Volksstimme-Serie "Unser Nachwuchs"Wie drei Talente aus dem Jerichower Land den Alltag meistern Spagat zwischen Schule, Sport und Freizeit
Neue Schule, neues Umfeld, noch mehr Sport. Drei Nachwuchssportler des Kreises wagten im Sommer den Sprung an das Sportgymnasium nach Magdeburg. Doch wie sieht so ein Alltag als Sportschüler überhaupt aus?
Magdeburg l Lachen klingt herüber, der Basketballkorb und die Tischtennisplatten sind dicht umlagert - es ist Mittagspause am Sportgymnasium Magdeburg. Die meisten Schüler jedoch sind noch gar nicht auf dem Pausenhof. Sie essen in der Mensa, in der täglich bis zu fünf Mahlzeiten bereitet werden.
Im Schülergewimmel fallen die "Neuen" - 44 Fünftklässler - gar nicht mehr auf. Selbstbewusst belegen sie Sitzplätze, spielen und erzählen mit älteren Mitschülern.Heute aber sind die Mädchen der 5a in die Englisch-Hefter vertieft, nach der Pause steht die zweite Lektion in der Fremdsprache an. Schnell haben sie gelernt, die wenige freie Zeit zu nutzen, denn nach Schulschluss bitten die Trainer zur täglichen Übungseinheit.
Für Michelle Strauch heißt es dann, zur Elbeschwimmhalle zu fahren. Dort wird die talentierte Schwimmerin von Lutz Schirrmeister ausgebildet. Aber nicht nur nachmittags wird trainiert, die Grundlagen für spätere Erfolge werden schon jetzt mit zusätzlichen Einheiten am Morgen gelegt: Dientag und Mittwoch ist 7 Uhr "Wasserzeit". Während die Schwimmer "Kacheln zählen", rechnen die Leichtathleten und Kanuten. Zwei Stunden Mathe stehen auf dem Plan, ehe alle gemeinsam in der vierten Stunde Englisch haben. Wenn dann die Schwimmer am frühen Nachmittag über den Matheaufgaben sitzen, sind die Leichtathleten auf dem Sportplatz oder in der Laufhalle des Olympiastützpunktes zu finden. Nach den Herbstferien heißt es dann auch für Paula Baate und Marlen Steinhoff, täglich eineinhalb Stunden Training bei Klaus Lindner zu absolvieren.
Während Paula, die beim PSV Burg mit der Leichtathletik begann, im Sportinternat wohnt und nach dem Abendbrot in der Mensa den Rest der Schulaufgaben erledigt, fahren Marlen und Michelle in ihre Heimatorte Lostau und Hohenwarthe. Der tägliche Gleichklang folgt nun: Essen, Lernen und zeitig ins Bett, denn früh um halb sechs klingelt der Wecker. Und trotzdem möchte keines der drei Mädchen mit anderen Gleichaltrigen tauschen. Selbstbewusst zählen sie die Vorteile der Eliteschule des Sports auf: zusätzliche Trainingsmöglichkeiten, sportgerechte Ernährung, Freistellung zu Wettkämpfen und "man muss kein Essen mehr mitnehmen". Nach den ersten Tests und Klassenarbeiten wissen die Mädchen auch: Ihnen wird nichts geschenkt. Gute Schulleistungen gibt es nur durch (Kopf-) training.
Der "sportliche Daumen" zeigt bei den drei Mädchen aus dem Jerichower Land nach oben. Die Leichtathletikausbildung trägt nun dem Mehrkampf Rechnung; Paula springt jetzt sicher über vier Meter und kann inzwischen die 1,20 m-Marke im Hochsprung knacken. Marlen stand erstmals bei allen Disziplinen bei den Bezirksmeisterschaften im Endkampf und hat sich mit guten Hochsprung- und Hürdenleistungen ins Gespräch gebracht. Beide Mädchen durften bei den erstmals ausgetragenen Team-Meisterschaften des Bundeslandes für die zweite Mannschaft ihres Vereins an den Start gehen - Trainer Klaus Lindner weiß um die Bedeutung solcher Höhepunkte. Die Mädchen errangen einen sehr guten vierten Platz "mit Luft nach oben in der Hallensaison". Da ist er wieder, der Boden der Tatsachen, denn alle erreichten Werte sind nur Momentaufnahmen. Das weiß auch Klassenkameradin Michelle, die am vergangenen Wochenende mit einem kompletten Medaillensatz vom Salzpokal aus Halle nach Hause kam. Schon einen Tag später zählen wieder optimale Umsetzung der Trainingsanforderungen und Übungsfleiß.
Im Englischtest, der erwartungsgemäß geschrieben wurde, erreichen die Mädchen gute Ergebnisse und "die nächsten Mittagspausen gehören jetzt dem Spiel mit den Freunden." Denn darin sind sich die drei Mädchen einig: Sport und Schule wären ohne den guten Zusammenhalt in der Klasse und feste Freundschaften nur halb so schön.