Handball Interview mit Anja Wachholz, Trainerin der Handballfrauen der SG Seehausen Anja Wachholz: "Derzeit läuft in unserer Mannschaft alles optimal zusammen"
Seehausens Handball-Frauenteam sorgt in seiner vierten Saison in der höchsten Spielklasse von Sachsen-Anhalt für Furore. Die Mannschaft hat 19:11 Punkte auf dem Konto, steht so gut da wie noch nie zuvor. Mit Trainerin Anja Wachholz sprach Wolfgang Seibicke.
Volksstimme: Liegt der Erfolg an Ihnen?
Anja Wachholz: Meine Mottos sind immer: Ein Trainer ist nur so stark wie seine Mannschaft und nur so motiviert wie sie. Und beides ist momentan optimal. Ich hoffe natürlich, dass ich einen Anteil daran habe. Ich bin immer ich selbst geblieben, habe mich immer wieder neu auf die Frauen eingestellt. Wer den Frauenbereich kennt, weiß, dass das nicht immer einfach ist. Ich komme sehr gut im Team zurecht und sehe mich auch mittendrin.
Volksstimme: Ist die Leistungsexplosion auch darauf zurückzuführen, dass die meisten Spielerinnen den Abstand zu Bianca Braune und Johanna Willing verkürzt haben?
Wachholz: Natürlich sind Johanna und Bianca in den letzten Jahren hervorgetreten, aber sie waren natürlich auch stets auf Ihre Mitspielerinnen angewiesen, in Form von Anspielen, Sperren stellen, Freiräume schaffen. Sie wussten das konkret zu nutzen und das spiegelte sich natürlich in der Torquote wider. Die Leistungsexplosion ist für mich das Ergebnis der letzten drei Jahre im Oberhaus. Zunächst haben wir Erfahrungen gesammelt und an unserem Angriffsverhalten gearbeitet. In der zweiten Serie legten wir dann mehr Wert auf die Deckung und nach der dritten Saison versuchten wir alles zu kombinieren. All dies läuft eben jetzt optimal zusammen.
Volksstimme: Ihre Mannschaft fängt sich entschieden weniger Gegentreffer ein. Welche Fortschritte sehen Sie in der Abwehr?
Wachholz: Wir haben einen sehr stabilen Mittelblock, der die Spielverlagerung bestens koordiniert. Wir sind in der Lage, diesen auch an verschiedene Teams anzupassen, da sich viele Spielerinnen, zum Beispiel Franziska Milchert, Bianca Braune, Katja Steinke, Christin Kracheel und Tina Fischer für diese Position anbieten. Des Weiteren haben sich die Torwartleistungen gebessert. Und wir treten von allen Positionen rechtzeitig auf unsere Gegenspieler heraus, warten nicht erst auf deren Aktionen.
Volksstimme: Wie oft trainiert die Mannschaft, wie ist die Trainingsbeteiligung?
Wachholz: Donnerstags und freitags. An beiden Tagen haben wir zusätzlich die Möglichkeit gemeinsam mit der B-Jugend zu trainieren. Zur Trainingsbeteiligung: Wer die Möglichkeit hat, ist auch da. Momentan sind es nur noch maximal fünf Spielerinnen, die aus Seehausen und Stendal kommen, der Rest der Mannschaft reist jeden Freitag an. Wenn man im Gegenzug die Trainingspläne anderer Teams in der Liga sieht, verdient unsere Mannschaft höchsten Respekt.
Volksstimme: Christin Kracheel pendelt zu den Spielen sehr oft von Essen nach Sachsen-Anhalt. Was gibt sie der Mannschaft?
Wachholz: Grundsätzlich danke ich allen Spielerinnen, die jedes Wochenende weite Fahrten auf sich nehmen. Christin hat viel Spaß in dieser Mannschaft zu spielen und ist darum auch bereit so oft zwischen Essen und Seehausen zu pendeln, auch wenn man das finanziell gar nicht aufrechnen kann. Sie trainiert sogar noch in Essen, um bei uns eine optimale Leistung abzuliefern. Und das tut sie in Deckung und Angriff.
Volksstimme: Welche weiteren Spielerinnen haben für sie innerhalb der Mannschaft eine wichtige Rolle übernommen beziehungsweise eine Entwicklung zu verzeichnen?
Wachholz: Neben Bianca Braune und Johanna Willing ist Katja Steinke eine weitere Stütze der Mannschaft. Sie treibt die Deckung von linksaußen förmlich an, übernimmt auch im Angriff mehr Verantwortung und kümmert sich auch außerhalb der Spiele viel um das Team. Tina Fischer hat nach Startschwierigkeiten wieder gut in die Mannschaft gefunden. Sie zeigt nun ein aggressives Deckungsverhalten und ist im Angriff bissiger. Franziska Milchert und Eylene Bredin werden immer stabiler spielende Kreisspielerinnen. Franziska Bäse hat für mich im Laufe der Jahre die größte Entwicklung gemacht. Sie benötigt nur noch ein bisschen mehr Selbstvertrauen im Angriffsverhalten, um noch mehr Torgefahr auszuüben.
Volksstimme: Hatten Sie geahnt, dass Johanna Willing bei der Volksstimme-Sportlerwahl den ersten Platz belegen würde?
Wachholz: Geahnt nicht, aber gehofft. Ich war auch sehr stolz darauf, dass Johanna mich als Trainerin mit eingeladen hat. Meiner Meinung nach hat sie es verdient, auch wenn Einzelsportler immer mehr errungene Titel vorweisen können. Natürlich habe ich mich auch über den zweiten Platz unserer männlichen B-Jugend gefreut, von dessen Teilnahme Johanna bestimmt in der Stimmvergabe profitiert hat. Nun warten alle nur noch darauf, dass Johanna ihren Pokal auch mal befüllt!
Volksstimme: Haben Sie ein konkretes Ziel (sprich: Platz) zum Saisonabschluss im Auge?
Wachholz: Am Anfang der Saison war es das Mittelfeld. Jedoch sind noch 18 Punkte zu vergeben. Ich hoffe, dass wir uns noch auf den vierten Platz vorarbeiten können.
Volksstimme: Sie müssen mit Ihrer Mannschaft noch beim SV Oebisfelde spielen. Die Oebisfelderinnen haben in dieser Saison zweimal gegen Ihre Mannschaft gewonnen. Ist das jetzt der Seehäuser Angstgegner?
Wachholz: Oebisfelde war für uns schon immer schwer. Wir haben dabei nie unsere Leistung abrufen können. Ich hoffe, dass wir am letzten Spieltag in Oebisfelde über unseren Schatten springen.
Volksstimme: Wer wird 2012 Meister von Sachsen-Anhalt?
Wachholz: Auch wenn es an der Tabellenspitze eng her geht und manchmal von Spieltag zu Spieltag wechselt, wird Schkopau Landesmeister. Es ist eine sehr eingespielte Mannschaft mit einer vorzüglichen Trainerin.
Volksstimme: Wer wird aus Ihrer Sicht absteigen?
Wachholz: Großgrimma/Zeitz. Lok Schönebeck wird sich noch erholen und die nötigen Punkte gegen den Abstieg sammeln, denn sie haben den Ausfall von Carolin Schedlo zu kompensieren, sind aber auf dem besten Weg.
Volksstimme: Sie sind nicht nur Seehäuser Damentrainer, sondern betreuen auch die B-Jugend? Passt das gut zusammen?
Wachholz: Bestens. Ich habe nach dem Weggang von Mario Ernst-Schönfelder auch nicht lange überlegt. Beide Teams profitieren ungemein voneinander. Die B-Jugend-Spielerinnen sollen Spielberechtigungen für den Frauenbereich erhalten und dann auch nach und nach eingesetzt werden. Aber ich stehe auch nicht allein da. Frank Springer und Eylene Bredin sind an meiner Seite.
Volksstimme: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Wachholz: Ganz klar, dass die Mannschaft so bestehen bleibt wie sie ist, um nach und nach die Jungspielerinnen zu integrieren, um in der kommenden Saison unseren bisher erreichten Erfolg zu bestätigen. Dabei ist es mir auch sehr wichtig, dass Spielerinnen wie Romy Theiß, Wencke Schönhoff und Maxi Redlich, die momentan aufgrund von Studium und Arbeit eher selten bei der Mannschaft sind, weiterhin zur Stange halten und da sind, wann immer es ihnen möglich ist.