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Hut ab: Amateur-Boxer oben ohne - Weg zum Profi

02.08.2012, 10:16

London - "Hut ab, Hemd aus!", heißt das Kommando bei den Amateurboxern. Rein äußerlich sind die Faustkämpfer im nächsten Jahr kaum noch von den Profis zu unterscheiden.

Der Kopfschutz wird abgenommen und die Amateurboxer der Weltliga WSB (World Seriens of Boxing) steigen wie ihre professionellen Kollegen mit blankem Oberkörper in den Ring. Frauen - selbstredend oben mit - sollen aber den "Hut" aufbehalten. Helm und Trikot sind jedoch nur Marginalien. Der Weltverband AIBA drückt die Reset-Taste und startet einen tiefgreifenden Umbau des Boxens.

"Wir haben die Entwicklung lange verschlafen. Jetzt haben wir den Zug wieder erreicht", sagt Jürgen Kyas, Präsident des Deutschen Boxsport-Verbandes (DBV), in London. Das Abwandern der guten Kämpfer ins kommerzgesteuerte Preisboxer-Lager soll verhindert werden. Dazu gehört, dass von 2016 an bei den Olympischen Spielen neben den Amateuren 56 Profis in den Ring steigen dürfen. Das betrifft aber nicht die heute bekannte Spezies Profi, sondern jene, die sich der AIBA-eigenen Profi-Abteilung APB anschließen. Weltverbandspräsident Wu Ching-Kuo: "Ich bin entschlossen, das Profiboxen unter dem Schirm der AIBA einzuführen." DBV-Sportdirektor Michael Müller ist begeistert: "2016 haben wir das attraktivste olympische Turnier, das es je gab."

Die AIBA stützt sich künftig auf drei Säulen: das olympische Boxen, in denen die Akteure weiterhin drei Runden à drei Minuten bestreiten, die bereits existierende Weltliga WSB, bei der die Kämpfer fünf Runden à drei Minuten boxen und schließlich die eigenen 12-Runden-Profis. Diesen werden vier Kämpfe pro Jahr garantiert. Zunächst zwölf Boxer pro Klasse ermitteln in den Divisionen national, international und weltweit ihre Champions. Pro Kampf bekommen sie ein Fixum, Siegprämien gibt es oben drauf. Der Profi darf auch in die WSB-Liga wechseln.

Bei den Amateuren wandert das immer wieder für Verärgerung sorgende Wertungssystem in den Orkus. Keine Punktmaschinen mehr, mit denen die fünf Punktrichter die Treffer eingeben sollen. Das klappt ohnehin nur suboptimal. Die Unparteiischen können oftmals gar nicht so schnell drücken wie getroffen wird.

Von 2013 an werten nur noch drei Punktrichter nach jeder Runde im bekannten Zehn-Punkte-System der Profis. "Nur drei statt fünf Kampfrichter - das spart Geld", nennt Müller einen weiteren Vorteil. Im kasachischen Almaty wird derzeit eine Akademie zur Ausbildung des Einheitstrainers für Profis und Amateure errichtet.

Sollte sich das Ganze bewähren, käme das jetzige Preisgeldboxen mit seinem ausschließlich auf den Mammon ausgerichteten System in Bedrängnis. "Wir sichern die Boxer sozial ab. Krankenkasse, Steuern, Versicherungen, Trainerkosten zahlen wir. Beim heutigen Profi kann es vorkommen, dass er bei einer Börse von 25 000 Euro letztlich nur 1000 Euro behält", sagt Kyas. Zielgruppe sind nicht die bisherigen Profis - für eine Übernahme darf ein Alt-Professioneller ohnehin nur 15 Kämpfe bestritten haben -, sondern abwanderungswillige Amateure. Kyas: "Den besseren Sport haben wir. Denn die Qualität des heutigen Profi-Boxens liegt darnieder."