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Handball Wiegert und der Video-Wahnsinn

Der SCM muss Donnerstag in Bietigheim und Sonntag in Porto ran. Für Trainer Bennet Wiegert bedeutet das: Absoluter Video-Wahnsinn.

Von René Miller 21.11.2018, 00:33

Magdeburg l Klick, klick, klick. Immer wieder lässt Bennet Wiegert die wichtigsten Szenen aus den letzten Spielen seiner Jungs und des Gegners über den Bildschirm seines Laptops fliegen. So schnell, dass die Tempo-Gegenstöße der Magdeburger für das ungeübte Auge kaum zu verfolgen sind.

Denn der SCM-Trainer kann sich die Spiele ja nicht in normaler Geschwindigkeit anschauen. Das lässt die Zeit nicht zu. Schon gar nicht, wenn wie jetzt zwei Spiele innerhalb von nur drei Tagen anstehen. Wiegert: „Als ich vor vier Jahren damit anfing, habe ich noch die doppelte Zeit für die Analyse gebraucht. Jetzt schaue ich mir Spiele in drei- und sogar vierfacher Geschwindigkeit an. “

Vor Jahren war es gerade international oft schwierig, verwertbares Videomaterial von den Gegnern zu bekommen. Wiegert: „Das war eine echte Tauschbörse. Da ging es zu wie beim Sammeln von Panini-Bildern. Inzwischen gibt es aber Portale, wo man sich ganz gut bedienen kann. Von Porto entsprechendes Bildmaterial zu bekommen, war dadurch kein Problem.“

Zu viel Videomaterial kann allerdings auch nachteilig sein. Wiegert: „Wenn man zu viele Spiele analysiert, dann verliert man schnell mal den Überblick.“ Aus den einzelnen Spielen schneidet Wiegert sogenannte „Tags“ zusammen. Das sind entscheidende Szenen, die meist nicht länger als vier Sekunden dauern. Die werden natürlich nicht in einer Dauerschleife gezeigt, sondern speziellen taktischen Varianten (beispielsweise Überzahl, Unterzahl, 7. Feldspieler) zugeordnet.

Für das Spiel in Bietigheim hat der Trainer aktuell rund 45 Minuten für seine Spieler zusammengestellt. Wiegert: „Der längste Clip davon behandelt den Angriff des Gegners. Das sind rund 20 Minuten. Und nachdem wir uns gemeinsam alles angeschaut und besprochen haben, können sich die Spieler alles auch zu Hause oder auf der Fahrt abrufen.“

Manche Vereine lassen diese Videoanalysen von Agenturen zubereiten. „Das kommt für mich aber nicht infrage. Wenn man so ein Spiel analysiert, muss man ein entsprechendes Gefühl für diese Partie bekommen und genau wissen, was die entscheidenden Szenen sind, warum jetzt so oder so agiert wurde. Und darüber möchte ich lieber selbst die Kontrolle haben“, so Wiegert, der das Softwareprogramm der Firma „Sportimization“ mit weiterentwickelt und auf seine Bedürfnisse zugeschnitten hat. Unterschiede macht Wiegert bei den Gegnern nicht. Bietigheim wird genauso ausführlich vorbereitet wie ein Top-Spiel.

Neben dem normalen Training in der Halle sitzt Wiegert vor jedem Spiel rund zehn Stunden an seinem Laptop. Wiegert: „Einen familienfreundlichen Job habe ich nicht gerade. Deshalb bin ich oftmals gar nicht böse über lange Auswärtsfahrten, weil ich da schon jede Menge unterwegs im Bus machen kann.“ Auf seiner externen Festplatte ist von den vier Terrabite Speicherplatz schon die Hälfe verbraucht. Und das Archiv des SCM-Trainers reicht sogar noch bis zu seiner Tätigkeit für die Youngsters zurück.

Detailliert hält der 36-Jährige auch fest, wann was im Training gemacht wurde, welcher Spieler gefehlt hat oder nicht voll belastbar war. Wiegert: „Verglichen mit den jeweiligen Ergebnissen kann ich dadurch auch das aktuelle Training ausrichten und das Programm aufstellen, was uns zuletzt zum Sieg geführt hatte.“

Und in der Getec-Arena ist sogar eine Software installiert, um die Spieler beim Training zu „überwachen“. Durch einen elektronischen Brustgurt kann genau gemessen werden, wer wie viele Kilometer im Training gelaufen ist. Wiegert: „Wenn einer statt wie gewohnt 2000 nur 1000 Meter läuft, dann kann ich darauf eingehen. Dann ist er vielleicht nicht richtig fit oder es gibt ein anderes Problem.“

Mehr Informationen zum SCM gibt es hier.