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Kanurennsport Auf den Spuren der Heukrodt & Co

Moritz Florstedt bereitet sich derzeit auf seine erste WM-Teilnahme vor.

15.07.2018, 04:00

Magdeburg l Der 16-jährige Kajakfahrer vom SC Magdeburg zählt zu den jüngsten Athleten in der deutschen Junioren-Nationalmannschaft und muss bereits viel Verantwortung übernehmen. Am Ende des Gesprächs, zaghaft und fast etwas schüchtern, spricht er es dann doch noch aus. „Tokio 2020“, sagt Florstedt. Nur um dann nachzuschieben, dass er mit solchen Formulierungen natürlich vorsichtig sein müsse, die Teilnahme an den Olympischen Spielen als langfristiges Ziel aber nicht unmöglich sei.

Vor allem dann nicht, wenn Florstedt seine „perfekte Saison“ aus dem Vorjahr wiederholen kann. Mehr als 17 Goldmedaillen sammelte der Blondschopf 2017, bei der deutschen Meisterschaft in München entschied er sechs von sieben Rennen für sich und bei den Olympic Hope Games in Racice (Tschechien) fuhr er in allen sechs Rennen der Konkurrenz davon.

Florstedt gilt als Ausnahmetalent. Er ist ein Jahr jünger als seine Teamkameraden in der Nationalmannschaft und dennoch der Kapitän im Kajak-Vierer. Bei seiner ersten WM-Teilnahme vom 26. bis 29. Juli in Plovdiv (Bulgarien) startet er zusammen mit Martin Hiller, Jonas Schmitt und Leonard Busch (alle KC Potsdam).

„Dass der Bundestrainer mich gleich an den Schlag setzt, hat mich überrascht“, sagt Florstedt, „diese Aufgabe ist mit viel Verantwortung verbunden, da ich den Takt vorgebe“. Deutschland geht als Favoritenboot ins Rennen, „aber ich halte mich mit Prognosen erst einmal zurück, denn eine Welle oder ein Windstoß reichen, um eine Medaille zu verlieren“.

Der gebürtige Magdeburger wäre in Bulgarien gern im Kajak-Einer gestartet, „weil das meine absolute Lieblingsbootsklasse ist“, sagt Florstedt. Jedoch verlief das Rennen des K4 bei der Internationalen Regatta in Piestany (Tschechien) nicht nach Plan. Das Quartett sicherte sich zwar Rang eins über 500 m, „aber die Renneinteilung hat nicht gepasst, vielleicht weil das Rennen von einigen auch auf die leichte Schulter genommen wurde“. Zudem bringt der Berliner Jacob Schopf den Nimbus des Doppel-Weltmeisters von 2017 mit und ist deshalb im Einer gesetzt. Derzeit bereitet sich die deutsche Flotte im Trainingslager in Duisburg auf den Saison-Höhepunkt vor.

Florstedt wird auch in Bulgarien von seinen Eltern unterstützt. Vater Matthias kaufte sogar extra einen Campingwagen, um den Sprößling deutschlandweit bei vielen Regatten zu begleiten. „Sie sind sehr wichtig für die mentale Unterstützung und auch, weil ich mir dann noch mehr Druck mache“, sagt Florstedt, „sie investieren viel Zeit und Geld, da will man seine Eltern natürlich im Rennen nicht enttäuschen“.

Ursprünglich wollte Florstedt in die Fußstapfen seiner Cousins Kai und Kevin Müller treten und im Kanu-Slalom durchstarten. Nachdem Vater Matthias jedoch den tödlichen Unfall eines Freundes am Wasserfall auf der Elbe miterlebt hatte, sorgte er dafür, dass sich sein Sohn dem Kanu-Rennsport verschrieb.

Angefangen im Kanu-Klub Börde, folgte 2013 der Wechsel zum SC Magdeburg. Seit mittlerweile drei Jahren arbeitet Florstedt mit Trainer und Olympiasieger Mark Zabel zusammen. „Er hat den größten Anteil an diesen Erfolgen. Ich erfülle seine Trainingspläne, mache, was er sagt und vertraue ihm voll und ganz“, schwärmt Florstedt, „er ist einer der besten Trainer in Magdeburg, weil er weiß, wann es ernst wird und trotzdem eine lockere Zunge und immer einen guten Spruch auf Lager hat“.

Es gebe einige Trainer, die sich ab und zu wundern über die vielen Erfolge von Florstedt. „Ich bin nicht unbedingt jemand, der besonders viel trainiert“, sagt der Schüler, „hier und da, das gebe ich zu, bin ich etwas schludrig“. Florstedt ist kein unermüdlicher Arbeiter, sondern eher einer, der schon immer mit viel Talent ausgestattet war „und dem Vieles einfach zufällt“, sagt sein Vater.

Im Vergleich zum Vorjahr absolvierte Florstedt in diesem Jahr kaum Wettbewerbe, nahm lediglich an der nationalen Sichtung in Duisburg und der Regatta in Racice teil. „Die Vorbereitung und die Trainingslager mit der Nationalmannschaft haben viel Zeit in Anspruch genommen, aber ich finde es schade und auch etwas negativ, dass ich nicht mehr so viele Wettkämpfe habe“, sagt Florstedt, „dadurch fehlt diese Übungsphase, besonders am Start“.

Ein Problem, an das der heimatverbundene Magdeburger („Ein Vereinswechsel kommt für mich nie in Frage.“) in knapp zwei Wochen keinen Gedanken mehr verschwendet, dann zählt nur noch Florstedts erster Weltmeisterschaftsauftritt. „Ich will diese WM-Medaille unbedingt haben, auch um meine Erfolgssträhne aus dem vergangenen Jahr fortzuführen.“ Es wäre ein kleiner Schritt in Richtung Tokio 2020.