bei Trainer Bernd Fankhänel bestreiten. Fankhänel, der in Kakerbeck etwas Großes aufbauen wollte, holte die Kinder seinerzeit selbst aus dem Kindergarten ab und ging mit ihnen direkt auf den Bolzplatz. Doch wie ist Rieke überhaupt zum Fußball gekommen? "Durch meinen Vater", entgegnet er. Bernd Rieke spielte selbst lange Zeit für die Blau-Weißen und legte seinem Junior das Talent mit in die Wiege. "Ich denke schon, dass ich das Spiel lenken kann und Talent habe", sieht der 14-Jährige, der wie seine beiden großen Vorbilder Xavi (FC Barcelona) und Bastian Schweinsteiger (FC Bayern München) im zentralen defensiven Mittelfeld ("Das war schon immer mein Ding") "zu Hause" ist, seine heutigen Stärken. Allerdings ist er - wie es sich für einen erfolgreichen Sportsmann gehört - auch selbstkritisch, sieht noch Defizite in Körpersprache und Kondition. Menschlich bezeichnet sich der 1, 80 Meter große Noah Rieke als "aufgeschlossen und kontaktfreudig".

Erster großer Erfolg bereits 2003 in der F-Jugend

Doch zurück zu den Anfängen: Zwar hatte Noah auch seinen Spaß an Tennis und Floorball, doch eine echte Konkurrenz zum Fußball stellten diese beiden Sportarten nicht dar. Mutter Carmen musste oft genug Ordnung im Wohnzimmer schaffen, nachdem ihr Sohn kurz nach den ersten erfolgreichen Gehversuchen dort mit dem runden Leder sein "Unwesen" trieb. "Das hat Nerven gekostet", erklärt Carmen Rieke, allerdings mit einem Lächeln auf den Lippen. Genau wie Ehemann Bernd ist sie stolz auf Noah, und auf das, was er bisher erreicht hat. Sein erster großer Erfolg war 2003 als F-Junior in Kakerbeck die Landesmeisterschaft. Fünf Jahre später feierte Rieke, der bis 2009 von Bernd Fankhänel und anschließend von seinem Onkel Ronald Gürges trainiert wurde, in der E-Jugend mit den Blau-Weißen den Hallenlandesmeistertitel in Schönebeck (2008). "Herr Fankhänel hat mich schon damals viel gelobt", so der Mittelfeldspieler. Nachdem sich Noah und seine Kakerbecker Kollegen zu D-Junioren-Zeiten in der Spielserie 2008/2009 neben dem Kreispokalsieg auch noch den Kreismeistertitel sowie damit verbunden den Aufstieg in die Landesliga sicherten, gab es nur eine Saison später erneut großen Jubel in Blau-Weiß. Nachdem Rieke Co. den Staffelsieg in der D-Jugend-Landesliga perfekt machten, holten sie sich daheim gegen den 1. FC Magdeburg (1:0), den Halleschen FC (1:0) und Rot-Weiß Thalheim (2:0) wenig später auch noch den Titel des Landesmeisters von Sachsen-Anhalt. Noah selbst schoss dabei das Siegtor gegen Magdeburg. Schon damals war er unverzichtbar für die Blau-Weißen. "Wenn es bei Noah nicht lief, lief es eigentlich bei der gesamten Mannschaft nicht. Er hat schon früh angefangen, Verantwortung zu übernehmen", beschreibt Vater Bernd. Zusammen mit Cousin Nils Gürges, Hannes Pietscher und Henning Schröder bildete der heute 14-Jährige das Grundgerüst. Auch in der DFB-Stützpunktauswahl, in der er unter der Leitung von Dieter und Mario Förster sowie Peter Böse von 2007 bis 2010 aktiv war, gehörte Noah zu den absoluten Leistungsträgern. Natürlich sprach sich das auch über die westaltmärkischen Grenzen hinaus herum. Auch, weil Rieke bereits zu Kakerbecker Zeiten in der Landesauswahl Sachsen-Anhalts - auch heute spielt er noch für das Hausdörfer-Team - aktiv war. Er wurde zu einem Probetraining beim 1. FC Magdeburg eingeladen, erhielt jedoch eine Absage.

2010 war Noah dann mit der Stützpunktauswahl bei einem Sichtungsturnier an der Sportschule Osterburg zu Gast. Anwesend war dort auch Falkmar Schupeck, Trainer an der Sportschule in Halle. Schupeck wurde direkt auf Noah und dessen Stärken aufmerksam und sprach ihn nach dem Turnier persönlich an. "Ich weiß noch genau, als er zu mir sagte: ¿Ich würde dich gern an der Sportschule in Halle trainieren\'. Ich entgegnete ihm, dass ich darüber nachdenken werde\'", erzählt der heute 14-Jährige.

Ausgerechnet an jenem Tag, an dem sich Rieke mit den D-Junioren seines Heimatvereins den Staffelsieg in der Landesliga sicherte, kontaktierte Landesauswahltrainer Dieter Hausdörfer ihn und seine Familie und unterbreitete das Angebot eines Wechsels auf das Sportgymnasium in der Saalestadt. "Wir haben uns beraten, und Noah hat letztendlich selbst entschieden", schildert Vater Bernd. Sein Sohn entschied sich noch im Jahr 2010 für Halle, weil er "Lust auf etwas Neues" hatte. "Ich wusste: Wenn ich höher hinauskommen möchte, kann ich nicht in Kakerbeck bleiben", erzählt Noah, der zuvor die Jeetzeschule in Salzwedel besuchte. "Die Gefühle sind in diesem Fall natürlich zweigeteilt. Einerseits zerreißt es einem als Elternteil das Herz, wenn der Sohn so früh sein Zuhause verlässt, andererseits freut man sich, dass er für seine Leistung belohnt wird", so Mutter Carmen. Bis heute bereut Noah Rieke den Schritt des Wechsels auf das Sportgymnasium nicht. In seiner Anfangszeit in der Saalestadt startete der 1. FC Magdeburg, der Rieke einst ablehnte und sich stattdessen die Dienste seines Ex-Mitspielers Henning Schröder sicherte, einen Abwerbungsversuch. Vergebens, denn Noah hatte sich mittlerweile fest bei den C-Junioren des HFC (U14) in der Verbandsliga etabliert.

"Bin manchmal erst um 20.30 Uhr wieder im Internat"

Der ehrgeizige Kakerbecker ("Ich kann einfach nicht verlieren") hat an der Sportschule unter der Woche ein kräftezehrendes Programm zu absolvieren. So stehen sechs Trainingseinheiten von Montag bis Donnerstag auf dem Programm. Freitags haben die HFC-Kicker frei, was Fußball betrifft. Um 6 Uhr morgens beginnt für den Westaltmärker am Dienstag und Donnerstag der Tag. Nach dem Aufstehen wird um 6.15 Uhr gefrühstückt, ehe es eine Viertelstunde später mit der Bahn zum Vormittagstraining, das unter der Leitung der Sportschultrainer Falkmar Schupeck und Brian Moschke um 7.30 Uhr beginnt, geht. Nach dem zweiten Frühstück beginnt an diesen beiden Tagen die Schule erst um 9.50 Uhr. Bis spätestens 16.40 Uhr ("Manchmal sind wir aber auch schon 14 oder 15 Uhr fertig") muss Rieke den Blick auf die Schulbücher richten. Anschließend findet von 17.30 bis 19 Uhr die zweite Trainingseinheit mit dem etatmäßigen HFC-Coach Gilbert Hernandez statt. "Manchmal bin ich dann erst um 20.30 Uhr wieder im Internat", erklärt Noah. Dann bleibt normalerweise nur noch eine halbe Stunde Zeit für Hausaufgaben und private Dinge, denn um 21 Uhr ist Nachtruhe angesagt. Aber nicht immer für den Kakerbecker, der oft noch eine halbe Stunde später mit seinen Eltern telefoniert. "Noah ruft, seitdem er in Halle ist, jeden Abend zu Hause an", verrät Mutter Carmen. Etwas erholsamer sind der Montag sowie auch der Mittwoch, an denen nur nachmittags trainiert wird. Die Schule beginnt dann bereits um 7.30 Uhr. Von den sechs Trainingseinheiten unter der Woche finden fünf mit dem Ball statt, eine beschränkt sich hingegen lediglich auf Lauftraining und Kondition.

In seiner Regionalliga-Mannschaft der C-Junioren fühlt sich Noah hingegen pudelwohl. "Wir sind eine richtige Truppe, allerdings wird bei uns auf dem Platz eher wenig gesprochen", erzählt Rieke, der selbst bei einigen Partien sein Team als Kapitän auf das Feld führte und insgesamt vier Saisontore erzielte. Sein 27-jähriger und ehrgeiziger Trainer Gilbert Hernandez hält große Stücke auf den Westaltmärker: "Er hat mir gesagt, dass ich ein sehr wichtiger Spieler sei. Er bedauert es jedoch, dass ich zuletzt oft verletzt war", so der 14-jährige Kakerbecker. Das Niveau der Talenteliga Mitteldeutschland beschreibt Rieke folgendermaßen: "Besser geht es in dieser Altersklasse fast nicht." Übrigens: Sein bester Kumpel in der Mannschaft ist Torhüter Tom Müller. Beide bewohnen auch das gleiche Zimmer. "Ich glaube, Noah und Tom passen charakterlich auch gut zusammen", erklärt Carmen Rieke. Ihren Sohn, der in der kommenden Saison in der B-Jugend aktiv sein wird, bekommt sie nur am Wochenende zu sehen, wenn er nach Hause nach Kakerbeck kommt. Auch in den Schulferien muss Rieke oft trainieren. "Ich fühle mich auf dem Land wohler, deshalb fiel mir die Trennung von meinen Eltern sehr schwer", erzählt Noah, der von Halle unter der Woche nicht allzu viel zu sehen bekommt.

"Aufstieg der Männer ist für unseren Verein wichtig"

Bei seinem Verein schätzt der sympathische Westaltmärker die gute Jugendarbeit und freut sich auch für die HFC-Männer, die jüngst den Aufstieg in die 3. Liga meisterten. "Das ist für den Verein wichtig. Die finanziellen Mittel kommen dann vielleicht auch dem Nachwuchs zugute, denn in der Infrastruktur besteht hier aus meiner Sicht noch Verbesserungsbedarf", so Noah, der in ein paar Jahren gern in der 1. oder 2. Bundesliga spielen würde. "Ich nehme das, was kommt. Ich möchte das für mich Bestmögliche erreichen", erklärt der 14-Jährige. "Er soll vorerst in Halle bleiben", ist Vater Bernd der Überzeugung, seinen Sohn am richtigen Platz untergebracht zu haben. Da kann Onkel Ronald Gürges, seines Zeichens Nachwuchstrainer beim SV Eintracht Salzwedel, wohl noch lange vergeblich versuchen, seinen Neffen in die Jeetzestadt zu locken. "Das ist natürlich auch nicht ernst von ihm gemeint, aber eine Rückkehr in die Altmark könnte ich mir generell irgendwann im Alter vorstellen", erzählt Noah. Erstmal will er jedoch seine schon jetzt ereignisreiche Fußballerkarriere fortsetzen, würde später auch gern als Trainer dieser Sportart treu bleiben. Einen konkreten Berufswunsch hat der 14-Jährige noch nicht. Den Wunsch, auf der Karriereleiter noch ein paar Stufen nach oben zu klettern, hat er jedoch schon lange. "Ich lebe meinen Traum und gebe mich so schnell nicht mit dem bisher Erreichten zufrieden", so Noah Rieke.