Story Immer engagiert, egal, wann und wo
Der 43-jährige gebürtige Oebisfelder Enrico Nefe engagiert sich beim Handball-Drittligisten SV Anhalt Bernburg.
Bernburg l Einfach hat es Enrico Nefe nicht, Beruf und Hobby unter einen Hut zu bringen. Wenn man bei seinem Engagement beim Handball-Drittligisten SV Anhalt Bernburg überhaupt von einem „Hobby“ sprechen kann. Der 43-jährige gebürtige Oebisfelder spricht nämlich von „leistungsorientiertem“ Handball in Bernburg, sodass er natürlich auch dort alle Hände voll zu tun hat.
Einst hat Enrico Nefe als junger Trainer mit für den Aufstieg des SV Oebisfelde in die Regionalliga gesorgt. Das weckte Begehrlichkeiten. Nefe hatte sogar Angebote aus der 2. Liga auf dem Tisch, allerdings war der Allerstädter, mittlerweile in Langenweddingen wohnhaft, stets sehr heimatverbunden. Schon als Spieler wollte er den SVO nur ungern verlassen, als Funktionär hat es ihn über Köthen nun nach Bernburg verschlagen, wo sich der 43-Jährige als Sportlicher Leiter sehr wohl fühlt.
Das Handball-Abc wurde Enrico Nefe von der Oebisfelder Legende Hans Pickert beigebracht. „Die Sporthalle trägt auch berechtigter Weise seinen Namen“, schwärmt Nefe von seinem großen Förderer. Mit sechs Jahren nahm der Allerstädter als gelernter Linksaußen zum ersten Mal den Ball in die Hand. Zuvor hatte er sich als Fußballer und Leichtathlet ausprobiert, doch letztendlich überwog die Begeisterung für den Handball. „Da konnte man auch im Winter gut in der Halle trainieren“, nennt der Sportenthusiast einen Grund. „Für mich war zudem der Mannschaftssport ein ganz wichtiger Faktor“, fügt er an.
Schnell schaffte Enrico Nefe den Sprung in die Bezirksauswahl und hätte als 14-Jähriger gemeinsam mit Timo Ellenberg auch auf die Sportschule nach Berlin wechseln können. Dort wäre dann ein Engagement bei Dynamo Berlin möglich gewesen. Nefe entschied sich dagegen. Auch ein Angebot von Dynamo Staßfurt aus der DDR-Liga, wo er zum Halbprofi geworden wäre, lehnte er zwei Jahre später ab. Der Verein lockte zudem mit einer lukrativen Lehre. Doch aufgrund seiner Verbundenheit zu seiner Heimat blieb er.
Bei den Oebisfelder Herren agierte das Talent auf der Rückraummitte. Trainer des Teams war Uwe Dietz. Diesen löste Enrico Nefe – zwischenzeitlich kurzzeitig in Vorsfelde in der Oberliga aktiv – als 23-Jähriger in der Verbandsliga ab. Aufgrund einer Verletzung musste Nefe seine Laufbahn frühzeitig beenden und stieg direkt als Trainer ein. Mit Erfolg, denn der Allerstädter führte das Team auf Anhieb zurück in die Oberliga. „Hans Pickert und Uwe Dietz haben mich geprägt. Zudem wollte ich schon immer irgendwann mal Trainer sein“, erklärt der 43-Jährige.
Die Kompetenz dazu war vorhanden, was die kommenden Erfolge zeigten. Die Oebisfelder schafften den Sprung bis in die Regionalliga. „Es war der größte Erfolg für den Oebisfelder Handball“, erinnert sich der Handballlehrer gern zurück. Bereits mit 15 Jahren arbeitete Nefe als Übungsleiter im Nachwuchs und erwarb wenig später die B-Lizenz. Später kam dann auch noch die A-Lizenz dazu. „Ich war schon vorher der verlängerte Arm von Uwe Dietz, das Team wollte es zudem auch so, dass ich es übernehme. Die Jungs haben wirklich gut mitgezogen“, so der 43-Jährige.
Der arbeitete in seinen acht Jahren noch mit Akteuren wie Matthias Schulzke und Maik Giebel zusammen und durfte mit der Zeit auch junge Spieler wie Andreas Kalupke, David Eckert und Andreas Werner miteinbauen. Als „No-Name“ (O-Ton Nefe) spielten die Mannen von der Aller immerhin vier Jahre lang in der Regionalliga, erreichten dort in den ersten beiden Spielzeiten („Es ging eigentlich immer vorwärts“) zudem starke Platzierungen.
2008 zog es Enrico Nefe zur HG Köthen in die 3. Liga. „Der Verein hat schon immer an die Tür zur 2. Liga geklopft“, weiß Nefe. Seine tolle Arbeit als Coach in Oebisfelde hatte sich mittlerweile herumgesprochen.
Sogar Zweitligisten wie Empor Rostock buhlten um die Dienste des Allerstädters. Aufgrund seiner Ausbildung in Magdeburg wollte dieser aber in der Region bleiben. „Im Nachhinein betrachtet war Köthen auch die richtige Entscheidung. Leider konnten wir unsere Ziele dort aber nicht verwirklichen“, berichtet der 43-Jährige. Das war auch der Grund dafür, weshalb man sich nach nur einem Jahr schon wieder trennte.
Enrico Nefe wechselte daraufhin zum SV Anhalt Bernburg. Der Verein startete nach der Insolvenz und dem Abstieg aus der 2. Liga gerade einen Neuanfang. Sven Liesegang übernahm das Traineramt, Nefe die Position des Sportlichen Leiters. „Für mich war mittlerweile klar, da ich beruflich in Hannover und Salzgitter tätig war, dass der Beruf wichtiger als der Sport war. So kam eine Funktion als Berufstrainer auch nicht in Frage, wobei ich dem Handball allerdings verbunden bleiben wollte“, so der gebürtige Oebisfelder, der mittlerweile auch dem Vorstand der ausgegliederten Handballsparte angehört.
„Für mich war Bernburg mit dem Neuaufbau eine große Herausforderung. Wir arbeiten seitdem grundsolide mit unseren Möglichkeiten“, zeigt sich Nefe sehr stolz. In der 3. Liga haben sich die Sachsen-Anhalter längst im Mittelfeld etabliert. „Ich fühle mich in meiner Position sehr wohl. Wir haben hier eine klare Aufgabenverteilung, wobei ich für den sportlichen Teil zuständig bin. Man muss sagen, dass die 3. Liga für uns momentan das Maximum ist. Unsere Mannschaft ist im Schnitt gut 22 Jahre alt und damit die jüngste in der Liga“, verrät Nefe.
Der SV Anhalt – zu den Heimspielen finden sich um die 500 Zuschauer ein – sieht sich selbst als Ausbildungsverein. Junge Spieler werden gesucht, die nicht unbedingt den Weg in den Profibereich gehen, aber neben Beruf oder Ausbildung dennoch auf recht hohem Niveau Handball spielen wollen. „Da geben wir durchaus auch mal trainingsfrei“, verrät Nefe.
So konnten die Bernburger in den Vorjahren schon mehrfach Nachwuchsakteure vom SC Magdeburg für sich gewinnen. Wenn diese sich im Nachhinein doch für einen höherklassigen Verein entscheiden, werden ihnen keine Steine in den Weg gelegt. Im Gegenteil: „Wenn es so ist, machen wir hier einen guten Job“, wie es Enrico Nefe ausdrückt.
Der Einstieg in die aktuelle Spielzeit war schwierig. Man belegte Rang 13, als man sich Anfang Oktober von Hendrik Tuschy trennte. Tuschy, der zuvor bereits durch Kontakte zu Nefe in Oebisfelde arbeitete, hatte das Traineramt in Bernburg erst mit Saisonbeginn übernommen. Seinen Vorgänger Christian Pöhler zog es nämlich zum HC Elbflorenz Dresden in die 2. Liga. „Es war ein Versuch, aber es hat leider nicht geklappt. Rang 13 war für unsere Ansprüche zu wenig, daher war die Trennung auch die richtige Entscheidung“, muss der Sportliche Leiter – auch wenn es ihm schwer fiel – zugeben.
Nefe selbst übernahm gemeinsam mit dem lettischen Nationaltrainer Armands Uscins interimsweise das Traineramt beim SV Anhalt. „Wir haben eine gute Qualität im Kader, viele junge Spieler müssen sich aber sicherlich erst noch richtig eingewöhnen“, erklärt der 43-Jährige. Er führte die Sieben seitdem aus dem Keller in die Verfolgergruppe im Klassement. „Dennoch braucht die Truppe einen Trainer, der mehr Zeit für sie hat. Ich verfolge zwar alle Spiele und kenne daher die Stärken und Schwächen des Teams genau, doch mir fällt es auch nicht immer leicht, die vier bis fünf Trainingseinheiten pro Woche wahrzunehmen. Spätestens im Januar hoffen wir, dass wir einen Nachfolger gefunden haben“, berichtet Enrico Nefe, der bereits mehrere Gespräche geführt hat.
Selbst hat Enrico Nefe für die Zukunft keine großen sportlichen Ambitionen mehr. „Mein Beruf als Standortleiter, wo ich für über 40 Mitarbeiter zuständig bin, geht einfach vor. Wenn ich dort vielleicht noch einen Schritt weiter gehe, kann es sein, dass für mich in Bernburg irgendwann Schluss ist. Ich arbeite zwar mit großem Engagement, würde dauerhaft aber gern jemanden finden, an den ich meine Position dort weitergeben kann“, verrät der Ex-Oebisfelder.
Dazu kommt, dass seine Tochter im kommenden Jahr ihr Abitur ablegen wird und der 43-Jährige auch für sie mehr Zeit haben möchte. Rein sportlich sieht er die Bernburger aktuell gut aufgestellt. „Für mich zählt, dass die Mannschaft immer stärker als der Einzelne ist. Von daher möchte ich auch keine teuren Spieler verpflichten“, verrät Nefe. Stattdessen baut man hauptsächlich auf junge Akteure, die sich beim SV Anhalt weiterentwickeln und womöglich – wie zum Beispiel Arseniy Buschmann (HC Elbflorenz Dresden) – an höherklassige Vereine weiterverkauft werden. „Genauso wollen wir es auch beibehalten und uns möglichst auch weiterhin einstellig platzieren“, verrät Enrico Nefe, der beim SV Anhalt Bernburg in seinen bisher gut acht Jahren mit seiner akribischen Arbeit also schon viel bewegt hat.