Kegeln Schneider sagt nach elf Jahren adieu
Nach elf Jahren verlässt Thomas Schneider das Bundesligateam des SKV Rot Weiß Zerbst. Seine Beweggründe im Interview.
Volksstimme: Wie geht es Ihnen und Ihrer Familie in der angespannten Krisen-Situation?
Thomas Schneider: Soweit ist bei uns alles gut. Im täglichen Leben, zumindest gesundheitlich, spielt die derzeitige Krise bei uns nur eine untergeordnete Rolle. Aber vor Kurzem musste meine Frau zur Blinddarm-Operation ins Krankenhaus. Das war dann hermetisch abgeriegelt, wir durften keine Besuche machen und nur bis zur Rezeption, um Sachen abzugeben. Das war sehr komisch. Ich arbeite derzeit weitgehend im Homeoffice, muss nur ab und an ins Büro. Ansonsten halten wir uns natürlich an die Vorgaben, tragen jetzt auch in der Öffentlichkeit die vorgeschriebenen Masken.
In der Bundesliga stehen noch zwei Spiele aus. Hatten Sie noch Hoffnung auf eine Fortsetzung der Saison und wie halten Sie sich dafür fit?
Es wäre natürlich schön gewesen, wenn die Saison ordentlich zu Ende gegangen wäre. Das scheint mir aber unter den derzeitigen Umständen kaum realisierbar. Ich weiß auch nicht, ob das jetzt sportlich noch wirklich Sinn machen würde. Wir sind alle seit vier und mehr Wochen aus dem intensiven Training, Körper und auch Geist haben runtergefahren und wahrscheinlich schon mit dem Ganzen abgeschlossen. In der aktuellen Diskussion finde ich die Meinung von Manfred Hanikel vom KRC Kipfenberg sehr bemerkenswert, der als direkt vom Saisonnabbruch (punktgleich mit derzeitigem Tabellenführer in der 2. Bundesliga Süd/West und so Nichtaufsteiger – d. Red.) Betroffener den eigenen Sport hinter die Gesundheit und Planungssicherheit stellt und echte Solidarität unter Keglern zum Ausdruck bringt.
Schon im März wurde das Champions League Finale und der DKBC-Pokal abgesagt. Wie stehen Sie dazu?
Das Kegeln rückt derzeit weit in den Hintergrund. Klar wäre die perfekte Saison, mit allen möglichen Titeln, toll gewesen. Und ich glaube, so wie wir drauf waren, hätten wir sicher alles gewinnen können. Aber das ist jetzt unwichtig. Ich hoffe, dass alle gesund bleiben.
Egal, ob noch gespielt wird oder nicht, der Deutsche Meistertitel für Sie und Ihr Team steht fest. Ist das wenigstens ein kleiner Trost?
Da habe ich mir noch keine wirkliche Meinung gebildet. Ich habe in der ganzen Zeit in Zerbst so viel Tolles erlebt, alle Höhen und Tiefen, Tragik oder Jubel, Sieg und Niederlage. Da ist der einzelne Titel eher Nebensache. Ich sehe hier lieber das Gesamtkonstrukt SKV. Da- ran hängt ein großes Stück meines Herzens, sowohl sportlich als auch menschlich.
Es wurde gemunkelt, dass Sie den SKV verlassen. Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
Im Januar erfuhren wir, dass wir nochmal Eltern werden. Natürlich haben wir uns wahnsinnig gefreut, aber als diagnostiziert wurde, dass es Zwillinge werden sollen, haben wir uns viele Zukunftsgedanken gemacht. Da haben wir daheim alle möglichen Szenarien durchgespielt. Zwar haben die Ärzte später festgestellt, dass es doch „nur“ ein Kind wird, aber unsere Planungen waren da schon recht weit. Wir haben über Wohnung, Arbeit, Auto und auch Geld nachgedacht. Auf alle Fälle stand fest, dass deutlich mehr Zeit für die Familie, zur Unterstützung meiner Frau mit dann zwei Kinder her muss und ich beim Kegeln kürzer trete. Die beste familiäre Unterstützung finden wir bei Anna`s Familie in Kroatien, so dass wir uns entschieden haben, einen Neuanfang zu wagen und dort hin zu gehen. Wann steht aber noch in den Sternen.
Und sportlich? Was ist da geplant?
Ich werde in der Übergangszeit in Halbergmoos spielen. Ich trainiere da schon seit Längerem immer wieder. Das sind nur ein paar Kilometer von mir, da ist der Aufwand deutlich geringer als in Zerbst. Auch dort steht ein tolles Team auf der Platte und ich bin schon jetzt gut integriert. Durch den Aufstieg in die erste Bundesliga, wenn alles so bleibt, habe ich sogar noch die Chance, alle in Zerbst nochmal wiederzusehen und mich ordentlich zu verabschieden.
Gibt´s noch einen Gruß nach Zerbst?
Der Abschied vom SKV ist für mich sehr emotional und ich traure der tollen Zeit sehr hinterher. Das Zerbst-Gen, wie wir das immer bezeichnet haben, ist absolut in mir. Ich danke dem Team, dem Verein und allen Freunden und Fans für die wahnsinnige Zeit. Und wir sehen uns, wann und wo auch immer, mit Sicherheit wieder. Vielleicht komme ich im August auch mal einfach so nach Zerbst.